Manch ein Ostverein war bereits zu Gast im Südstadion beim SC Fortuna Köln. Der F.C. Hansa Rostock zum Beispiel war einer der Ersten. Im September 1991 empfing der SC Fortuna Köln in der dritten Runde des DFB-Pokals den damaligen Erstligisten. Es folgten Anfang der 90er anschließend noch drei Duelle in der 2. Bundesliga. Das Wiedersehen mit dem F.C. Hansa fand in der laufenden Drittligasaison statt, im Gästeblock zelebrierten die Hansa-Fans eine bunte Pyro-Show. Freitagabend, Old-school-Stadion, das musste von den Gästen genutzt werden. Ganz klar, auf einen Ausflug nach Köln Süd (genauer gesagt Köln Zollstock) freut sich manch eine Fanszene. Galt der SC Fortuna Köln in den 90ern bekanntlich landesweit als graue Zweitligamaus, die in einem öden ungemütlichen Stadion kickt, so lernt man die Vorzüge des SC Fortuna inzwischen zu schätzen. Eine entspannte Fanszene und eben genau das Stadion, welches an „die gute alte Zeit“ erinnert. So stehen die Gäste in einer Stehkurve, die als solches auch wirklich so genannt werden darf.
Fortuna Köln vs. Dynamo Dresden: Keine dynamischen Punkte beim rauchigen Sommerkick
Aber um noch einmal drauf zurückzukommen. Zahlreiche Vereine aus dem Osten unseres Landes gaben bereits bei Fortuna Köln ihre Visitenkarte ab. Der Chemnitzer FC, der FC Carl Zeiss Jena, der FC Energie Cottbus, der 1. FC Union Berlin (Regionalliga Nord 2000/01) und auch der VfB Leipzig (jetzt als 1. FC Lok Leipzig am Start) hatten in den 90ern zahlreiche Stelldicheins. Nur ein renommierter Nordost-Vertreter hatte noch nie ein Gastspiel im Südstadion: Die Sportgemeinschaft Dynamo Dresden! Man mochte es im Vorfeld der gestrigen Partie kaum glauben, dass der SC Fortuna und die SG Dynamo noch nie gegeneinander gespielt hatten, doch in der Tat waren sich beide Vereine immer aus dem Weg gegangen. Der Grund: In den 90ern rutschte Dynamo Dresden direkt von der Bundesliga in die NOFV-Oberliga ab und hatte somit nicht die Möglichkeit beim damaligen ewigen Zweitligisten in Köln anzutreten. Im neuen Jahrtausend führten dann die sportlichen Wege eh in völlig andere Richtungen. Während Dynamo Dresden phasenweise Auftritte in der 2. Bundesliga hatte, rutschte der SC Fortuna Köln ab bis in die Niederungen der NRW-Liga (Oberliga).
Nun also am Samstagnachmittag der erste dynamische Ausflug ins Südstadion. Der Ruf der Sportgemeinschaft eilte voraus. Bei dem einen oder anderen Kölsch am Abend zuvor in den Kneipchen in Köln-Sülz sprachen einige langjährige Fortuna-Fans ihre Bedenken aus. „Zu diesem Spiel gehe ich nicht. Das ist mir nichts. Bin zu alt für Kloppereien“, erklärte einer von ihnen. Da nutzte auch nicht der Einwand, dass von Dresdner Seite eher nicht mit Krawall und Randale zu rechnen sei. Eher würde dies ein gemütlicher entspannter Ausflug werden. Aber okay, man wusste ja nie. Zwar spielte zeitgleich der 1. FC Köln bei Hertha BSC im Olympiastadion, doch könnte man es nie ausschließen, dass bei solch einer spannend klingenden Partie eine paar von der alten FC-Garde vorbeischauen könnten. Und vielleicht würden ja auch wie vor einem Jahr bei der Regionalliga-Partie gegen Rot-Weiss Essen ein paar Freunde aus Sittard und Genk vorbeikommen.
Um es gleich mal vorweg zu nehmen: Es blieb entspannt an diesem überaus sonnigen Nachmittag! Allein zwei in den Gästeblock geflogenen Bälle, die nicht zurückgegeben wurden, sorgten auf Kölner Seite für etwas Aufregung. Insgesamt fanden 3.284 Fußballfreunde den Weg in das Südstadion. Demzufolge müssten es rund 1.200 Dynamo-Fans in der Gästekurve gewesen sein. Optisch wirkte die Kulisse insgesamt etwas größer. Auch auf der Haupttribüne vermutete manch einer, dass es eher nach 4.000 aussah. Sei es, wie es sei. Zu Beginn der Partie sorgten die Gästefans für einen Hingucker. Gelber Rauch waberte empor und brachte den Gästeblock halbwegs auf Betriebstemperatur. Wie immer sehenswert war auch die schwarz-gelbe Parade der Zaunfahnen und Banner, die am Zaun befestigt wurde. Platz genug war ja, und somit konnte manch ein Stück Stoff befestigt werden, das ansonsten auswärts nicht aufgehängt werden kann. Logischerweise waren beim gestrigen Spiel auch etliche Exil-Dresdner vor Ort. „Hamburger Dynamofans“ und „Sektion NRW“ waren unübersehbar zwischen all den anderen Fahnen zu sehen.
Auf Heimseite blieb die Stimmung auf den Rängen hinter den Erwartungen zurück. Da inzwischen die Fortuna Eagles und die Jungs vom SC Mülltonn 98 getrennt stehen, ist ein gemeinsamer Support kaum noch möglich. Beide Stimmungskerne unterstützen seit ein paar Monaten links und rechts des Spielertunnels separat ihre Mannschaft auf dem grünen Rasen. Richtig prima wurde die Atmosphäre in der Schlussphase der Partie, als der SC Fortuna die in der ersten Halbzeit erzielte 1:0-Führung gegen drückenden Dresdner verteidigte und dem Klassenerhalt wieder einen großen Schritt näher kam. Erleichterte Gesichter bei den Kölner Fans, die nach Abpfiff ausgelassen ihre Mannschaft feierten.
Ruhe kehrte am Ende der Partie im Gästeblock ein. Wieder einmal hatte die SG Dynamo verloren. Der Sieg gegen den Tabellenführer Arminia Bielefeld doch nur ein Strohfeuer? Nach guter Hinrunde hagelte es zuletzt fast nur noch Niederlagen. Allein beim Kellerkind Jahn Regensburg und gegen die Arminia konnten in der nahen Vergangenheit drei Punkte eingefahren werden. Was soll man sagen? Optisch hatte die SG Dynamo das Spiel bestimmt, doch gegen die effektiv spielenden Kölner konnten keine Treffer erzielt werden. Also genügte den Südstädtern der Treffer von Dennis Engelmann nach knapp einer halben Stunde, um diese Partie zu gewinnen. Allein vor Dynamo-Keeper Wiegers konnte Engelmann, der einst beim SV Schlebusch gespielt hatte und über Bayer 04 Leverkusen zum SC Fortuna kam, seinen ersten Saisontreffer klarmachen.
In der Folgezeit tat Dynamo Dresden ganz klar mehr fürs Spiel und kam auch zu der einen oder anderen Möglichkeit, andererseits hatten die Gastgeber acht Minuten vor Schluss die große Möglichkeit mit dem 2:0 vorzeitig alles klarzumachen. Am Ende packte der Dresdner Anhang deprimiert bei praller Sonne all ihre Zaunfahnen ein und die Kölner Fans feierten links und rechts des Spielertunnels rheinisch-fröhlich den Sieg gegen den Verein, der noch nie zuvor im Südstadion vorbeischauen durfte. Mit lachenden Augen meinte einer der Fans: „Die waren dort drüben ja wirklich friedlich und entspannt!“ Und in der Tat blieb der Nachmittag völlig friedlich. Vor dem Spiel tranken etliche Dresdner und Kölner im Vereinsheim der Fortuna sogar gemeinsam ein paar Kölsch. Auch so kann Fußball sein. Im geselligen Rheinland sowieso.
Ergänzung: Dresden war bereits zweimal (2003, 2004) im Südstadion zu Gast. Allerdings hieß der damalige Gastgeber 1. FC Köln II. ;-)
Fotos: Marco Bertram, Karsten Höft
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Benutzer-Kommentare
nebenbei gesagt bin ich ein dynamo sympathisant. ich drücke euch stets die daumen (außer gegen kölner clubs); wäre schön euch weiter oben zu sehen. wie olaf jansen jüngst gesagt hat habt ihr frenetische fans und euer stadion ist immer ein hexenkessel
geil!!!!! (bis auf die asis, aber solche haben wir ja auch)