Fußballfest ohne Fantrennung: Hansa Rostock schnappt sich den Landespokal

HansaJa, es gibt noch echte Überraschungen beim Fußball. Gemeint sind hierbei nicht die sportlichen Überraschungen auf dem grünen Rasen - diese wird es, egal wie kommerziell und modern der Fußball auch werden mag, immer wieder geben -, sondern die Rahmenbedingungen eines durchaus richtungsweisenden Spiels. Schauplatz Hansestadt Greifswald. Im überaus schlichten Volksstadion wurde am Mittwochabend das Finale des Lübzer Pils Cup 2015 ausgetragen. Einfache, zum Teil begrünte Kurven. Niedrige Eisengeländer und orangefarbenes Licht ausstrahlende DDR-Laternen versprühen den Charme längst vergangener Zeiten. Von provisorisch aufgestellten Bauzäunen war an den meisten Stellen keine Spur. Keine hässlichen Käfige, in welche die jeweiligen Fangruppen gezwängt wurden. Ganz im Gegenteil, eine Fantrennung fand quasi nicht statt. Völlig entspannt schauten zahlreiche Anhänger der TSG Neustrelitz und des F.C. Hansa Rostock die Partie gemeinsam von den verschiedenen Ecken des rudimentären Stadions aus. Unter dem Strich erstaunlich. Sicherlich drücken im Alltag viele Neustrelitzer auch dem Platzhirsch von der Ostseeküste die Daumen, doch an diesem Abend waren beide Vereine schließlich Rivalen. Es ging um viel. Der Einzug in die erste Runde des DFB-Pokals winkte. Und der F.C. Hansa wollte die 0:3-Schmach vom 2013er Pokalfinale in Vergessenheit geraten lassen.

TSGWährend sich die aktive Fanszene des F.C. Hansa Rostock auf der Gegengerade einfand und von dort aus kompakt stehend für Stimmung sorgte, stellten sich zirka 50 aktive Anhänger der TSG Neustrelitz, die zuvor mit organisierten Bussen angereist waren, an eine Stelle der begrünten Kurve. Zehn Minuten vor Anpfiff bildete die Polizei kurzzeitig eine Kette, doch bei Spielbeginn wurde diese wieder aufgelöst. Zu Problemen kam es während der Partie nicht. Mit einem „Neustrelitz Olé“ läuteten die TSG-Anhänger den Pokalabend ein, die aktiven Hansa-Fans ließen blau-weiß-rote Fahnen wehen und untermalten das Ganze mit einigen Portionen Rauch. Überpünktlich wurde das Pokalfinale angepfiffen und ein Großteil des Publikums schien noch gar nicht im Geiste angekommen zu sein. Abgesehen von den beiden Fanblöcken herrschte im weiten Rund Stille. Verhalten wurde das Geschehen auf dem Platz verfolgt, auf dem die TSG zu Beginn die Initiative ergriff und somit auch zu ersten Chancen kam.

TSGHansa brauchte zehn Minuten, um warm zu werden. Christian Bickel setzte den ersten Schuss aufs Neustrelitzer Gehäuse ab, doch der Ball verfehlte deutlich das Ziel. Der Drittligist ergriff nun die Initiative, nach einem Freistoß zeigte der TSG-Keeper eine leichte Unsicherheit, doch richtig brenzlig wurde es nicht. Nach 23 Minuten ging ein Freistoß von TSG-Spieler Fabio Viteritti ebenfalls deutlich über das Tor. In der 28. Minute versuchte sich Ingo Wunderlich aus der Distanz, doch auch dieser Schuss ging neben das Rostocker Gehäuse. Vier Minuten setzte auf der Gegenseite Halil Savran einen Akzent, doch sein Versuch von der Strafraumgrenze ging ebenfalls über die Latte. Es war ein recht zerfahrenes Spiel und das Publikum blieb weiterhin verhalten.

HansaNachdem TSG-Mittelfeldspieler Wunderlich einen Schuss völlig verzog, rechneten die 4.500 Zuschauer mit einem 0:0 zur Halbzeitpause. Allerdings sollte ein Treffer vor dem Pausentee doch noch das Publikum wecken. Hansa spielte flott über links, brachte den Ball prima rein, Christian Bickel stand goldrichtig und lochte zum 1:0 für die Jungs mit der Kogge auf der Brust ein. Jubel unter den Hansa-Fans. Wieder gab es Pyrotechnik in Form von Rauch und Blinkern. Überraschend war die Tatsache, wie locker flockig manch ein Fan den Rauchtopf in der Hand hielt. 

GreifswaldAm Bierstand folgte eine kleine Party, manch ein Rostocker stimmte sich schon mal auf den mit Hochspannung erwarteten Auftritt in Dresden in anderthalb Wochen ein. Die zweite Halbzeit begann recht flott. Hansa machte Druck und wollte die Vorentscheidung. „Steht auf, wenn ihr für Hansa seid!“, ertönte es nach rund einer Stunde aus dem Fanblock. Als das restliche Publikum noch immer nicht richtig wach wurde, folgte ein deutliches „Haupttribüne! Aufstehen!“ Im Wechselgesang ertönte nun ein „Hansa!“ „Rostock!“. Es herrschte jetzt durchaus angemessene Pokalatmosphäre. Die langsam untergehende Sonne sorgte ebenfalls dafür, dass die Stimmung insgesamt besser wurde. Doch noch war der Pokalsieg des F.C. Hansa nicht in trockenen Tüchern. In einem weiterhin eher zerfahrenen Spiel versuchte die TSG Druck auszuüben. Vielversprechend waren hierbei die Vorstöße über die linke Seite, durchgeführt von René Pütt mit der Rückennummer 16. 

HansaIm Hansa-Block gab es indes ein mit Freude durchgeführtes Gerangel. „Mecklenburg!“ und „Vorpommern!“, ertönte es lautstark, dazu wurde sich untereinander gekabbelt. Eine Aktion, die auf Auswärtsfahrten in Zügen und auf Bahnhöfen immer wieder mal gern durchgeführt wird. Während zu vergangenen Zeiten die Mecklenburger in der Fanszene des F.C. Hansa Rostock durchaus den Ton angaben, konnte Vorpommern in den vergangenen Jahren zahlreiche Leute hervorbringen, die Akzente setzen können. Akzente wollten auch die beiden Mannschaften setzen, doch hochkarätige Möglichkeiten blieben weitgehend Mangelware. Allein der knappe Spielstand gestaltete das Ganze überaus spannend. Hektisch wurde es in den letzten Minuten. Die TSG setzte einen Schuss aus der zweiten Reihe über das Gebälk. In der Nachspielzeit gab es noch einen Platzverweis, nachdem nach einer Ecke der TSG ein schneller Konter des F.C. Hansa drohte und somit die Notbremse gezogen werden musste. 

HansaAuf dem Platz geschah anschließend nichts mehr, die restlichen Sekunden wurden heruntergespielt. Als Schiedsrichter Rene Rohde das Spiel abpfiff, löste sich bei den Spielern und Fans die Anspannung. Der Pokal wurde eingefahren. Eine bengalische Fackel wurde gezündet, wieder erhob sich Rauch, nach kurzem Zögern stürmten zahlreiche Hansa-Fans den Rasen, um gemeinsam mit den Spielern zu feiern. Die auf dem Rasen angedachte Pokalübergabe konnte nicht umgesetzt werden, stattdessen überließ man den Fans das Feld und verlegte die Zeremonie auf den kleinen Oberrang der überdachten Haupttribüne. Kurzzeitig wurde es am Rande hektisch, als es zwischen einzelnen Anhängern der TSG und des F.C. Hansa an einem Geländer zu einem Schlagabtausch kam. Schnell sperrten behelmte Einsatzkräfte diese Kurve ab. Nach einigen Laufereien beruhigte sich das Ganze wieder, und die Rostocker Anhängerschaft konnte sich ganz den Feierlichkeiten und der Pokalübergabe widmen.

PokalDie Hansa-Spieler bedankten sich für die Unterstützung und kündigten an, dass am kommenden Samstag gegen den FC Energie Cottbus der Sack zugemacht werden soll. Mit einem Sieg gegen die Lausitzer wäre der Klassenerhalt endgültig in trockenen Tüchern - und das im Ostseestadion. Am gestrigen Tag wurde bekanntgegeben, dass die Spielstätte des F.C. Hansa wieder den alten Namen erhalten wird. Und ist der Klassenerhalt vor vollen Rängen gepackt, könnte es etwas entspannter nach Dresden gehen. Der Gästeblock wird bei der Partie SG Dynamo Dresden vs. F.C. Hansa Rostock weitgehend leer bleiben. Das reduzierte Kontingent von 1.600 Tickets wird nicht angenommen. Hauptgrund dafür ist die Tatsache, dass im Vorfeld nur personalisierte Gutscheine ausgegeben werden, die vor Ort in Dresden an einem bestimmten Punkt eingelöst werden sollen. Im Gespräch ist nun eine Rostocker Demo. Wo und wie genau - das ist noch völlig offen. Ebenso offen ist, wie sich in diesem Fall die aktive Fanszene der SG Dynamo verhalten wird.

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: F.C. Hansa Rostock

> zur turus-Fotostrecke: TSG Neustrelitz

Artikel wurde veröffentlicht am
14 Mai 2015
Spielergebnis:
0:1
Zuschauerzahl:
4.500

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Es geht voran!!
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500 Tickets an NZ
N
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Könnte man noch die Anzahl der Busse und der TSG-Fans nachreichen?
M
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Pokalsieg. Ostseestadion. Klassenerhalt!
Scheiß auf Dynamo!
O
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