60 Jahre SG Dynamo Dresden! Die Feierlichkeiten zum runden Geburtstag wurden punkt Mitternacht in der sächsischen Metropole am Elbufer mit Bengalos und Raketen eingeläutet. Rot spiegelte sich das Flammenmeer auf dem Wasser. Der Spielplan der 2. Bundesliga wollte es, dass am Freitagabend das Duell beim 1. FC Union Berlin auf dem Programm stand. Auf in die Hauptstadt per Bus, Auto und Bahn. Ein Entlastungszug brachte einige hundert Fans am frühen Nachmittag von Dresden über Elsterwerda zum Bahnhof Berlin-Südkreuz, wo zahlreiche polizeiliche Einsatzkräfte Stellung bezogen und das Umsteigemanöver nach Möglichkeit reibungslos gestalten wollten.
1. FC Union Berlin vs. SG Dynamo Dresden: Volle Ränge, tolle Stimmung, mageres Spiel
60 Jahre SG Dynamo Dresden! Die Feierlichkeiten zum runden Geburtstag wurden punkt Mitternacht in der sächsischen Metropole am Elbufer mit Bengalos und Raketen eingeläutet. Rot spiegelte sich das Flammenmeer auf dem Wasser. Der Spielplan der 2. Bundesliga wollte es, dass am Freitagabend das Duell beim 1. FC Union Berlin auf dem Programm stand. Auf in die Hauptstadt per Bus, Auto und Bahn. Ein Entlastungszug brachte einige hundert Fans am frühen Nachmittag von Dresden über Elsterwerda zum Bahnhof Berlin-Südkreuz, wo zahlreiche polizeiliche Einsatzkräfte Stellung bezogen und das Umsteigemanöver nach Möglichkeit reibungslos gestalten wollten.
Recht entspannt schoben sich Dynamo-Fans die Treppen und Rolltreppen zum oberen Bahnsteig hinauf. Ein Großteil der Anhänger hatte Motto-Shirts an. Hinten schwarz, vorne gelb. Erste Gesänge hallten über den Bahnsteig, selbst für den alten DDR-Rekordmeister hatte man etwas parat. „Schweine BFC!“ Alte Hassliebe rostet nicht. Zumindest bei den älteren Kalibern nicht. Dass Fotografieren beim Dresdner Anhang nicht wirklich beliebt ist, bekam eine junge Frau zu spüren, die mit ihrem Handy ein Erinnerungsbildchen knipste. Fix war ein Dresdner zur Stelle und drückte ihr Mobiltelefon runter. Lass das! Klare Ansage. Nicht ganz klar war indes die Ansage, wann endlich die Sonder-S-Bahn nach Spindlersfeld einrollen würde. Bis es soweit war, fuhr die eine oder andere Ringbahn ein. Für Fahrgäste ein Heidenspaß, dort auszusteigen. Die schwarz-gelbe Reisegruppe wurde ungeduldig, und als endlich der besagte Sonderzug bereitgestellt wurde, knuddelte es sich wie üblich an den Türen.
Einige Waggons waren fix komplett voll. Kein Platz mehr für die Einsatzkräfte, die gerne mitfahren wollten. Dresden hatte eigene Leute einer Security-Firma mitgebracht. Diese schafften es ohne Probleme, Ruhe an den S-Bahn-Türen zu sorgen. An den Türen, wo die ausgerüstete Polizei sich reinquetschen wollte, kam es zu den üblichen Schubsereien und Verbalgefechten. Böse Blicke, verstopfte Türen, Rangeleien. Einzelne Fans wurden herausgezogen, Passanten wurden vor einem möglichen Pfefferspray-Einsatz gewarnt. Währenddessen kratzte eine Imbiss-Besitzerin all die Aufkleber von den Wänden und Scheiben ab. „Hools der SGD aus Bautzen an der Spree“, „Wenn schon Dynamo, dann Dresden!“, „Unsere Leidenschaft ist ihnen rätselhaft!“ Gegen 15:40 Uhr rollte schließlich die S-Bahn gen Spindlersfeld ab. Dass es dort problematisch werden könnte, lag bereits in der Luft. Ein sorgenfreier Transport mit den zehn von Union bereitgestellten Sonderbussen für die Hin- und Rücktour schien zwar eine gute Idee zu sein, doch erschien die Umsetzung alles andere als leicht.
Das Stadion An der Alten Försterei. 17:57 Uhr. Einlaufen der beiden Mannschaften. Die Ränge waren mit 21.244 Zuschauern ausverkauft - 166 weniger als beim ebenfalls ausverkauften Spiel gegen den FC St. Pauli, denn gegen Dresden diente der Sitzplatzbereich im Gästeblock als Pufferzone. Einige Dresdner saßen trotzdem. Auf der Haupttribüne wurde munter gesächselt. Stadionsprecher Christian Arbeit begrüßte den Gast mit einem herzlichen Glückwunsch zum 60. Geburtstag, meinte jedoch „singen könnt ihr ja selber“. Daraufhin stimmten aber erst einmal die Union-Fans ein Lied an und zeigten mit ihrer großen rot-weißen Choreo aus Luftballons, Fahnen und Rauchtöpfen: „Hier feiert nur einer - Union und sonst keiner!“
Richtig! Im Gästeblock wurde nicht gefeiert, dort herrschte zu Beginn der ersten Halbzeit Stille. Der Zaun war zu großen Teilen noch frei, die aktive Szene rund um die Ultras Dynamo war noch nicht im Stadion. Draußen vor dem Gästeblock und auf dem Weg an der Wuhle staute es sich noch immer. Polizei, so weit das Auge reichte. Nur nach und nach wurden die restlichen Anhänger durchgelassen. Ein paar würden das Stadion an diesem Abend nicht mehr betreten. Einige wurden festgenommen, andere ließen sich abseits des Stadions nieder und tranken ein Bier. Die Meinung über das, was vor dem Spiel draußen vor Stadion passiert war, geht weit auseinander. Zahlreiche Dresdner Fans, die ebenfalls verspätet auf die Ränge gekommen waren, erklärten, dass die Polizei grundlos „riesiges Theater“ gemacht habe. Allerdings soll es beim Einlass ins Stadion zu einigen erheblichen Zwischenfällen gekommen sein.
Stimmung kam im Gästeblock erst spät in der ersten Halbzeit auf, als die Ultras schließlich ihre Banner gehisst und die Plätze eingenommen haben. Dann nahm der Support allerdings gut Fahrt auf, die Mitmachquote lag – wie so oft bei Auswärtsspielen der SG Dynamo Dresden – bei gefühlten 90 Prozent. Die Atmosphäre steigerte sich und erreichte Mitte der zweiten Halbzeit ihren Höhepunkt, als sich beide Fanlager minutenlang mit Schlachtgesängen duellierten. Auf Gästeseite wurden ein Spruchband und eine goldene 60 hochgehalten, zudem zeigten die Dresdner eine Schalparade und deckten den Block schließlich mit hochgehaltenen Shirts - halb gelb, halb schwarz - ab. Dazu wehten durchgängig die Fahnen, wie auch auf Unions Waldseite, die ebenfalls immer wieder Ausgangspunkt für neue knackige Lieder war. Ärgerlich war für zahlreiche Union-Fans der Heim-Stehblock auf der Wuhleseite, der während des Spiels nur halb gefüllt war. Der Grund: Der Zugang wurde kontrolliert. Während Ticketinhaber dieses Bereichs sich überall auf der Gegengerade hinstellen konnten, funktionierte dies andersherum keineswegs.
Die allgemein gute Stimmung in beiden Fanlagern tat dem Abend gut und not. Denn auf dem Feld passierte nicht viel. Union konnte sich in der ersten Halbzeit wenig entfalten, lud Dresden zu einigen Tormöglichkeiten ein und kam erst kurz vor der Halbzeitpause selbst zu einer guten Chance. Dresdens Peter Pacult beklagte später, Möglichkeiten zur Führung in der ersten Hälfte nicht genutzt zu haben, lobte sein Team aber insgesamt für eine „ausgezeichnete Leistung“. Uwe Neuhaus hielt seinen Unionern in der Pause eine „ruhige Ansprache“ und sah in Halbzeit zwei mehr Struktur im Spiel seiner Schützlinge. Doch auch der zweite Durchgang hatte wenige Höhepunkte zu bieten. Nach 59 Minuten wechselte Uwe Neuhaus seinen besten Saisonschützen Simon Terodde aus und brachte Steven Skrzybski, der seine Mannschaft für wenige Minuten aus dem Offensiv-Phlegma weckte, sich dann aber dem plätschernden Spielfluss anglich. Und so plätscherte es bis zum Abpfiff vor sich hin - torlos - aber ein Tor oder gar einen Sieg hätte sich heute auch keine Mannschaft verdient.
Nachdem Union nach einem verkorksten Saisonstart eine gute Serie hinlegte und zu Rückrundenbeginn kurz gar zarte Hoffnungen auf Platz drei hegen konnte, erscheint nun auch das Saisonziel (mindestens Platz fünf) recht ambitioniert. Der gegen Dresden geholte Punkt bedeutet immerhin das Erreichen der magischen 40 zum Klassenerhalt - eine Situation in der sich die Dresdner gerne befänden. Die Situation am unteren Tabellenende bleibt prekär, aber vielleicht beschenkt sich die Mannschaft ja beim nächsten Heimspiel gegen Energie Cottbus mit drei Punkten - anlässlich des (mit einer gigantischen Choreographie) dann nachgefeierten Vereinsgeburtstags. Union reist indes zum VfR Aalen in der Hoffnung auf den dritten Auswärtssieg dieser Saison.
Für den Dresdner Anhang war mit Abpfiff der Abend längst noch nicht beendet. Bereits während des Spiels postierten sich 50 behelmte Polizisten entlang der Torauslinie – den Gästeblock fest im Blick. Zu nennenswerten Zwischenfällen kam es nicht. Nach dem Spiel wurden sämtliche Zugfahrer auf der abgesperrten Hauptstraße gesammelt. Erste Durchsagen in der Dämmerung. Die Dynamo-Fans sollten aufrücken und auf den Start des Fanmarsches zum S-Bahnhof Spindlersfeld warten. Shuttlebusse würden nicht mehr eingesetzt werden. Ein paar Dresdner wollten nicht so lange warten, kletterten stattdessen über den Zaun und flitzten durch den Mellowpark. Dies rief die mit grünen Westen bekleideten Zivilpolizisten auf den Plan, die sogleich die Verfolgung aufnahmen. Ein Entkommen gab es dort jedoch eh nicht. Zur einen Seite die Spree, zu den anderen Seiten die Spindlersfelder Straße und die breite Hauptstraße An der Wuhlheide. An der Kreuzung dieser beiden Verkehrsachsen sah man später sämtliche „Ausreißer“ wieder.
Begleitet von einer hohen Anzahl behelmter Polizisten setzte sich der Tross bei einsetzender Dunkelheit in Bewegung. In hundert Metern würde es auch gleich eine Attraktion geben, ließ die Polizei über Lautsprecher verlauten. Man müsse jedoch keine Angst haben, schließlich sei der Wasserwerfer nur dazu da, den Fans den Weg zu beleuchten. Gespenstisch ruhig ging es auf der Spindlersfelder Straße über die Spree und anschließend hinunter zum S-Bahnhof. Einige Fans konnten sich absetzen und an der dortigen Tankstelle ein paar Bier kaufen, ein paar vereinzelte Dresdner wurden von der Polizei herausgezogen und abgeführt. Letztendlich durchaus ruhig und friedlich stieg die Anhängerschaft in die bereitgestellte Sonder-S-Bahn, die wieder bis zum Bahnhof Südkreuz fuhr. Keine Frage: Man spürte, der Tag war lang und hatte viel Energie gekostet. Die Luft war raus. Gefeiert werden sollte erst wieder am Samstag – und natürlich beim kommenden Heimspiel gegen den verhassten Rivalen aus der Lausitz!
In Zusammenarbeit mit P. Schoedler & Felix Natschinski
Fotos: Felix Natschinski, P. Schoedler, Marco Bertram
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