Überfüllte S-Bahn-Waggons, volle Bahnsteige, Zugausfälle, eine Taktfolge im Basisfahrplan. Berlin wird mit der derzeitigen Betriebslage der Lächerlichkeit preisgegeben. Zehntausende Touristen besuchen wöchentlich die deutsche Stadt, Hunderttausende pendeln täglich vom Umland in die Berliner City - alle haben mit der aktuellen Situation zu kämpfen. Städtischer Nahverkehr ist für eine Millionenmetropole das A und O. Und dieser städtische Nahverkehr funktioniert in Berlin zur Zeit nur unzureichend. Wer auf Fahrrad, die BVG oder Auto ausweichen kann, mag mit diesem momentanen Zustand halbwegs leben können. Für Pendler, die zu 100% auf bestimmte S-Bahn-Linien angewiesen sind, sind diese Zustände eine echte Zumutung!
S-Bahn in Berlin - momentan ein Desaster
MB
Marco Bertram
Updated
Berufsverkehr in Berlin. Nachmittag. Sonniges Wetter. Drängelnde Leute auf den Bahnsteigen. Vollgestopfte Waggons. Im Waggon stockt einem der Atem. In der S-Bahn fühlt es sich an wie in einer Sauna. Nur mit dem Fahrtwind, der durch die angekippten Fenster strömt, ist die Situation halbwegs erträglich. Kommt die S-Bahn an den Bahnhöfen zum Stehen, fließt der Schweiß in Strömen. Tausende Berufstätige müssen zur Zeit erheblich längere Fahrtzeiten in Kauf nehmen. Nach Potsdam und Erkner beispielsweise verkehrt die S-Bahn nur alle 20 Minuten.
"Wegen zusätzlicher technischer Untersuchungen bietet die S-Bahn Berlin auch heute nur einen eingeschränkten Fahrplan an." So heißt es seit Tagen auf der Website des Unternehmens.
Immerhin steht links mit weißer Schrift auf rotem Grund ganz fett geschrieben: "Entschuldigung!"
Doch dabei bleibt es. Klickt man weiter, folgt die Übersicht mit dem aktuellen Fahrplanangebot:
S85 und S45 verkehren gar nicht. Die meisten Linien verkehren im 20-Minuten-Takt. Immerhin die Ringbahnen S41 und S42 verkehren planmäßig. Wer mit der Ringbahn zur Arbeit fährt, kann sich glücklich schätzen. Wer von Mahlsdorf, Babelsberg oder Köpenick ins Stadtzentrum pendelt, muss sich in vollgestopfte Waggons quetschen und bei heißen Temperaturen nach Luft schnappen. Zudem wird darauf hingewiesen, "dass eine Mitnahme von Fahrrädern in den Zügen derzeit nur eingeschränkt möglich ist." Der eine oder andere Student wird sich "freuen". Besser man fährt gleich komplett mit der Fahrrad zur Uni.
An den S-Bahnhöfen liegt seit 14. Juli wieder die aktuelle Ausgabe der "punkt 3" bereit. Auf der ersten Seite ist als Überschrift zu lesen: "Das erwarten jetzt die Kunden: Auf die S-Bahn muss wieder Verlass sein!"
Interessant ist folgende Passage: "Sehr geehrte Fahrgäste, ... Umso mehr bitten wir alle, in dieser besonderen Situation besonnen miteinander umzugehen. ... Ihre S-Bahn Berlin"
Immerhin sollen Abo- und Jahreskarteninhaber im Dezember einen Monat freie Fahrt erhalten. Alle anderen haben auf gut Deutsch gesagt nur die Arschkarte.
In der Presse hagelt es mächtig an Kritik. Ganze Doppelseiten werden in den Printausgaben der Tageszeitungen mit dem Thema S-Bahn und Deutsche Bahn gefüllt. Was hier und dort alles ans Tageslicht kommt, dürfte die Berliner zutiefst erschüttern.
Erfahrungsgemäß genoss die S-Bahn bei den Berlinern stets einen recht guten Ruf. Das Vertrauensverhältnis dürfte nun einen tiefen Bruch bekommen haben, zumal der Senat Jahr für Jahr Millionen in den städtischen Nahverkehr steckt. Steuergelder und Einnahmen aus den Fahrscheinverkäufen fließen nicht zu knapp direkt in das Unternehmen S-Bahn Berlin - da darf man als Fahrgast erwarten, dass der Nahverkehr sicher und zuverlässig funktioniert.
Bricht der städtische Nahverkehr einer Millionenmetropole wie Berlin zusammen, gibt es Folgeschäden in Millionenhöhe. Wer würde für diese Schäden haften und aufkommen? Wer ist verantwortlich?
Auf die kommenden Wochen darf man gespannt sein!
Und ich? Ich fahre lieber Fahrrad! Und U-Bahn!
In der ist es wenigstens meistens kühler und nicht so brütend heiß wie in der S-Bahn...
(M.B.)
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