Nachdem Magdeburg und Erfurt am Freitagabend lautstark die Drittligasaison 2015/16 eingeläutet hatten, wollte sich auch die Fans des F.C. Hansa Rostock nicht lumpen lassen. Gegen die U23 des SV Werder Bremen, die jüngst aus der Regionalliga Nord aufgestiegen ist, strömten 15.600 Zuschauer in das Ostseestadion. Keine schlechte Hausnummer für ein Spiel gegen eine eher unattraktive Zweite. Zwar keimte im Vorfeld ein wenig Hoffnung auf, dass eine gesangfreudige Schar Werder-Fans vorbeischauen würde - schließlich ist in der 1. Bundesliga noch Sommerpause -, doch mehr als knapp 100 waren es am Ende doch nicht, die ihr Stelldichein im geräumigen Gästeblock hatten. Immerhin wurden 30 von ihnen phasenweise aktiv, so dass es auch in diesem Eckchen des Stadions ein wenig lebendig wurde. Apropos lebendig. Als unmittelbar vor Anpfiff das gesamte - ja, wirklich das gesamte Stadion - die Schals erhob und lautstark das „Hansa Forever“ anstimmte, war sie wieder da, die Gänsehaut, welche sich in emotionalen Momenten schon mal gern auf den Armen ausbreitet.
F.C. Hansa Rostock vs. SV Werder Bremen II: Kampf, Emotionen und viermal Aluminium
HotWährend sich in manch einem Augenwinkel das eine oder andere Tränchen der Rührung seinen Weg suchte und die Fans noch immer das Lied sangen, hatte die neu zusammengestellte Mannschaft des F.C. Hansa bereits wenige Sekunden nach Anpfiff ihre erste Tormöglichkeit. Die Südtribüne ließ nun die Fahnen wehen und stimmt lautstark das „Forza FCH! Olé…“ an. Die dortige Mitmachquote stand jener des Magdeburger Block U am Abend zuvor in keiner Weise nach. Auf das Gesangduell beim Aufeinandertreffen im Ostseestadion am Mittwoch, den 23. September, darf man sich wahrlich schon mal freuen, wenn parallel aus beiden nebeneinander liegenden Blöcken das „Forza FCH!“ und das „FCM Blau-Weiß!“ zu vernehmen sind. Ostdeutsche Fankultur allerbester Güte, so viel ist klar.
Nicht von allerbester Güte war das, was am Samstagabend auf dem Rasen des Ostseestadions geboten wurde. Der Einsatz stimmte, doch das Spielerische ließ mitunter zu wünschen übrig. Während es nach vorn über die Flügel beim F.C. Hansa recht ordentliche Ansätze gab, wurden in der Abwehr immer wieder Fehler und Löcher sichtbar. Das Rostocker Publikum übte sich in Geduld und ließ kein Murren aufkommen. Schlimmer als die Hinrunde 2014/15 kann es ja kaum werden. Und allzu klar, dass sich die Mannschaft noch finden muss. „Steht auf, wenn ihr Hansa seid!“ forderte nach 20 Minuten die Südtribüne die restlichen Zuschauer auf. Und diese folgten der Aufforderung und erhoben sich. In Gegensatz zu manch einer Partie in der Vergangenheit, gab es beim heutigen Spiel keine Kluft zwischen der Süd und den anderen Tribünen.
Auf dem Platz versuchten die Bubis des SV Werder ernst zu machen. In der 25. Minute klatschte ein sehenswerter Schuss aus der Drehung an den rechten Pfosten. Und es sollte an diesem Nachmittag nicht das einzige Mal bleiben, dass der Ball - sowohl bei Werder, als auch bei Hansa - das Aluminium küsste. Fünf Minuten später hatte Werders Martin Kobylanski die nächste Chance, sein Kopfball ging über das Rostocker Gebälk. Noch vor der Pause klatschte eine Bremer Flanke nochmal ans Aluminium. Die Fans waren nun auf Betriebstemperatur. Bei vereinzelten Rostockern wurde bereits jetzt der Siedepunkt erreicht. So marschierte ein Hansa-Fan durch den Pufferbereich und machte am Zaun den Gästefans eine Ansage. Ein anderer beruhigte ihn und zog ihn wieder zurück in den Block. Schön zu sehen, dass solch eine Angelegenheit auch selbst - ohne viel Trubble - geklärt werden kann. Zwei kleine Kids hatten auch die Gunst der Stunde genutzt, turnten in der Pufferzone herum und zeigten dem kleinen Werder-Mob den Stinkefinger. Papa Brocken schnappte sich den frechen Knirps und schob ihn zurück hinter die quer aufgehängten Banner. Der andere war derweil von selbst hinter die Stoffbarriere gehuscht. Für forschen Nachwuchs ist also in Rostock gesorgt.
Wenig später gab es schließlich für alle in Blau-Weiß-Rot einen Grund zum Jubeln. Nachdem Tobias Jänicke in der 42. Minute im Strafraum zu Fall gebracht wurde, zeigte Schiedsrichter Thorben Siewer, der in anderen Situationen eher kein Freund der Hansa-Fans wurde, auf den Punkt. Christian Bickel übernahm Verantwortung und lochte souverän ein. 1:0 für den F.C. Hansa. Das Ostseestadion jubelte, es brodelte auf den Rängen. Nach der überaus bescheidenen zurückliegenden Saison sehnt man sich an der Ostseeküste nach besserem Fußball und dem Anschnuppern in höheren Tabellen-Gefilden. Um den Sack nach Möglichkeit rechtzeitig zuzumachen, wollte Hansa nach Wiederanpfiff gleich mal nachlegen. Dieses Mal trafen die Hausherren nur das Aluminium. Michael Gardawski haute den Ball von schräg rechts an den Pfosten. Bitter: Nur drei Minuten später der Ausgleich der Gäste. Nach einer Ecke konnte Florian Grillitsch das Spielgerät im Kasten unterbringen.
Die Antwort der Hausherren? Ein Kraftschuss von Christian Bickel, der jedoch von der Werder-Abwehr abgeblockt wurde. Schlimmer noch: Im direkten Gegenzug gingen die Gäste mit 2:1 in Führung! Der zuvor eingewechselte Ousman Manneh war zur Stelle. Das lief ja mal richtig mies für Hansa. In der Folge wurde das Spiel arg zerfahren und es kam zu diversen Fouls, Streitigkeiten und Diskussionen. Hansa ließ sich jedoch nicht entmutigen und warf in der Schlussphase nochmals alles nach vorn. „Steht auf, wenn ihr für Hansa seid“, ertönte es wieder von den Rängen. Als sich Rostock in den letzten Minuten einige Ecken erkämpfen konnte, wurde es noch einmal richtig laut auf der Südtribüne. Und in der 87. Minute lag der Jubelschrei bereits auf den Lippen, doch der Kopfball von Matthias Henn ging nur an die Latte. 2:2 - so der Stand nach Aluminium-Treffern.
Vier Minuten ließ der Schiedsrichter aufgrund der zahlreichen Unterbrechungen nachspielen. Noch einmal holte Hansa die Brechstange raus, fast hätte Tobias Jänicke die Heimfans noch ins Glück geschossen. Aber eben nur fast. Es blieb beim 2:1-Erfolg des SV Werder II, das aus Sicht der Gäste aufgrund der löcherigen Hansa-Abwehr nicht ganz unverdient war. Allerdings hätte ein 3:3 oder ein 4:4 diesem Nachmittag im Ostseestadion besser zu Gesicht gestanden. In der kommenden Woche müssen sich die Rostocker Spieler fix den Mund abwischen, denn am nächsten Spieltag müssen sie auswärts beim Chemnitzer FC ran. Bremen II hat es indes daheim mit dem FC Energie Cottbus zu tun.
Fotos: Marco Bertram
Ligen
Benutzer-Kommentare
Soviel Alu hab ich jedensfall länger nicht gesehen,
grün-weiße Grüße :)