Für die Spieler des FC Carl Zeiss Jena war es ein völlig neues Gefühl. Nach exakt einem Jahr – damals konnte Jena am 14. September 2011 mit 2:1 bei Rot-Weiß Oberhausen gewinnen – fuhren die Thüringer endlich mal wieder einen Dreier ein. Nach dem gestrigen 1:0-Sieg beim 1. FC Union Berlin II bildeten die Spieler auf dem Rasen des Jahn-Sportparks einen Kreis. Erst danach zogen sie zu den rund 250 mitgereisten Fans. Nach all den Enttäuschungen war es das erste Mal, dass wieder gemeinsam entspannt gefeiert werden konnte. Gelöste Gesichter auf beiden Seiten.
Carl Zeiss Jena bei Union II: Erster Auswärtssieg nach einem Jahr!
Nicht ganz so gelöst zeigte sich indes die Berliner Polizei, die bereits vor der Partie ordentlich aufmarschiert war und Präsenz zeigte. Man hätte meinen können, ein gigantischer Fanmob sei in Anmarsch. Tausend Fans aus Jena? Wohl nicht an einem Freitagabend. Allerdings hatten die Ordnungshüter wohl das Spiel des FC Carl Zeiss an gleicher Stelle in der Saison 2008/09 im Kopf. Damals bekamen einige Gästefans auf Grund von Belanglosigkeiten die Power der Staatsmacht zu spüren. Hasserfüllte Jena-Ultras, die nun auf Krawall aus waren? Keine Spur. In Jena hat man andere Sorgen. Nach dem Abstieg muss nun geschaut werden, dass in der Regionalliga Nordost ein sportlicher Neustart gelingt.
In der Vorbereitung gab es deutliche Niederlagen gegen den FC Erzgebirge Aue (0:5) und Eintracht Braunschweig (0:3). In der ersten Runde des DFB-Pokals unterlag Jena der Werkself von Bayer 04 Leverkusen glatt mit 0:4. In der Regionalliga gab es indes zu Hause zwei Unentschieden. Gegen den 1. FC Magdeburg sahen 6.040 Zuschauer ein 0:0, gegen den Berliner AK 07 wurden 2.861 Zuschauer Zeuge eines 2:2 (und das nach 2:0-Führung). Das Auswärtsspiel beim FSV Zwickau musste auf Grund der lockeren Tribünenschrauben ausfallen und wird nachgeholt. Der letzte Pflichtsieg konnte am 28. April dieses Jahres gefeiert werden. Mit 1:0 konnte der SV Wehen-Wiesbaden geschlagen werden, zum Klassenerhalt hatte es am Ende jedoch nicht mehr gereicht. Die Nummer eins der ewigen DDR-Oberliga-Tabelle musste den bitteren Weg in die Viertklassigkeit antreten.
Konzentriert gingen am Freitagabend die Kicker des FC Carl Zeiss zu Werke. Der Knoten sollte endlich platzen. Ein hübsches Spiel wurde es nicht, allerdings ließen die Gäste hinten wenig anbrennen. Gut Chancen waren auf beiden Seiten Mangelware. Die erste gute Möglichkeit für Jena ergab sich in der 12. Minute nach einer Ecke, gleich im Anschluss wurde nochmals Druck zum Tor ausgeübt. Auf der Gegenseite landete der Ball nach einer Kopfballverlängerung eines Freistoßes neben das Gehäuse. Unter recht spärlichem Flutlicht gab es in der 33. Minute die bislang beste Möglichkeit zu sehen. Nach einem prima Union-Konter nahm Daniel Ujadowski von schräg rechts Maß, doch Jena-Keeper Tino Berbig konnte sich auszeichnen und sein Team vor dem Rückstand bewahren.
Kurz vor der Pause eine Sturm- und Drangphase der Gäste. Nach einer Ecke fast die Führung der Thüringer. Der Ball lag bereits nahe der Linie, doch Oliver Hofmann stocherte ihn schließlich weg. Dann ging alles fix. Erst ein Schuss an den rechten Pfosten, dann ein Pfiff der Schiedsrichterin Sandra Blumenthal. Elfmeter für den FC Carl Zeiss. Matthias Peßolat übernahm Verantwortung und lochte souverän ein. Der bislang eh gute Support der mitgereisten Fans konnte euphorisch fortgesetzt werden.
Nicht wirklich viel passierte im zweiten Spielabschnitt. Rund 15 Union-Fans versuchten von der Haupttribüne aus mit einem kräftigen „Wir sind eure Hauptstadt ihr Bauern“ ihr Team anzutreiben. Nach einer Stunde fast das 1:1. Union-Spieler Denis Mrkaljevic wurde angeschossen, doch der Ball ging neben das Tor. Nachdem feiner Nieselregen einsetzte, wurde für die Gästefans ein Block auf der überdachten Gegengerade geöffnet. Die Ultras blieben indes lieber in der Kurve. „Bleibt steh´n , wenn ihr Zeiss-Fans seid...“
Die wohl beste Möglichkeit zum Ausgleich hatte der zuvor eingewechselte Kai Druschky. Nach feiner Hereingabe von rechts setzte er den Ball neben das Tor. Jena drängte nun auf die Entscheidung, blieb jedoch immer wieder in der Abwehrreihe von Union II hängen. Die Fans nahmen es nicht krumm, schließlich führte ihr Team bereits mit 1:0 – und das sollte auch so bleiben. Mit einem „Oh FCC, die goldenen Zeiten sind vorbei, doch wir sind da...“ ging es stimmungsvoll in die Schlussphase. Um 20:50 Uhr war es schließlich geschafft. Der erste Auswärtssieg nach exakt einem Jahr war in trockenen Tüchern...
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