Stein des Anstoßes: Ein von der linksorientierten taz (die tageszeitung) im Jahr 2005 veröffentlichten Kino-Werbespot, in dem nach Meinung der vom Springer Verlag publizierten Bild-Zeitung die Leser derselbigen verunglimpft würden. Nach einigem gerichtlichen Hin und Her hat nun die höchst richterliche Instanz, der Bundesgerichtshof zu Gunsten der TAZ entschieden.
BILDlicher Humor erlaubt: taz,taz hurra - Video
Fazit des Rechtsstreit: "die taz ist nicht für jeden"; und darum geht es: Im ersten Teil des Werbepots ist vor einem als "Trinkhalle" bezeichneten Zeitungskiosk ein mit dem Logo der BILD-Zeitung versehener, leerer Zeitungsständer zu sehen. Ein Kunde, der nur mit einem Unterhemd und einer Jogginghose bekleidet ist, fordert den Inhaber des Kiosks auf: "Kalle, gib mal Zeitung", worauf dieser entgegnet: "Is aus". Auf Nachfrage des Kunden: "Wie aus?", schiebt der Kioskinhaber wortlos eine taz über den Tresen. Der Kunde reagiert hierauf mit den Worten: "Wat is dat denn? Mach mich nicht fertig, Du" und wirft die taz nach einem Blick in die Zeitung verärgert zurück auf den Ladentisch. Der Kioskinhaber holt nun eine unter dem Tresen versteckte BILD-Zeitung hervor, die er dem Kunden gibt. Daraufhin brechen beide in Gelächter aus. Im zweiten Teil des Werbespots ist vor der "Trinkhalle" ein nunmehr mit BILD-Zeitungen gefüllter Zeitungständer zu sehen. Der Kunde verlangt aber: "Kalle, gib mal taz". Der Kioskinhaber ist so verblüfft, dass er dieser Aufforderung nicht nachkommt. Jetzt bricht der Kunde in Gelächter aus, in das der Kioskinhaber einstimmt. Am Ende beider Teile des Werbespots ist der Text eingeblendet: "taz ist nicht für jeden. Das ist OK so."
Die BILD-Zeitung sah in dem Werbespot eine unlautere vergleichende Werbung und forderte von der TAZ eine Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht. Während Landgericht und Berufungsgericht der Klage weitgehend stattgegeben hatten, hob der Bundesgerichthof die Urteile nun mit der Begründung auf, dass der aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher zunehmend an pointierte Aussagen in der Werbung gewöhnt ist. Eine humorvolle oder ironische Anspielung auf einen Mitbewerber oder dessen Produkte stelle daher erst dann eine unzulässige Herabsetzung dar, wenn sie den Mitbewerber dem Spott oder der Lächerlichkeit preisgebe oder von den Adressaten der Werbung wörtlich und damit ernst genommen und daher als Abwertung verstanden werde.
Der Werbespot der Beklagten ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofs danach nicht als wettbewerbswidrig anzusehen. Er bringe lediglich zum Ausdruck, dass die taz "nicht für jeden" sei, also nicht den Massengeschmack anspreche. Der durchschnittliche Zuschauer erkenne, dass es sich bei der Darstellung um eine humorvolle Überspitzung handele, mit der die Aufmerksamkeit der Werbeadressaten geweckt und nicht die BILD-Zeitung oder deren Leserschaft pauschal abgewertet werden solle.