3.323 Zuschauer hatte das altehrwürdige Kölner Südstadion seit geraumer Zeit nicht mehr begrüßen dürfen. Gegen Energie Cottbus waren es vor einer Woche immerhin 2.246 Fußballfreunde und sogar gegen die SG Dynamo Dresden waren es am Ende der vergangenen Drittligasaison rund 50 Zuschauer weniger. 3.284 zahlende Zuschauer hatten am 18.- April bei strahlendem Sonnenschein ihr Stelldichein. Aber wer freut sich bei einem Kick im Südstadion über Sonnenschein? Nur bei einem Abendspiel entfaltet diese Spielstätte, zu der die Straßenbahn in Richtung Südfriedhof führt, ihren wahren Charme. Bereits in den 90ern waren Freitagabendspiele in Köln-Süd, oder korrekt gesagt in Köln-Zollstock, legendär. Am besten bei einem Hauch Nebel und einer Prise Herbstregen. Nach der langen Abstinenz in den Niederungen des deutschen Fußballs rückte der SC Fortuna Köln nach seinem Aufstieg in die 3. Liga wieder bundesweit in den Fokus. Auf Auswärtsspiele bei der Fortuna mit seinem schnuckligen Vereinsheim und seiner recht entspannten Fanszene freuen sich die meisten Fans von Osnabrück bis Chemnitz. In den Genuss, sich in der weitläufigen Gästekurve, die komplett Old School daher kommt, frei zu entfalten, kamen nun nach dem Aufstieg in die dritthöchste Spielklasse auch die Anhänger des 1. FC Magdeburg.
Alle Mann in die Domstadt! Manch ein Magdeburger reiste bereits Freitagmittag an und drehte eine Runde durch die Kölner Altstadt. Na geht doch! Auch wenn man aufgrund der Tatsache, dass Magdeburg seit 1991 nur im Amateurfußball spielte, denken könnte, dass es am gestrigen Freitag der erste Ausflug ins Kölner Südstadion war, so zeigt die Statistik, dass es bereits in der Saison 2001/02 ein Aufeinandertreffen gab. Wie das möglich war? Aufgrund der zweigleisigen Regionalliga. In der Nord-Staffel feierten am 20. November 2001 die Magdeburger einen 2:0-Erfolg, Dank der Treffer von Pavel Dobry und Vlado Papic. Ja, es war ein Abendspiel - und zwar an einem Dienstagabend. Kein Wunder also, dass sich damals nur rund 600 Verwegene auf den zugigen Rängen eingefunden hatten. Apropos: Das Rückspiel gewann der 1. FCM im Mai 2002 vor knapp 4.000 Zuschauern nach Rückstand mehr als deutlich mit 7:1.
Fast 14 Jahre später also das Wiedersehen im Südstadion. Magdeburg hatte mobil gemacht. Wie bereits bei den Auswärtsspielen in Mainz und Bremen (Gegner waren jeweils die U23-Teams) waren auch in Köln mindestens 1.500 FCM-Fans vor Ort und bescherten somit dem Gastgeber die größte Zuschauerkulisse seit dem 08. Februar dieses Jahres, als 4.912 Zuschauer den 3:0-Sieg gegen Arminia Bielefeld sahen. Seit dem Aufstieg des SC Fortuna in die 3. Liga (am 28. Mai 2014 strömten 10.160 Fußballfreunde gegen Bayern München II ins Stadion) bedeuteten die 3.323 zahlenden Zuschauer am gestrigen Abend die viertgrößte Kulisse (hinter Bielefeld, Duisburg und Preußen Münster). Im Heimbereich gab es - was die Zuschauerresonanz betrifft - noch eine Botschaft auf Spruchbändern zu lesen: "Immer noch nichts gelernt?" - "Ticketpreise überdenken!" Zudem gab es auf der Kölner Gegengerade etwas zum Thema Stadionverbote zu lesen: "Ein Stadionverbot ohne Anhörung ist ... wie Fußball ohne Fans!!!"
Was jedoch den gestrigen Auftritt der Magdeburger Anhängerschaft betrifft, so meinten nicht wenige Kölner, dass dies der Beste seit Jahren war. Ganz gewiss waren die Auftritte der Fans aus Dresden, Rostock, Bielefeld und Münster nicht übel, doch auf diese Art und Weise hatte keine andere Truppe seit langer Zeit den Gästeblock gerockt. Sicherlich hatte die derzeit beim 1. FC Magdeburg herrschende Euphorie einen gehörigen Anteil daran, dass die Stimmung auf Anschlag war. Drei Heimsiege gegen Erfurt, Halle und Chemnitz, Punktgewinn in Mainz und Bremen. Mit breiter Brust wurde gen Domstadt gedüst. Und es begann auch im Südstadion aus Sicht der Bördestädter überaus erfreulich. Bereits nach 19 Minuten konnte Christian Beck völlig frei stehend nach Hereingabe von der rechten Seite zum 1:0 für den 1. FCM einlochen, hierbei handelt es sich bereits um seinen fünften Saisontreffer. Brachialer Jubel in der Gästekurve. Es schien ein Abend der Blau-Weißen zu werden.
Wurde es aber nicht. Ganz im Gegenteil. Es wurde verdammt bitter aus Sicht der Magdeburger. Nach 25 Minuten rückte die Fortuna an, der voranstürmende Michael Kessel wurde von André Hainault im Strafraum rüde von den Beinen geholt. Schiedsrichter Kempkes zeigte auf den Punkt. Johannes Rahn trat an und lochte leicht abstoppend unten links ein, Keeper Jan Glinker hatte bereits auf die andere Ecke gesetzt. Und dann! Nur drei Minuten später ertönte bereits wieder der Pfiff. Wieder Strafstoß für Fortuna Köln! Während es beim ersten Elfmeter eine klare Sache war, erschien der Zweite nicht wirklich eindeutig. Ganz im Gegenteil. Schaut man sich die Angelegenheit in der Wiederholung an, so ist zu sehen, dass FCM-Spieler Christopher Handke, der früher am Ball war, gerammt wurde. Nach dem Zusammenprall flogen beiden Spieler durch den Strafraum - und der Schiedsrichter zeigte auf den Punkt. Wohl eine Fehlentscheidung. Das interessierte indes Johannes Rahn herzlich wenig. Auch den zweiten Elfmeter innerhalb von vier Minuten schob er, nachdem er kurz abstoppte, unten links ein.
Und es wurde noch bitterer für die Gäste! In der 37. Minute stieg Felix Schiller hoch zu einem Kopfballduell und blieb anschließend verletzt liegen. Sehnenriss im linken Bein. Direkt vom Stadion aus wurde er ins Krankenhaus gebracht und noch vor Ort in Köln operiert. Ebenfalls nicht weiterspielen konnte der zuvor gerammte Christopher Handke, auch er wurde in der 37. Minute ausgewechselt. Mit zwei neuen Spielern und dem 1:2-Rückstand ging es schließlich weiter. Im zweiten Spielabschnitt waren die Kölner drauf und dran den Vorsprung auszubauen, in der Schlussphase legten die Magdeburger noch einmal ein Schippchen drauf. Gefährlich wurde es bei Standardsituationen, so setzte unter anderen Niklas Brandt einen Freistoß denkbar knapp neben das obere rechte Eck. In der Nachspielzeit konnte Silvio Bankert den Ball nicht aus kurzer Distanz im Gehäuse unterbringen. Da nutzte es auch nichts, dass Fortunas Abwehrspieler Dennis Engelmann in der 90.+4. Minute mit Gelb-Rot vom Platz musste.
Es blieb beim 2:1 für den SC Fortuna Köln. Für Magdeburg war dies am sechsten Spieltag die erste Saisonniederlage. Aufgrund des äußerst strittigen zweiten Elfmeters und der schlimmen Verletzung von Felix Schiller wurde der Ausflug ins Rheinland unter dem Strich eine überaus unerfreuliche Angelegenheit - so beeindruckend die Stimmung im Gästeblock trotz der Niederlage auch sein mochte. Es bleibt reichlich Zeit zum Durchatmen. Das kommende Heimspiel gegen den VfL Osnabrück hatte der DFB kürzlich auf den 15. September verlegt. Wieder einmal ein Abendspiel für den 1. FCM. Zuvor muss Magdeburg am 11. September bei den Stuttgarter Kickers antreten. Wie bereits für die Touren nach Mainz, Bremen und Köln müssen die Fans wieder an einem Freitag Urlaub nehmen …
Fotos: Los Misenas
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