Die Wogen schlagen noch immer verdammt hoch. Die Bewertungen der derben Zwischenfälle beim Schweinske-Hallencup 2012 in Hamburg könnten unterschiedlicher kaum ausfallen. Emotional werden die bei youtube hochgeladenen Videos kommentiert und die entsprechenden Threads in diversen Fußball-Foren diskutiert. Das Spektrum reicht von „Danke an die beherzten Paulianer, die sich das nicht gefallen haben!“ bis „Asoziales Pauli-Pack!“ Fakt ist, für die Sponsoren des Cups ist das Ganze ein echtes Desaster.
Randale beim Schweinske-Cup: Emotionale Diskussion und Stellungnahmen
Die Wogen schlagen noch immer verdammt hoch. Die Bewertungen der derben Zwischenfälle beim Schweinske-Hallencup 2012 in Hamburg könnten unterschiedlicher kaum ausfallen. Emotional werden die bei youtube hochgeladenen Videos kommentiert und die entsprechenden Threads in diversen Fußball-Foren diskutiert. Das Spektrum reicht von „Danke an die beherzten Paulianer, die sich das nicht gefallen haben!“ bis „Asoziales Pauli-Pack!“ Fakt ist, für die Sponsoren des Cups ist das Ganze ein echtes Desaster.
Schweinske. Den Namen dieser norddeutschen Restaurant-Kette werden nun zahlreiche Menschen in ganz Deutschland kennen. Kein Wunder, ist der Name einprägsam und lockt zu Wortspielereien. So titelte zum Beispiel die Welt: „Die Schweinske-Schweinerei“. Die Geschäftsführung der Schweinske Franchise GmbH gab gleich am Freitagabend eine Erklärung zu den Vorfällen in der Alsterdorfer Sporthalle heraus, die noch immer auf der Titelseite der Firmen-Webseite zu lesen ist. In dieser heißt es: "Mit dem „Schweinske-Cup“ wollten wir eine sportliche, familienfreundliche und friedliche Hamburger Veranstaltung unterstützen. Wir bedauern sehr, dass einige wenige gewalttätige Fans eine solche Veranstaltung derart stören können.?Die Entscheidung der Veranstalter und der Polizei, das Turnier zunächst weiterlaufen zu lassen, halten wir angesichts der Umstände für vernünftig.?Als Titelsponsor erwarten wir nun Aufklärung, wie es zu den Ereignissen kommen konnte. Nach diesen Vorfällen wird es aus unserer Sicht künftig schwierig, für derartige Veranstaltungen weiterhin Sponsoren zu finden."
Alles war angerichtet. Am Freitag, den 06. Januar und am Samstag, den 07. Januar sollte der Schweinske-Cup 2012 ausgetragen werden. Mit dabei unter anderen das Team „Respect United“, im dem neben anderen Stefan Schnoor (früher HSV) und Morike Sako (früher FC St. Pauli) mitspielen sollten. „Feel Fußball!“ hieß es im Vorfeld des Turniers, bei dem neben Respect United und dem FC St. Pauli die Teams des VfB Lübeck, FC Nordsjælland, Lungby BK, FC Midtjylland, des Hamburger Hallenmeisters und des Hamburger Hallenvizemeisters dabei waren. Der Hamburger SV hatte im Vorfeld kurzfristig abgesagt. Zu groß waren die Sicherheitsbedenken. Zu Recht, wie sich nun gezeigt hatte.
Respekt? Den gab es am Freitagabend nicht wirklich. Feel Fußball? Zu spüren gab es für manche die Faustschläge und Fußtritte auf den Rängen. Und die Schlagstöcke und das Reizgas der Polizei.
Von Randale und Ausschreitungen wird beim Fußball bekanntlich ganz fix berichtet. Eine Rauchbombe, eine bengalische Fackel, ein paar Laufereien – schon ist die Rede von Krawalle. Beim Schweinske-Cup 2012 ging es dagegen in der Tat zur Sache. Gezielte Faustschläge, Tritte auf am Boden liegende Personen. Zu Auseinandersetzungen kam es zudem zwischen Fußballfans und den polizeilichen Einsatzkräften, die Schlagstöcke und Pfefferspray eingesetzt hatte. Zahlreiche Personen wurden verletzt, unter ihnen auch einige Unbeteiligte.
Weshalb es zu den Gewalttätigkeiten kam, ist noch nicht ganz geklärt. Manch einer erklärt, dass Hooligans des VfB Lübeck und des Hamburger SV den Familienblock des FC St. Pauli gestürmt und zahlreiches Material der Ultras geklaut haben. Daraufhin sollen Anhänger des Kiezklubs die Angreifer in die Flucht geschlagen haben.
Das sehen zahlreiche Fußballfans anders. So kommentierte jemand ein entsprechendes youtube-Video mit folgenden Worten: „Die Susis von St. Pauli sind bei jeder Scheiße dabei. (Rostock, Bierbecherwurf, Kassenrollenwurf, Schanzenviertel...“ Andere wiederum haben für keine Seite Verständnis: „Wenn sich die Kinder von Lübeck und Pauli prügeln. Tzzzzz.“, „Traurig, einfach nur traurig...“, „Marzipan-Hools und Möchtegern HVV-Hools... Erbärmliche Leistung, ihr Spuckies. Auf die Fresse kriegen und dann die Schergen des Königs vollheulen. Gelächter!“
Kein Wunder, dass im Ultra-Forum ultras.ws der am 06. Januar um 20:09 Uhr eröffnete Beitrag bereits über 212.000 Aufrufe und 119 Antworten hat. Keine Frage, wäre der Thread nicht geschlossen, wären es wohl Antworten in vierstelliger Höhe. Zum Vergleich: Selbst der viel angeklickte Thread zum Thema Borussia Dortmund – SG Dynamo Dresden (Ausschreitungen beim DFB-Pokal) wurde knapp 140.000-mal aufgerufen. Nur die Vorfälle beim Franken-Derby zwischen dem 1. FC Nürnberg und der SpVgg Greuther Fürth wurden bei ultras.ws ähnlich intensiv diskutiert. Für mehr Furore sorgten im vergangenen halben Jahr nur die Zwischenfälle beim DFB-Pokal BFC Dynamo – 1. FC Kaiserslautern am 30. Juli 2011.
Zu den Vorfällen beim Schweinske-Cup meinte jemand, der auch vor Ort war: „Kurzzeitig Chaos wie nie erlebt. Wohl auch Ultramaterial weg.“ Ein anderer User kommentierte den Fahnendiebstahl mit den Worten: „Eine Keine-Mensch-ist-illegal-Fahne zu ziehen ist unfassbar daneben...“ Allerdings betonten mehrere User, dass die Anhänger des FC St. Pauli die Fahnen sehr schlecht bzw. ungünstig platziert hatten. Zwei hochgeladene Fotos zeigen: Die Ramba-Zamba-Fahne hing oben am Geländer neben einer Coca-Cola-Fahne. Auf einem weiteren Foto fehlt die Ramba-Zamba-Fahne, zu sehen sind dagegen junge Männer „in Aktion“.
Wie im Forum zu lesen ist, wurde zudem versucht, das Auswärtsbanner „Ultrà“ zu ziehen, doch wurde der Diebstahl „von zehn USPlern erfolgreich“ verhindert.
Das Turnier wurde nach den Schlägereien abgebrochen. Ein User, der sich extra für diesen einen Kommentar angemeldet hatte, meinte nur kurz und knapp: „Das war´s dann. Wird keinen zweiten Tag geben! Danke Ihr Spacken. Geht auf den Acker und verpisst euch ihr Helden!“
Zu Wort meldete sich am Montag, den 09. Januar, auch der FC St. Pauli. Auf der offiziellen Webseite zu lesen ist eine Stellungnahme, die äußerst lang ist. Zu Beginn heißt es: „Eines vorweg: Der FC St. Pauli verurteilt jede Art von Gewalt. Von wem auch immer sie im Umfeld eines Fußballspiels ausgeübt wird. Gleichzeitig weisen wir darauf hin, dass die überwältigende Mehrheit von St. Pauli-Fans friedfertig ist und Gewalt verabscheut. Aber auch wir verschließen nicht die Augen davor, dass es im Umfeld des FC St. Pauli einige wenige Ausnahmen gibt.“
Zusammengetragen und ausgewertet wurden vom FC St. Pauli zahlreiche Gedächtnisprotokolle, Fotos und Videos. Demnach sei der Fanmarsch vom Bahnhof Lattenkamp problemlos erfolgt. Zwar wurde Pyrotechnik abgebrannt, doch eine Gewaltbereitschaft sei nicht erkennbar gewesen. Zudem ist sich der FC St. Pauli sicher: „Etwaige Verabredungen zu Auseinandersetzungen mit Fans anderer Vereine hat es nach unseren Erkenntnissen im Vorfeld nicht gegeben.“
Zu den Vorfällen in der Halle erklärt der Verein: „Als aber ca. 120 vermeintliche Lübecker Fans zum ersten Mal auf die dem St. Pauli Block schräg gegenüber gelegenen Sitzplätze stürmten, wurde schnell klar, dass deren Fangruppe am Freitag durchsetzt war mit Leuten, die Auseinandersetzungen suchen. Die meisten trugen schwarze Shirts mit einem Aufdruck „Krawallbande“, „Krawallbrüder“ o.ä.. Es kam zu Schmährufen wie „Schwule, Schwule“, „Judenkinder“, „Zick Zack Zigeunerpack“ und Ähnliches. Ein Vorgehen seitens des Veranstalters oder der Polizei gegen diese Sprüche war nicht erkennbar. Auch hier müssen wir der o.g. Polizeimeldung widersprechen: Von Fans des FC St. Pauli wurde zu diesem Zeitpunkt keine Konfrontation mit den Lübecker Fans gesucht. Vielmehr hörten u.a. Journalisten auf der Westtribüne Gespräche Lübecker Fans mit, in denen diese sich gegenseitig darüber informierten, gar darüber lustig machten, wie einfach es sei, die Sperren zu umgehen und zu den St. Pauli-Fans zu gelangen. Diese Beobachtungen wurden der Polizei gemeldet, jedoch offensichtlich ohne einen erkennbaren Effekt. Vor dem ersten Spiel bezog die Polizei unter lauten Unmutsäußerungen der St. Pauli-Fans Aufstellung in voller Montur mit Helm sowohl zwischen Fanblock und Spielfeld, als auch in einer Kette eine Treppe hoch zwischen zwei Zuschauerblöcken. Unverständlich, da zu beiden Seiten der Polizeikette St. Pauli-Fans saßen und standen.“
Nach dem ersten Gruppenspiel der U23 des FC St. Pauli und dem VfB Lübeck kam es vor den Toiletten am Absperrgitter zwischen den Fanlagern zu verbalen Auseinandersetzungen. Daraufhin wurden die Anhänger des FC St. Pauli von der Polizei zurück auf die Ränge getrieben. Dabei wurden einige Personen verletzt. Währenddessen gelang es anscheinend Lübecker Anhängern, die besagten drei Banner zu entwenden.
Hierzu ist in der Stellungnahme zu lesen: „Mehrere St. Pauli Fans sind daraufhin auf diese Tribüne geklettert und haben unter Einsatz von körperlicher Gewalt versucht, den Diebstahl zu verhindern und andere St. Pauli-Fans zu schützen. Die vor dem St. Pauli-Block stehende Polizei hat in dieser Situation ebenfalls erneut Gas eingesetzt und in den St. Pauli-Block gesprüht. Hierbei sind etliche vollkommen unbeteiligte Fans in Mitleidenschaft gezogen worden. Ca. 25 St. Pauli-Fans haben dann in der Halle versucht, um das Spielfeld herum an die Lübecker Fans heran zu kommen. Wahrscheinlich, um die gestohlenen Banner wiederzubeschaffen. Dieser Vorstoß wurde an der Ecke Nord/Ost durch Polizei und Ordnungsdienst gestoppt.“
Im Anschluss soll es zu chaotischen Zuständen gekommen sein. Gleich an mehreren Stellen kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Fans und der Polizei. Zudem ereigneten sich Fluchtszenen, bei denen Fans das Weite suchten. Zu einem „Sturm auf den VIP-Bereich“ sei es nach Angaben des FC St. Pauli nicht gekommen. Vielmehr seien Fans vor der anrückenden Polizei, die massiv Pfefferspray eingesetzt hatte, geflüchtet.
Zudem beklagt der FC St. Pauli ganz deutlich: „Der FC St. Pauli ist der Ansicht, dass der Beginn der Auseinandersetzungen auch durch handwerkliche Fehler in Planung und Durchführung seitens des Veranstalters und der Polizei ermöglicht wurde. So hat man die verhältnismäßig kleine Lübecker Gruppe viel zu lange ungestört agieren lassen und diese sogar im Nachhinein unbehelligt wieder zum Hauptbahnhof gebracht. Hierfür fehlt uns jedes Verständnis. Der Einsatz der Polizei in der Halle war nicht nur nach unserer, sondern auch nach der Überzeugung zahlreicher Augenzeugen und Unbeteiligter in Wahl und Einsatz der Mittel überzogen und hat etliche unbescholtene Fußballfans verletzt. Hiermit sind nicht nur körperliche Verletzungen gemeint.“
> komplette Stellungnahme des FC St. Pauli
> zu den turus-Fotostrecken: Fußball in Deutschland und Europa