Es war ein wilder Frühling für den tschechischen Traditionsverein Banik Ostrava. Seit Mitte der 60er Jahre ununterbrochen Erstligist, wurde Banik im April die Lizenz für die kommende Saison verweigert. 175 Millionen Kronen Schulden drückten den Verein, etwa 6,8 Millionen Euro, so dass dem Fußballverband das Ausstellen der Spielberechtigung für die Gambrinus Liga und die Druha Liga nicht mehr möglich war. Die Partie gegen den FK Jablonec am Samstag schien also die vorerst letzte im legendären Stadion Bazaly, 1959 eingeweiht, zu werden, denn in der Drittklassigkeit hätte sich Banik die Bewirtschaftung der Spielstätte nicht mehr leisten können.
Dunkle Wolken über dem Basaly: Banik Ostrava im Umbruch
Es war ein wilder Frühling für den tschechischen Traditionsverein Banik Ostrava. Seit Mitte der 60er Jahre ununterbrochen Erstligist, wurde Banik im April die Lizenz für die kommende Saison verweigert. 175 Millionen Kronen Schulden drückten den Verein, etwa 6,8 Millionen Euro, so dass dem Fußballverband das Ausstellen der Spielberechtigung für die Gambrinus Liga und die Druha Liga nicht mehr möglich war. Die Partie gegen den FK Jablonec am Samstag schien also die vorerst letzte im legendären Stadion Bazaly, 1959 eingeweiht, zu werden, denn in der Drittklassigkeit hätte sich Banik die Bewirtschaftung der Spielstätte nicht mehr leisten können.
Zwei Wochen vor dem Saisonende gab es dann eine überraschende Wende: Die Stadt Ostrava entschloss sich, dem Verein das Stadion für 114 Millionen Kronen abzukaufen, so dass das wirtschaftliche Überleben des viermaligen Meisters und fünfmaligen Pokalsiegers erst einmal sichergestellt ist. Jedoch nicht das Überleben des Stadions, denn seit mehreren Jahren wird bereits über einen Abriss diskutiert. Banik als Eigentümer, der den Rückbau bisher verhindern konnte, scheidet fortan aus. Zudem entsteht im benachbarten Vitkovice gerade eine hochmoderne Arena, deren Hauptnutzer künftig Banik sein soll. Für einen Groundhopper, der bisher noch nicht im Bazaly zugegen war, hieß es in jedem Fall, sich zu sputen. Und um hier noch ein Spiel zu sehen, wurde auch eine minder attraktive Ansetzung gegen eine Mannschaft wie Jablonec in Kauf genommen.
Das Stadion an sich ist eine Wucht. Mittlerweile 54 Jahre alt, wurde es zuletzt 2003 modernisiert und komplett mit den unter Fußballtraditionalisten so ungeliebten Schalensitzen versehen, was die Optik aber überraschenderweise sogar aufwertet. Der Zuschauerrekord von 28.500 kann heutzutage somit nicht mehr erreicht werden, aktuell beträgt die Kapazität noch 17.372 Plätze. Neben einer schönen Haupttribüne wird das Areal hauptsächlich geprägt durch seine geschwungene und steile Gegengerade sowie seine klotzigen Flutlichtmasten. Leider nur 6.101 Menschen, darunter kein einziger zu erkennender Fan aus Jablonec, kamen zum letzten Spiel, um sich möglicherweise von ihrem Wohnzimmer zu verabschieden. Eine Zahl, die angesichts des bisherigen Saisonschnitts von 7.922 Besuchern enttäuschte, ebenso wie das Wegbleiben jeglicher Anhänger des frisch gebackenen Pokalsiegers aus Jablonec, wenngleich letztgenannte noch nie als Fan-Hochburg bekannt waren.
Abschied nahmen die Zuschauer übrigens nicht nur vom Bazaly, sondern auch von Superstar Milan Baros. Der 31-Jährige war erst im Februar ablösefrei von Galatasaray Istanbul zurück zu seinem Jugendverein gewechselt, bei dem er bis zu seinem Wechsel nach Liverpool gespielt hatte. Baros konnte in zwölf Einsätzen immerhin fünf Tore erzielen, ist aber schlichtweg zu teuer. Er steht aktuell vor einem Wechsel zu Al-Wahda (Vereinigte Arabische Emirate), wo er mit seinem ehemaligen Nationalmannschaftskollegen David Jarolim ein tschechisches Offensivgespann bilden würde.
Sportlich war die Partie eine der übelsten Sorte. Beim Duell des Tabellen-Dreizehnten Banik gegen den Fünften Jablonec passierte derart wenig auf dem Platz, dass das Zuschauen schlichtweg langweilig wurde. Glücklicherweise war das Geschehen auf den Rängen komplett gegensätzlich, denn die Stimmung war deutlich besser, als erwartet. Banik verfügte über einen etwa 300 Leute großen Fanblock, der die Mannschaft über 90 Minuten lautstark unterstützte. Angetrieben von einem Capo, gab es eine wirkliche akustische Vielfalt, und sehr oft wurde die mit „Normalfans“ besetzte Gegentribüne in den Support mit eingebunden. Es gab zahlreiche Wechselgesänge, aber ebenso auch gemeinsame Chants, die eine wirklich nicht erwartete Lautstärke erreichten. Der Support-Stil orientierte sich am nördlichen Nachbarn Polen.
Als Verein aus dem tschechischen Kohlenpott fühlen sich die Banik-Fans mit einem Verein aus dem polnischen Kohlenpott, GKS Katowice, eng verbunden. Beide Städte trennen keine 100 Kilometer, und die Freundschaft wird hier offenherzig zelebriert. Es hingen Transparente von GKS, zahlreiche Anhänger trugen auch die gelb-grün-schwarzen Schals von „Gieksa“. Nicht zuletzt wurde der Vereinsname des Brudervereins oft skandiert. Neben den akustischen Highlights gab es aber auch einige optische, während der ersten Halbzeit zum Beispiel es eine Kassenrollen-Wurfaktion. Sie sah gut aus, allerdings kam sie natürlich aufgrund der vergleichsweise geringen Mannstärke nicht an den Anblick größerer Kurven heran. Nach zwanzig Minuten wurde eine von den Fans liebevoll gestaltete Banik-Blockfahne aufgezogen, umrandet von zahlreichen blau-weißen Fahnen ergab dies ein schönes Bild.
Nach dem Seitenwechsel wurden dann etwa 25 Doppelhalter auf einmal präsentiert, untermalt von in die Höhe gestreckten Schals – wirklich schön anzusehen. Neben Support mit dem Rücken zum Spielfeld gab es auch noch das Kommando „1-2-3 – Oberkörper frei“ (Natürlich auf Tschechisch!), so dass die fleischfarbene Optik im Fanblock zeitweise dominant war. Alles in allem ein wirklich guter Auftritt, aber eben sehr stark an Polen orientiert, wo alles noch einmal einige Nummern fanatischer abgeht. Trotzdem Daumen hoch für Banik, denn in Tschechien gibt es nur ganz wenige Szenen, die zu so einem Support in der Lage sind, zumal bei einem Spiel gegen einen unattraktiven Verein wie Jablonec keinerlei anwesende Gästefans die Motivation auch immer etwas trüben.
Und auf dem Feld? Gab es einzig in der letzten halben Stunde einige nennenswerte Szenen. Ein Banik-Fernschuss, der nur knapp übers Tor streifte, war in der 61. Minute (!) die erste wirkliche Torchance überhaupt. Doch nicht der Gastgeber, sondern Jablonec war insgesamt die bessere Mannschaft, und der ehemalige Nationalspieler Karel Pitak erzielte mit dem 0:1 in der 78. Minute den einzigen Treffer des Tages. Milan Baros konnte in seinem letzten Spiel für Banik keinerlei Akzente setzen. Vom Gegner meist in doppelte Manndeckung genommen, bekam er kaum einen Ball und war somit unterm Strich, trotz des erschreckend schwachen Spielniveaus, der schwächste Akteur auf dem Platz. Nichtsdestotrotz wurde er vom Publikum nach dem Abpfiff minutenlang gefeiert, optisch durch eine tolle Show der Kurve mit 25 Bengalos.
Durch die Niederlage rutschte Banik übrigens noch auf den Tabellenrang 14 ab, dem letzten Nichtabstiegsplatz, drei bzw. vier Punkte vor Dinamo Ceske Budejovice und dem FC Hradec Kralove. Jablonec wiederum wurde noch Tabellenvierter. Eine Platzierung, die nicht mehr zur Teilnahme an der Europa League gereicht hätte, da das Land in der UEFA-Fünfjahreswertung nur noch auf dem 17. Platz liegt. Aber durch den Gewinn des Pokals, vor zwei Wochen wurde Mlada Boleslav mit 5:4 n.E. geschlagen, hatten sich die Männer aus Nordböhmen ja eh schon für den internationalen Wettbewerb qualifiziert.
Für Banik Ostrava steht nun eine schwere Zeit des Umbruchs bevor. Zum einen muss der Verein trotz der Schuldenlast eine Mannschaft zusammen stellen, die in der nächsten Saison wettbewerbsfähig ist und nicht bis zum Saisonende gegen den Abstieg kämpft. Durch die überlegenen Aufsteiger Znojmo und Bohemians 1905 wird die Liga zudem sicherlich nicht schwächer. Dem Traditionsverein ist zu wünschen, dass der Baros-Verkauf einige Kronen in die leeren Kassen spült, die sinnvoll auf dem Transfermarkt reinvestiert werden können. Neben dem Verlust des Superstars steht der viel schwerwiegendere Abschied von der sportlichen Heimat bevor.
Wann genau der Umzug nach Vitkovice vollzogen wird, ist allerdings noch offen, denn die Baumaßnahmen an der neuen Arena dauern noch an. Möglicherweise haben Groundhopper also doch noch ein paar Gelegenheiten, ein Spiel im Bazaly zu schauen und sich vom altehrwürdigen Stadion zu verabschieden. Denn dass die historische Spielstätte nach dem Auszug seines Hauptnutzers erhalten bleibt, ist höchst unwahrscheinlich. Wie die Stadt Ostrava nämlich mit ihren großen Stadien umgeht, hatte der Autor dieses Berichtes erst am Vormittag erschrocken feststellen dürfen, denn im traditionsreichen Stadion Nova Hut wurden vor einigen Jahren offenbar ohne große Not die Haupttribüne und Gegengerade abgerissen, während die zwei verbliebenen Kurven ihr Schattendasein fristen und verrotten. Aber das ist eine andere Geschichte…
Text: Jörg Pochert
Fotos: Chris Wode, Jörg Pochert
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