1. FC Magdeburg vs. Hansa Rostock: Protestmarsch und genialer Support auf beiden Seiten

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FCM„Na los, Hansa, komm!“ Manch einer im äußeren Bereich der Gegengerade hatte nach Abpfiff noch Lust auf ein kleines Scharmützel. Zumindest wollte man die Hansa-Fans ein wenig aus der Reserve locken. Das Ost-Duell hatte schließlich gerufen - und alle waren gekommen. Auf Heimseite hatten auch einige Braunschweiger und Berliner ihr Stelldichein, um gemeinsam mit den Magdeburgern ein wenig Spaß zu haben. Noch lange nach Abpfiff harrte die vornehmlich in Schwarz gekleidete Ü30-Truppe im besagten Randbereich der Gegengerade aus und gab mit Gesten zu verstehen, dass Hansa mal zeigen soll, weshalb der Ruf so ist wie er ist. „Hey Hansa, komm!“ ertönte es immer wieder. Alte Haudegen winkten in Richtung Gästebereich. Und selbst, als ein kleiner Gegenstand rüber flog, bewahrten die abziehenden Hansa-Fans die totale Ruhe. Provokationen perlten ab wie Wassertropfen auf einem gut gefetteten Gefieder. Die einzige Antwort war ein zurücksegelnder halbvoller Bierbecher. Das war es dann aber auch. Nein, die Anhängerschaft des F.C. Hansa war am heutigen Tag nicht auf Krawall aus. Das wurde bereits am späten Vormittag deutlich, als am Bahnhof Herrenkrug der Rostocker Sonderzug eintraf.

HansaViele erwarteten bei DEM Spiel der Spiele die totale Randale. Nach den Vorfällen beim Hinspiel lag für viele die höchste Eskalationsstufe auf der Hand. Was wurde nicht alles diskutiert und debattiert. Die Problematik um das Gästeticket-Kontingent wollen wir an dieser Stelle nicht noch einmal aufwärmen. Es sagt schon einiges, dass es sich am heutigen Samstag um den größten Polizeieinsatz in den Neuen Bundesländern bei einem Fußballspiel seit 1990 gehandelt haben soll. Polizisten hoch zu Ross. Mehrere Wasserwerfer stets auf standby. Das östliche Magdeburg musste mit etlichen Straßensperrungen leben. Tausende Einsatzkräfte sicherten sämtliche Zufahrtswege ab. Und am Ende? Verlief soweit alles friedlich. Von kleineren Zwischenfällen am Rande, zu denen es wohl immer kommt, mal abgesehen. Es wurde gemunkelt, dass der kleinste Vorwand genügen könnte, um einen Polizeieinsatz zu rechtfertigen. Die Randale blieb jedoch aus - den Behörden, Einsatzkräften und auch den Medien wurde keinerlei Futter gegeben. 

HansaDer Reihe nach. 11:30 Uhr Bahnhof Magdeburg Herrenkrug. Der Sonderzug rollte ein und die angereisten Hansa-Fans sammelten sich auf der Straße. Alles völlig entspannt. Da auch das Wetter hervorragend mitspielte, versprach es ein angenehmer Nachmittag zu werden. Zumal die vor Ort befindlichen Einsatzkräfte sich angenehm zurückhielten und die Helme von Beginn an unten blieben. Vorbei am Buga-Gelände glich der gegen 12 Uhr startende Marsch eher einem Spaziergang. Man mochte es kaum glauben nach all den hitzigen Debatten im Vorfeld dieser mit Hochspannung erwarteten Partie. Wut? Frust? Hass? Davon war nichts zu spüren. Klar, eine Spaßveranstaltung war es nicht, die passenden Botschaften hatte man auf Transparenten dabei. doch wer gedacht hatte, nach dem Verlassen des Sonderzuges würde sich all die aufgestaute Wut entladen, der sah sich getäuscht. Unaufgeregt ging es gen Stadion. Nur ab und zu stimmte man einen Gesang an. Wozu sich verausgaben, wenn ringsherum eh niemand zuhören kann? Entlang der Route vom Bahnhof Herrenkrug zum Stadion trifft man auf nicht allzu viele Einheimische. 

Hansa„Für den Erhalt der 10%-Regel. Gegen Gästefanverbote.“, lautete die zentrale Botschaft, die in blau-weißer Schrift in Form eines Banners an der Spitze des Marsches gezeigt wurde. „Nehmt uns die Luft, schlagt uns ins Gesicht, doch unseren Fußball, den kriegt ihr nicht!“, hieß es ein Stück weiter hinten. Die Herrenkrugstraße entlang, vorbei am markanten Jahrtausendturm, ging es vor bis zur Tessenowstraße. Dort wurde links abgebogen auf das einstige Kasernengelände, das nun ein Wohngebiet ist. Hinten rum, fernab der Magdeburger Fans, ging es schließlich weiter zum Gästeblock der MDCC-Arena. 

FCMWährend die Hansa-Fans zum Stadion zogen, hatten sich vor den einschlägigen Kneipen an der Berliner Chaussee ansehnliche Gruppen angesammelt. Magdeburg wurde wieder einmal seinem Ruf gerecht. Und schon bald machte sich eine dunkel gekleidete Truppe im Laufschritt gen Rostocker Marschroute. Vielleicht könnte man ja doch die angereiste Fußballgesellschaft persönlich begrüßen. Die meisten FCM-Fans ließen lieber weiter das kühle Bier die Kehlen hinunterfließen. Gute Grundstimmung auf dem Vorplatz des Stadions. Vergleicht man die Atmosphäre (und auch die Bierpreise an den dortigen Ständen) mit der im Umfeld manch eines Bundesligastadions, so kann man die Magdeburger nur beglückwünschen. Wenn es nicht gerade Hunde und Katzen regnet, kann man die verbleibende Zeit vor dem Spiel überaus angenehm bei einem Schwätzchen verbringen.

FCMGenug der Lobhudelei, hinein ins Stadion! Was wurde heute geboten? Ja, man ahnte es. Block U beließ es heute bei optischer Hausmannskost. Kein Intro, keine Choreo, geschweige eine Pyro-Aktion. Akustisch wurde jedoch wieder aus dem Vollen geschöpft. Nach dem Einlaufen der Mannschaften erfolgte das Einklatschen auf den Rängen. „Fußballclub Magdeburg!“ donnerte es durch das Stadion. Im Gästebereich, der mit 2.000 Hansa-Fans gefüllt war, herrschte indes Totenstille. Die Banner und Zaunfahnen waren noch am zuvor provisorisch angebrachten Bauzaun zusammengerollt. Ja, so hätte es 90 Minuten lang sein können. Die Botschaft war klar. Ist das, was ihr wollt? Ein Fußballfest ohne Gästefans? Ein Heimsupport, dem nichts entgegengesetzt wird? So brachial die Stimmung auch sein mag, ohne ein Gegenüber kann das Ganze sehr schnell fade wirken. 

HansaNach zehn Minuten war der Protest der Hansa-Fans beendet. „Hurra, hurra, die Rostocker sind da!“, hallte es nun lautstark aus der anderen Ecke. Das Ost-Duell war nun wirklich eröffnet. Auf dem Rasen gab es nach einer Viertelstunde die erste fette Möglichkeit für die Gastgeber. Nach einem Schuss von Farrona Pulido konnte Hansa-Keeper Schuhen mit dem Fuß zur Ecke klären. Der 1. FCM blieb nun dran. Und das mit Erfolg. In der 24. Minute brachte Marius Sowislo nach Ecke von Hammann und Weitergabe von Kinsombi den Ball mit dem Kopf unter. Tosender Jubel auf den Rängen. An der Pufferzone zeigte die dortige Fraktion den Gästefans, was sie von ihnen hält. Anders als bei den Duellen gegen Erfurt und Halle gab es jedoch keine wirkliche Reaktion. Unermüdlich wurde indes die eigene Mannschaft angefeuert. 

HansaDies tat selbstverständlich auch die Magdeburger Anhängerschaft. „Vorwärts Magdeburger Jungs!“, ertönte es ein fürs andere Mal. Gesagt, getan. Im zweiten Versuch schoss Farrona Pulido in der 39. Minute das 2:0. Die Vorentscheidung? Denkste! Nur zwei Minuten darauf war auf der anderen Seite Marco Kofler zur Stelle, als ein abgefälschter Freistoß an den Innenpfosten prallte. Jubelorgie nun im Gästebereich. Nach den Siegen in Cottbus und gegen Holstein Kiel schien nun auch in der Börde was machbar zu sein. Während es nach dem Rostocker Anschlusstreffer auf dem Platz hitzig wurde, zeigten die Hansa-Fans noch eine Botschaft: „Kallinik hat wohl die größten Kartoffeln“. Dann ging es auch schon zum Pausentee.

HansaZu Beginn der zweiten Halbzeit setzten die Gästefans optische Akzente. Viel wird nicht zugelassen worden sein bei diesem Ost-Duell. Somit musste auf eine ganz schlichte Variante zurückgegriffen werden. In den Farben Blau, Weiß und Rot wurden wohl sortiert handliche Folienstreifen hochgehalten. Das Gesamtbild konnte sich sehen lassen, zumal das Ganze lautstark mit einem „Hansa forever“ abgerundet wurde. Zehn Minuten später hatten die Rostocker noch eine weitere Botschaft in Form eines langen Spruchbandes parat: „Vereine, Bullen + Verband: Hinter verschlossener Tür reicht ihr euch die Hand. Doch kommt die Wahrheit mal ans Licht, steht ihr zu euren Worten nicht!“ 

HansaAuf Heimseite liefen inzwischen die Fans wieder zu Hochform auf. Support im ganzen Stadion. Auf der proppenvollen Gegengerade saß im zweiten Spielabschnitt sowieso kein Zuschauer mehr. Auf dem Rasen blieb es spannend. In der 56. Minute hatte Rostock die Möglichkeit, den Ausgleichstreffer zu erzielen, doch nachdem der Ball im Durcheinander vor der Linie geklärt wurde, köpfte Erdmann über die Querlatte. Oha, das wäre es gewesen. Aus neutraler Sicht wäre dies die perfekte Würze gewesen. Ganz klar, bei solch einem Spiel möchte man als Berichterstatter beide Seiten möglichst oft jubeln, ja regelrecht abgehen sehen. Emotionen pur, dass es einen die Tränen in die Augen schießen lässt! Leidenschaft. Mitleiden, mitfreuen, mitfiebern - das macht den Fußball aus. Aus diesem Grund liebt man es, über genau solche Spiele zu berichten. 

HansaNachdem die Hansa-Fans noch ein weiteres Spruchband mit der bunten Aufschrift „HH, DD, MD -> An der Elbe immer dasselbe!“ aus der Wundertüte zogen, bot sich in der 71. Minute nochmals die Möglichkeit zum 2:2, doch FCM-Keeper Jan Glinker war auf dem Posten. In der Folgezeit legte Magdeburg ein Schippchen drauf. Und nach sieben Spielen ohne Torerfolg war dieses Mal wieder Christian Beck zur Stelle! Nachdem Hamman den Ball hereingebracht hatte, stand Beck dieses Mal goldrichtig und köpfte zum 3:1 ein. In der Folgezeit wurde im Block U wieder in klassischer Manier kollektiv von rechts nach links und zurück getanzt. Im Gästeblock wusste man, dass hier nichts mehr zu holen war. Entmutigen ließ man sich nicht. Noch einmal wurde das „Hansa forever“ und das „Wenn wir zusammen gehen…“ angestimmt. In der Nachspielzeit gab es noch einen Handelfmeter für Magdeburg, den Sowislo abgeklärt verwandelte. 4:1 für Magdeburg. Unter dem Strich durchaus verdient, doch wohl ein Tick zu hoch. 

FCMWährend nach Abpfiff die meisten Magdeburger ihre Mannschaft feierten, hatten wie eingangs erwähnt die Jungs an der Pufferzone eher einen Blick für die abziehenden Gästefans. Kein frusterfülltes Ausrasten? Keine wütenden Gesten in Richtung Heimbereich? Nein, kein Szenario wie beim ersten Heimspiel der Saison, als manche Erfurter ihren Emotionen freien Lauf ließen, wie ein Rohrspatz schimpften und den Magdeburger Fans Dresche androhten. Schweigend packten die Rostocker ihre Fahnen ein und verließen nach und nach den Gästebereich. Kräfte schonen für die kommenden Aufgaben. Das Auswärtsspiel bei der SG Dynamo Dresden folgt schließlich bereits in zwei Wochen, und in der Woche zuvor müssen gegen Wehen Wiesbaden unbedingt drei Punkte eingefahren werden. Das heißt: Keine Ausreden und auf der Süd volle 100 Prozent.

FCMWer jedoch dachte, der Tag in Magdeburg würde völlig ruhig ausklingen, der durfte sich am Magdeburger Hauptbahnhof überrascht zeigen. Pöbeleien an allen Ecken. Einzelne Grüppchen Hansa- und FCM-Fans fuhren in die verschiedensten Richtungen und standen sich mitunter auf Bahnsteigen gegenüber. Die einen wollten in Richtung Hannover, die anderen in Richtung Stendal. Oha, Ohren anlegen. Hier eine keifende Frau, die den ganzen Bahnsteig zusammenbrüllte, dort ein Fan, der einem anderen an die Wäsche wollte, weil dieser sichtlich amüsiert ein Video mit dem Smartphone anfertigte. Bewegung auf dem ganzen Bahnhof. Eine strikte Trennung gab es im Regionalexpress in Richtung Frankfurt / Oder. Polizisten sortierten in drei Gruppen: Neutral. Magdeburg. Rostock. Manch einer musste Jacke und Hemd öffnen. So auch ich. Warum? Weil dem Polizisten mein Outfit nicht ganz koscher vorkam. Am Ende saß ich dann doch … im neutralen Bereich.

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: 1. FC Magdeburg

> zur turus-Fotostrecke: F.C. Hansa Rostock

Artikel wurde veröffentlicht am
06 März 2016
Spielergebnis:
4:1
Zuschauerzahl:
20.300
Gästefans
2000

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3. Liga

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G
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Ich hab mir das Spiel im TV angesehen und muss sagen, die Lautstärke der Maggis, die bei mir ankam, war schon brachial...vor allem dieser "FCM"-Wechselgesang. Hansa hat auch ordentlich Betrieb gemacht und die Choreo war auch hübsch anzusehen - Genau so sollte es sein! Ich hoffe auf den bestmöglichen Saisonausgang für beide Vereine: Die Maggis gehen mit uns und den Schachtern hoch und Hansa greift dann nächste Saison an!
J
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LL
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G
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G
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G
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G
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Und der MDR, so ... -> http://meyview.com/der-mdr-berichtet-fussball-oder-so/

;-)
M
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Das gewisse Etwas hat gefehlt. So ist doch nicht Hansa. Hansa ist assi und schräg. Wohl zu viel Schiss gehabt dass der Hauptsponsor wieder schwarz trägt. Aber trotz allem war es eine große Sache. Das ist Kritik auf hohem Niveau. Und ansonsten danke wie immer für die vermittelten Eindrücke.
G
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Unglaublich schlecht
G
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