11. September 1993. Schauplatz Niedersachsenstadion. Der damalige Erstligist aus Elbflorenz konnte beim Zweitligisten Hannover 96 das Pokalmatch der dritten Runde mit 3:2 für sich entscheiden. Werner Rank, Olaf Marschall und Marek Penska waren die Torschützen von Dynamo. Fast auf den Tag genau 13 Jahre später gab es in der ersten Pokalrunde ein Wiedersehen im alten Rudolf-Harbig Stadion. 14.671 Zuschauer sahen ein Spiel mit Spannung, Kampf und dem Ausscheiden der Heimmannschaft. Am Ende gewann Hannover denkbar knapp mit 3:2 und konnte somit den Spieß umdrehen. Bei diesem Spiel wurde ein Banner in schwarzer Schrift auf gelbem Grund entrollt. Zu lesen war: „96 Wessi-Schweine brauchen heute schnelle Beine“.
Hannover 96 vs. Dynamo Dresden: Fanmarsch, Bengalos und ein friedlicher Platzsturm
Hot11. September 1993. Schauplatz Niedersachsenstadion. Der damalige Erstligist aus Elbflorenz konnte beim Zweitligisten Hannover 96 das Pokalmatch der dritten Runde mit 3:2 für sich entscheiden. Werner Rank, Olaf Marschall und Marek Penska waren die Torschützen von Dynamo. Fast auf den Tag genau 13 Jahre später gab es in der ersten Pokalrunde ein Wiedersehen im alten Rudolf-Harbig Stadion. 14.671 Zuschauer sahen ein Spiel mit Spannung, Kampf und dem Ausscheiden der Heimmannschaft. Am Ende gewann Hannover denkbar knapp mit 3:2 und konnte somit den Spieß umdrehen. Bei diesem Spiel wurde ein Banner in schwarzer Schrift auf gelbem Grund entrollt. Zu lesen war: „96 Wessi-Schweine brauchen heute schnelle Beine“.
Am 11. Spieltag der laufenden Zweitligasaison reiste Dynamo Dresden zum Auswärtsspiel beim FC St. Pauli. Zu sehen war ein Banner mit schwarzer Schrift auf weißem Grund. Diesmal stand in leicht abgeänderter Form geschrieben: „96 Wessi-Schweine brauchen wieder schnelle Beine“. Vorbereitung und ein Gruß nach Hannover, denn 3 Tage später kündigten sich für die zweite Runde des DFB-Pokals zwischen 10.000 und 12.000 Schwarzgelbe in der Landeshauptstadt Niedersachsens an.
Die Rahmenbedingungen stimmten, Sachsen (wie auch die anderen Bundesländer der Region Nordost, außer Berlin) hatte aufgrund des Reformationstages Feiertag. Einer zeittechnisch entspannten Anreise stand also nichts im Wege. Als gemeinsamer Treffpunkt der Dynamo-Fans wurde der Obi-Parkplatz am Bahnhof Hannover-Linden vereinbart. Von dort aus sollte es nach einer „Ölung der Stimmen“ gemeinsam die rund 2 Kilometer lange Strecke in Richtung Stadion gehen. Angeführt von den Ultras Dynamo zogen rund 1.400 stimmgewaltige Elbflorenzer durch das frühabendliche Hannover. Um nicht ganz im Dunkeln den Marsch zu vollziehen, erstrahlten hier und da Bengalische Lichter. Die Polizei in Alarmbereitschaft hielt einen dampfenden Wasserwerfer für eine mögliche Ausnahmesituation bereit. Er dampfte jedoch nur den gesamten Abend vor sich hin.
Vor Ort am Stadion ergab sich ein kurioser Anblick. Mit Pferdestaffel und lautstarken Anweisungen machten die Beamten am Südeingang auf sich aufmerksam. Fans wurden weggeschoben. Zaunelemente wurden von der Polizei umgerissen und teilweise weggeschleudert. Dort standen rund anderthalb Stunden vor dem Anpfiff etwa 400 Gästefans vor verschlossenen Toren. Nach dem Skandieren von „Wir sind das Volk!“ und „Die Mauer muss weg!“ ergriffen einige entnervte Fans die Initiative und kletterten über ein Dach in Richtung Stadiongelände. Daraufhin kam der Trupp der Sicherheit und sorgte für die geschilderte Situation. Gewiss eine vermeidbare Situation, begründet damit, dass bereits um die 200 Fans ohne Eintrittskarte ins Stadion gestürmt seien.
Einen Eingang weiter am Südwest-Tor zählten einige Fans auf null herunter und sorgten höchstwahrscheinlich bei dem einen oder anderen Sicherheitsbeamten für Schweiß auf der Stirn. Was passiert war? Nichts! Reibungslos verlief an dieser Stelle der Einlass, sodass die AWD-Arena nach zirka fünf Minuten pünktlich zum Spielbeginn betreten werden konnte. Die Fahnenschwenker waren noch auf dem Rasen, da fing es im Heimblock bereits an zu blinken und zu leuchten. Die sicherlich aus Sicht zahlreicher Ultragruppierungen wohl am besten durchgeführte Heimpyroshow dieser Saison wurde gestartet. In grünen Farben im Unterrang und roten Farben im Oberrang erstrahlte die Fankurve der 96er. Gegenüber in der Südkurve, die an diesem Tag allein und in voller Größe den Gästefans zur Verfügung stand, ließ man sich nicht lange bitten und sorgte mit Bengalos und „Pyrotechnik ist kein Verbrechen“-Gesang für eine Solidarisierung beider Fanlager.
Im Anschluss zählte auf beiden Seiten jedoch nur noch das eigene Team und „Scheiß Dynamo“-Rufe wurden mit „Meck-Meck-Meck“ von sich geschoben. Aggressivität gab es in dieser Phase des Fußballabends - und das über den gesamten Fußballtag immer wieder - verständnisloser Weise ganz besonders unter den Dynamo-Fans. Davon mal abgesehen sang der Auswärtsmob kräftig und voller Herzblut das Team auf dem Rasen nach vorn. Die besser ins Spiel gestarteten Niedersachsen gingen jedoch in der 15. Minute durch einen Treffer des Stürmers Mame Diouf in dieser Phase des Spiels verdientermaßen in Führung. Dresden wurde ab da an gefährlicher und kam verstärkt vor das Tor der Heimmannschaft. Romain Bregerie sorgte in der 28. Minute dann für das erlösende 1:1. Durch einen nicht besser zu platzierenden Freistoß aus 22 Metern zappelte es im Netz hinter dem 96-Keeper Zieler. Nun war glücklich, wer regenfeste Kleidung anhatte. Becher flogen, Freude und Erlösung fanden in Dynamo-Rufen ihren Ausdruck.
In einem ab da an ausgeglichenen Spiel - ohne erkennbaren Klassenunterschied - hätte der Zweitligist des Öfteren in Führung gehen können. Koch und Poté scheiterten auf Dresdner Seite knapp vor dem Gehäuse des Bundesliga-Zehnten. Auf der Gegenseite war es unter anderen Didier Ya Konan, der die Führung auf dem Fuß hatte. Früh war zu erahnen, dass das Ganze auch während der Verlängerung kein reguläres Ende finden würde. An nötiger Konsequenz im Abschluss mangelte es auf beiden Seiten, so dass beide Mannschaften ins Elfmeterschießen gehen mussten. Anspannung bei den zahlreich angereisten Gästefans und den restlichen 20.000 Zuschauern im weiten Rund. Mit den eigenen Fans in Front und Sicht erzielte der offensive 96er Mittelfeldmann L. Stindl den ersten Treffer eiskalt. Nun kam die Stunde des Hannover-Keeper, der bereits während des gesamten Spiels immer wieder positiv auffiel. Er wehrte die Schüsse von A. Losilla und dem Dresdner Publikumsliebling M. Poté erfolgreich ab.
Damit ließ er seinen eher schwachen Auftritt in der Liga gegen Mönchengladbach hinter sich und überzeugte für seine Person im Tor der Hannoveraner. M. Poté, der auch während des Spiels immer wieder die eigenen Fans aufforderte die eigene Mannschaft lautstark zu unterstützen, konnte seine Leistung nicht mit einem Tor im Elfmeterschießen krönen, klatschte jedoch mit dem Rest der Gästemannschaft Beifall für den tollen Support der über 10.000 angereisten Gästefans. Rund 200 Dresdner rannten ihren Helden entgegen, wurden jedoch von Polizei und Ordnern gestoppt. Eine Leuchtkugel flog, diese blieb jedoch das Fünkchen einer möglichen „Randale“. Völlig friedlich erfolgte der Rückzug.
Der Heimblock war während dieser Phase bereits fast komplett leer, ein eher skurriler Anblick. Freute sich der eine oder andere Dresdner bereits auf eine Polonaise durch die Innenstadt von Hannover, so strömten die Niedersachsen fluchtartig in Richtung Ausgang. Hannover erreichte mit diesem Arbeitssieg nach sechs Jahren erstmals wieder das Achtelfinale des DFB-Pokals. Und erneut war die SG Dynamo Dresden am Weiterkommen beteiligt.
Vor dem Stadion ertönte indes alle gefühlten zehn Sekunden ein „Achtung, Achtung hier spricht die Polizei!“ Hier und dort fanden ein paar kleinere Scharmützel statt. Die Polizei zeigte jedoch massive Präsenz auf den Straßen, so dass schon recht bald Ruhe einkehren konnte. Ein spielerisch ausgeglichenes Spiel fand in Hannover seinen Sieger auf dem grünen Rasen. Auf den Rängen sorgten indes beide Seiten für ein angemessenes Auftreten bei einem Pokalspiel und somit für ein stimmungstechnisches Remis.
Fotos: P. Schoedler
(in Zusammenarbeit mit M. Bertram)
> zur turus-Fotostrecke: SG Dynamo Dresden
> zur turus-Fotostrecke: Hannover 96