Man schrieb den 10. September 1994. Tante Käthe und Lupo holten vor der Haupttribüne des Städtischen Stadions an der Grünwalder Straße ihre Klamotten aus dem Mannschaftsbus. Rudi Völler mit damals noch blonder Lockenmähne und sandfarbenen Jacket, Ioan Lupescu mit dunkler Föhnfrisur und türkisfarbenen Hemd. Das Starensemble des TSV Bayer 04 Leverkusen zu Gast beim Bundesligaaufsteiger TSV 1860 München. Auf dem Programm stand die Partie der zweiten Runde des DFB-Pokals 1994/95. In der ersten Runde hatte beide Mannschaften ihre Aufgabe im tiefen Osten zu erledigen gehabt.
Grünwalder Stadion in München-Untergiesing: Rückblick und Ist-Zustand
Man schrieb den 10. September 1994. Tante Käthe und Lupo holten vor der Haupttribüne des Städtischen Stadions an der Grünwalder Straße ihre Klamotten aus dem Mannschaftsbus. Rudi Völler mit damals noch blonder Lockenmähne und sandfarbenen Jacket, Ioan Lupescu mit dunkler Föhnfrisur und türkisfarbenen Hemd. Das Starensemble des TSV Bayer 04 Leverkusen zu Gast beim Bundesligaaufsteiger TSV 1860 München. Auf dem Programm stand die Partie der zweiten Runde des DFB-Pokals 1994/95. In der ersten Runde hatte beide Mannschaften ihre Aufgabe im tiefen Osten zu erledigen gehabt.
Während die Pillendreher, auch Werkself genannt, locker flockig mit 11:0 bei Stahl Brandenburg gewinnen konnten, mussten die Sechziger Löwen beim FC Sachsen Leipzig ins Elfmeterschießen, das schließlich mit 4:3 glücklich über die Runden gebracht wurde. In der damaligen Saison 1994/95 spielte der TSV 1860 München noch größtenteils in ihrem geliebten Grünwalder Stadion. Nur die Risikospiele wurden im Münchener Olympiastadion ausgetragen. In der Saison darauf erfolgte jedoch der endgültige Umzug in die ungeliebte Schüssel. 2005 zogen die Sechziger schließlich in die Allianz Arena.
Das Pokalspiel gegen Leverkusen war somit eine der letzten großen Partien im vom Volksmund genannten Sechzger-Stadion. Rund 18.000 Zuschauer hatten sich an dem sonnigen Septembertag auf den Rängen eingefunden. Die Westkurve mit der legendären manuellen Anzeigetafel war zu jener Zeit noch komplett geöffnet. In einer recht interessanten Partie ging Bayer 04 Dank des Treffers von Thomas Dooley in der 60. Minute in Führung. Die mitgereisten Leverkusener rechneten bereits mit einem Weiterkommen, als nur zehn Minuten später Bernhard Winkler den Ausgleichstreffer erzielte. Mit einem 1:1 ging es in die Verlängerung. Nachem keine weiteren Tore fallen wollten, musste das Elfmeterschießen her. Während auf 1860er Seite Peter Pacult, Bernhard Winkler, Thomas Seeliger und Bernhard Trares ihre Aufgabe bravurös erledigten, patzten bei Bayer 04 (mal wieder) die Jungs. Christians Wörns Schuss konnte von Bernd Meier gehalten werden, Rudi Völlers Schuss ging an den Pfosten. Aus und Vorbei. Der TSV 1860 München zog in die dritte Pokalrunde ein, in der sich die Löwen dem FC Schalke 04 geschlagen geben mussten.
18 Jahre später. Ortsbegehung im Oktober 2012. Längst spielt die erste Mannschaft des TSV 1860 nicht mehr im einst von ihm errichteten Stadion. Im Jahre 1911 nahm der damalige TV 1860 München die Sache in die Hand und vollzog im Bezirk Untergiesing den ersten Spatenstich. In den 1920er Jahren wurde das Stadion weiter ausgebaut. Städtisch wurde das Stadion im Jahre 1937, als 1860 München dieses an die Stadt verkaufen musste. Kurz nach dem Wiederaufbau (im Zweiten Weltkrieg wurde es schwer zerstört) konnte 1948 der Zuschauerrekord aufgestellt werden. 58.200 Fußballfreunde drängten sich damals auf den Rängen. Später wurde die Kapazität auf 21.300 Zuschauer begrenzt, seit dem Sommer 2008 durften nur noch höchstens 10.240 Zuschauer in das Stadion.
Nachdem die Allianz Arena errichtet wurde, mehrten sich in München die Befürworter für einen Abriss des Städtchen Stadions an der Grünwalder Straße. Ins Leben gerufene Initiativen, tausende Fans und auch zahlreiche Anwohner setzten sich vehement dafür ein, dass dieses Stück Münchener Fußballhistorie erhalten bleibt. Zwar gab es ernsthafte Pläne, das Grünwalder Stadion für den TSV 1860 München bundesligatauglich mit einem Fassungsvermögen auszubauen, doch wird diese Idee nicht in die Realität umgesetzt. Vielmehr gibt es nun Pläne, ein neues Stadion an ganz anderer Stelle zu errichten. Umgebaut bzw. saniert wird das Grünwalder Stadion glücklicherweise dennoch. Die Betonstufen in der Ost- und Westkurve werden komplett erneuert. Die Haupttribüne wird entkernt. Sämtliche Räumlichkeiten werden von Grund auf neu errichtet. Sicherlich erhalten bleibt dagegen die historische manuelle Anzeigetafel mit den Schildchen und der runden Uhr.
So lange das Stadion noch umgebaut wird, müssen die derzeitigen Nutzer auf andere Sportplätze ausweichen. Der TSV 1860 München II spielt im Ismaninger Stadion an der Lindenstraße, der FC Bayern München II im Sportpark Heimstetten. Ist ein großes Fanaufkommen zu erwarten, was durchaus mal vorkommen kann, muss in den Sportpark Unterhaching ausgewichen werden. So wurde das kleiner Derby am 05. August 2012 in dieser Sportstätte ausgetragen. Immerhin 6.000 Zuschauer sahen den 2:0-„Auswärtssieg“ des FC Bayern II. Das Rückspiel findet am 24. November 2012 statt.
Fotos: turus.net-Archiv, Glenn Dawson
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