Fragen über Fragen - Wohin steuert unsere Gesellschaft?

MB Updated
Fragen über Fragen - Wohin steuert unsere Gesellschaft?

BabySchaut man täglich im Fernsehen die aktuellen Weltnachrichten, bekommt man das Grauen. Doch daran hat man sich gewöhnt. Intensiver wird das schlechte Gefühl, sobald man tiefer in die Themen einsteigt. Wälzt man die Beilagen der "Die Zeit" und studiert die langen Berichte, so wird einem heiß und kalt. In was für einer Zeit leben wir eigentlich? Das liest sich alles nicht gut. Ganz schlimm wird es, wenn man durch den Wirtschaftsteil blättert. "Der nächste Orkan", "Das System war faul", "Die Mutter aller Pleiten".

Rings um uns geht alles scheinbar den Bach runter und wir leben weiter. Einfach so. Wie kommt das? Es gäbe hunderte Gründe, auf die Barrikaden zu gehen, doch wenn es an allen Ecken brennt und man nur so mit Informationen überschüttet wird, ist es schwer, sich eine klare Meinung zu bilden. Für was oder für wen sollte ich auf die Straße gehen? Für Karstadt, für Opel, für die Erhöhung der Milchpreise, für den Erhalt des Flughafens Tempelhof oder doch eher ganz pauschal für den Weltfrieden?
 Fakten prasseln Tag ein Tag aus auf Fernsehzuschauer und Zeitungsleser ein. In Afghanistan starben drei Soldaten der Bundeswehr. Im Iran wurden Demonstranten auf offener Straße erschossen, in Baghdad zünden fast täglich tödliche Sprengsätze, die Situation in Pakistan bleibt explosiv, in Russland traf sich die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ), in Jemen wurden gekidnappte Deutsche umgebracht, Hertie ist nicht mehr zu retten, Nanotechnologien sollen möglicherweise gefährlich sein, Michael Jackson ist im Alter von 50 Jahren gestorben und in Köln sollen sich bunte exotische Vögel unter die heimische Tierwelt gemischt haben. 
 
In der heutigen Nachrichtenwelt muss man ganz schön abgehärtet sein. Für wen, für was, wofür soll der Bürger sein? Politiker empören sich über die Politikverdrossenheit vieler Wähler, doch ist es nicht allzu logisch, dass viele Leute einfach komplett abschalten? "Ach, interessiert mich nicht!", "Das betrifft mich doch nicht..." oder "Die machen doch eh, was sie wollen!" ist nur zu oft zu vernehmen.
Wer täglich ins Großraumbüro rennt oder am Fließband täglich um seinen Arbeitsplatz bangen muss, der wird sich schwerlich tiefgründige Gedanken über die Wahl in Iran, die möglichen gesundheitlichen Folgen der Nanotechnologien oder die Pleite der "Hypo Real Estate" machen.
 
Da bedarf es schon leichtere Kost, um sich mal richtig Luft zu verschaffen. Der stillgelegte Flughafen Tempelhof in Berlin ist ein gutes Beispiel.
Dieses Problem ist greifbar, sichtbar und für jeden schnell begreifbar. Nicht so sonderbar wie das scheinbare Verschwinden von zig Milliarden bei den großen Banken. Nein, mit dem Flughafen Tempelhof kann jeder Bürger was anfangen.
Vergangene Woche musste die riesige Brachfläche von rund 1.800 Polizisten bewacht werden, damit diese nicht von Demonstranten gestürmt und besetzt wird. Es kam zu Auseinandersetzungen und zahlreichen Festnahmen. Im Internet hatte eine Aktivisten-Gruppe zuvor unter dem Slogan "Squat Tempelhof" zu der Besetzung aufgerufen. Tausende sind diesem Aufruf gefolgt. Unter ihnen Gewaltbereite, Erlebnisorientierte und politisch Motivierte. Es erscheint ein wenig irrwitzig, dass tausende Menschen auf die Straße gehen, um eine Brachfläche zu stürmen, jedoch kaum jemand auf der Straße gegen das "Verbrennen" von Milliarden demonstriert.
 

Wie schaut es eigentlich aus? Möchte jemand ernsthafte Prognosen geben, wie es in 20 Jahren sein wird?

Dieses Jahr wird "20 Jahre Mauerfall" gefeiert. Kommendes Jahr folgen die Feiern anlässlich "20 Jahre Deutsche Einheit".
Versetzt man sich einmal 20 Jahre zurück und überlegt, welche Vorstellungen, die die Zukunft betrafen, man damals hatte - man wird staunen. Es ist verdammt schwierig, sich in die damaligen Gedankengänge hineinzuversetzen. Was hat sich nicht alles getan und verändert in dieser Zeit.
Eine Tatsache werden in Deutschland die meisten Menschen bestätigen: Die 90er Jahre fühlten sich lockerer an. Ganz besonders in Berlin herrschte eine Gute-Laune-Stimmung. Das i-Tüpfelchen war die Reichstags-Verhüllung von Jeanne-Claude und Christo im Sommer 1995. Welch ein fröhliches Zusammensein waren diese sonnigen Tage zu Füßen des silberfarben verhüllten Reichstags.
Insgesamt betrachtet waren die Zeiten leichter. Um die Miete für die eigene Wohnung zu bezahlen, musste bei weitem nicht so viele Stunden gearbeitet werden. Um als Student über die Runden zu kommen, musste man einfach ab und zu ein paar Jobs bei der studentischen Arbeitsvermittlung annehmen. Es gab Mitte der 90er Jahre mehr Jobangebote als Arbeit suchende Studenten. Ungelogen. Der Mindestlohn für Bauhelferjobs lag bei 17,50 DM. Zugegeben, das konnte nicht auf Dauer funktionieren. Ging es uns allen einfach zu gut? Sind die fetten Jahre nun wirklich vorüber? 
 
Mitte der 90er Jahre rannten tausende Schüler und Studenten auf die Straße, um gegen die geplanten Atomtests des damaligen französischen Präsidenten Jacques Chirac zu protestieren. Ganz so leicht sind heutzutage die Schüler und Studenten nicht aus der Reserve zu locken. Zwar gab es jüngst Demonstrationen für eine bessere Bildungspolitik und gegen Studiengebühren, doch der wirklich große Aufschrei der Jugend bleibt aus. Der Staat überschuldet sich, um Unternehmen zu retten, die Zukunft wird somit aufs Spiel gesetzt, doch wirklich großer Unmut ist nicht zu spüren.
 
Was tun? Kopfschüttelnd geben viele Bürger bei der großen Flut an Problemen auf. Wer möchte sich schon den Kopf zerbrechen, ob eventuell in zehn Jahren noch weitaus Übleres auf uns wartet? Der Mensch ist gut im Verdrängen, doch auch seichte Unterhaltung im Fernsehen wird auf Dauer langweilig.

Die Konsum-Industrie wird der Nachfrage nach immer mehr und prickelnderer Unterhaltung kaum gerecht. Schnell werden neue technische Errungenschaften langweilig. Die Begeisterung für neue Mobiltelefone und neue Spielkonsolen ebbt schnell ab.

Was bleibt da noch? Das Reisen. Jawohl. Sportliche Herausforderungen und Party am Strand waren und sind immer gut, um vom Alltag abzuschalten. Aber! Wieder diese fürchterlichen Nachrichten im Fernsehen, die einem die Reiselust verderben können. Und wenn es nur das Fernsehen wäre. Im World Wide Web kann sich jeder noch zusätzliche Informationen einholen. Terroranschläge und Entführungen vergällen vielen die Vorfreude auf Fernreisen. Und! Die Angst vor dem Geld ausgeben. Sollte man nicht lieber einen Notgroschen beiseite legen? Oder doch jetzt erst recht nach dem Motto: Man lebt nur einmal?

Schaut man in die Vergangenheit, so kann man eines feststellen: In Krisenzeiten wurde der Mensch naturverbundener und besann sich auf alte Werte. Man schätzte wieder mehr den nahen Forst und die Seen des Umlandes. Eine Wanderung zu einem mittelalterlichen Kloster oder eine Radtour durch eine waldige Berglandschaft können das Lebensgefühl überaus positiv beeinflussen. Die Natur ist für alle da. Noch. Und da wir schon beim Thema sind. Vor geraumer Zeit las ich von einem Nutzungsvorschlag für den stillgelegten Flughafen Berlin Tempelhof. Man könne die Gebäude durchaus benutzen, doch die Freiflächen müssten komplett eingezäunt werden. Anschließend könne man diese Fläche der Natur komplett überlassen.

Niemand dürfe dieses Terrain betreten. Gräser, Büsche und Bäume sollen ungehindert wachsen und wuchern, wie sie wollen. Rund 50 Jahre lang dürfte niemand schauen, was dort so alles im innerstädtischen Urwald passiert. Eine Art Experiment sozusagen. Zum einen könne man später an einem konkreten Fallbeispiel analysieren, wie sich die Natur städtische Flächen wieder zurückerobert, zum anderen hätte man später ein Reservoir für gestresste und krisengeplagte Bürger der Stadt.
 
 
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