Gut gekämpft und doch verloren. Aufgrund der in der Offensive fehlenden Rezepte steht der F.C. Hansa Rostock derzeit zurecht im unteren Tabellenbereich der 3. Liga. Am Einsatz hatte es nicht gemangelt. Und an der Unterstützung der wieder einmal zahlreich angereisten Fans schon mal gar nicht. Diese legten eine klasse Leistung hin. Dass die Stimmung im Gästeblock phasenweise nicht noch brachialer wurde, lag allein daran, dass keine Rostocker Tore fielen und auch hochkarätige Möglichkeiten eher Mangelware blieben. Feiern konnten indes die Anhänger des FC Energie Cottbus. Nach dem 1:0-Erfolg gegen die Nordlichter rückten die Lausitzer in der Tabelle weiter vor. In der oberen Hälfte ist derzeit alles möglich, jede Woche werden in der 3. Liga die Karten neu gemischt.
Energie Cottbus vs. Hansa Rostock: Der FCH verliert trotz gutem Einsatz
HotFür etliche Gästefans war es gar nicht einfach, pünktlich zum Spiel zu kommen. Da eine beachtliche Anzahl der Hansa-Fans mit der Bahn über Berlin anreiste, waren die Züge der Regionalexpress-Linie 2 rappelvoll. Kurzzeitig ging gar nichts mehr. Rostocker Fußballfreunde, die um 10:45 Uhr auf dem Ostbahnhof standen, bekamen zu hören, dass der Zug 25 Minuten Verspätung habe, weil es Verzögerungen beim Ein- und Aussteigen auf anderen Bahnhöfen gab. Anschließend gaben die Polizeibeamten bekannt, dass sich der Mob bitte auf den ganzen Bahnsteig verteilen möge. Dann kam sogar die Bahnhofsdurchsage, dass ein Zusteigen gar nicht mehr möglich sei. Da jedoch der Zug nicht einfach durchfahren konnte, schließlich gab es „normale“ Reisende, die aussteigen wollten, wurde alles versucht, sämtliche Hansa-Fans in den vollen Waggons unterzubringen. Hier geht noch was! Diskussionen mit den Polizisten. Alle hinein! Gedränge und Geschiebe. Letztendlich war es erstaunlich, wie entspannt es dann doch unter dem Strich blieb. Musik aus mitgebrachten Rekordern dudelte, ein Rostocker verteilte bei den Beamten an der Tür Gewürzgurken. Der Schnaps aus Plastikflaschen floss in Strömen.
Erstaunlich entspannt ging es auch bei Ankunft des Zuges in Cottbus zu. Die Fans des FCH dürften sich frei in Richtung Stadion der Freundschaft bewegen, ließ die Polizei verlauten. Allerdings sollen sich die Fan rasch auf den Weg machen, denn die Einlasskontrollen würden – wie sollte es auch anders sein – reichlich Zeit in Anspruch nehmen. Letztendlich waren es über 2.500 Rostocker, die den Weg zum Stadion der Freundschaft gefunden hatten. Insgesamt sahen 11.751 Zuschauer das Duell der einstigen Nordost-Vertreter, die einst in der 1. Bundesliga mitunter für Furore sorgen konnten.
Zuletzt waren sich der FC Energie und der F.C. Hansa 2012 in der 2. Bundesliga begegnet. Am 10. April 2012 konnten die Jungs mit der Kogge auf der Brust mit 1:0 gewinnen. Vor immerhin 16.000 Zuschauern erzielte Dominic Peitz in der letzten Spielminute mit dem Kopf den Treffer des Tages. Damals keimte aufgrund des Auswärtserfolges noch Hoffnung auf, was den Klassenerhalt betraf. Am Ende der Saison musste Hansa jedoch den bitteren Weg in die Drittklassigkeit antreten. Das 4:5 beim 1. FC Union Berlin besiegelte damals den Abstieg. Immerhin konnte die arge finanzielle Schräglage der Kogge behoben werden.
Nicht viel rosiger schaut es in der laufenden Saison aus. Der Zuschauerschnitt liegt unter der Kalkulation, Rang 17 ist der Stand der Dinge. Da es zuletzt drei Remis und einen deutlichen Sieg gegen die Bubis des VfB Stuttgart gab, schien zumindest ein Unentschieden in der Lausitz machbar. Noch zuversichtlicher schien die Cottbuser Anhängerschaft. Schade, dass auf Heimseite nur rund 8.000 Energie-Fans den Weg auf die Ränge gefunden hatten. An den Eintrittspreisen kann es nicht gelegen haben, denn diese sind sogar moderater als bei manch einem Regionalligisten. Und das Wetter? In Anbetracht dessen, dass wir uns bereits im tiefsten November befinden, auch überaus prima.
Sei wie es sei. Schwungvoll ging es in die mit Spannung erwartete Partie. Die Rostocker Fans legten mit Rücken zum Spielfeld mal gleich eine beeindruckende Hüpfeinlage hin. Mitmachquote: Nahezu 100 Prozent. Das zauberte doch glatt bei dem einen Fotografen am Spielfeldrand, der auch einen Blick für das Treiben auf den Rängen hat, ein Zaubern ins Gesicht. Hoch die Schals, hoch die Arme, Gesang und Schlachtrufe angestimmt. Das passte! Weniger passte die Offensivleistung der Rostocker auf dem grünen Rasen. Der Einsatz stimmte und die Gäste ließen nicht allzu viele Möglichkeiten der Gastgeber zu. Allerdings fiel allzu deutlich auf, dass nach vorn einfach zu wenig geht. Keine passenden Zuspiele, fehlende Ideen. Immer wieder verfing sich der Ball in den Cottbuser Reihen. Es war ein Duell, das zumeist intensiv zwischen den Strafräumen ausgetragen wurde. Nach einer halben Stunde wurde es für die Gäste gefährlicher. Zuerst prüfte Kleindienst Hansa-Keeper Brinkies, dann war der von Union in die Lausitz gewechselte Top-Scorer Mattuschka bei einem Freistoß in Aktion. Das von ihn getretene Spielgerät gelangte zu Möhrle, der aus kurzer Distanz den Ball im Gehäuse unterbringen konnte. 1:0 für den FC Energie. Mit diesem Spielstand ging es zehn Minuten in die Halbzeitpause.
Aus Gästesicht zum Haareraufen waren im zweiten Spielabschnitt zwei hochkarätige Möglichkeiten, die von David Blacha in der 58. und 79. Minute vergeben wurden. Zum einen konnte auf der Linie geklärt werden, zum anderen war Energie-Keeper Müller zur Stelle, als Blacha allein auf ihn zukam. Ein paar Möglichkeiten, das Ergebnis auszubauen, hatten auch die Hausherren, doch weitere Treffer wollten an diesem Nachmittag nicht mehr fallen. In der Schlussphase ließen die Rostocker die notwendige Entschlossenheit vermissen.
Manchmal hätte es einfach mal ein Versuch aus zweiter Reihe getan, so aber entstanden keine gefährlichen Situationen mehr. Trotz der Niederlage stimmten die Hansa-Fans kurz vor Abpfiff mit hochgehaltenen Schals noch einmal die Hansa-Hymne an. Ein abschließendes „Scheiß Dynamo!“ ließ verlauten, was wirklich zählt. Das hochbrisante Duell am kommenden Samstag, wenn die SG Dynamo aus Elbflorenz ihre Visitenkarte an der Ostseeküste abgeben wird.
Etwas länger wurde der Aufenthalt am Cottbuser Hauptbahnhof. Nachdem sich ganz überraschend zahlreiche Hansa-Fans im Bahnhof an einem Fleischerstand mit Würsten und Fleischkäse-Brötchen eindecken konnten, wurde der bereitgestellte Zug des RE2 geentert werden. Volle Waggons, raus die Flaschen und Büchsen. Zum Wohl! Der Boden wurde feucht, die Laune war nicht die schlechteste. Los ging es trotzdem nicht. Gleich zweimal wurde bei Anfahrt die Notbremse gezogen. Über eine Stunde stand der Zug der ODEG noch am Bahnsteig. Als es draußen noch zu handfesten Rangeleien mit behelmten Einsatzkräften kam, verließen etliche Fans wieder die Waggons. Gegen 18:20 Uhr konnte sich der Zug über Berlin nach Wittenberge mit nicht mehr allzu überfüllten Waggons in Bewegung setzen. Die restlichen Fans nutzten den folgenden Zug, der über Berlin und Schwerin bis nach Wismar hochfuhr. Was es noch festzuhalten gibt? Vielleicht eine Sache noch: Und zwar die Gesangsduelle zwischen den Fans aus Mecklenburg und Vorpommern. Klarer Sieger im Zug: Die Fraktion aus Vorpommern. Kein Wunder also, dass ihr Ruf in der Regel weit vorauseilt.
Fotos: Marco Bertram