Ein neuer Mensch kommt auf die Welt. Die Geburt steht kurz bevor. Fragen über Fragen für die werdenden Eltern. Soll Papa bei der Geburt dabei sein oder besser nicht? Wie werden die ersten Tage direkt nach der Geburt? Für Eltern und Kind beginnt ein extrem spannender Lebensabschnitt. Aus der Sicht eines frisch gebackenen Vaters wird es in Zukunft regelmäßig Berichte geben. Über all die Erfahrungen und Tipps und Kniffe, die man selbst erhalten hat. Der frisch gebackene Vater - das bin ich, freiberuflicher Fotojournalist und turus-Redakteur. Kurze Rede, langer Sinn - auf geht´s!
Mit Baby auf Augenhöhe - die ersten fünf Tage eines Kindes
MB
Marco Bertram
Updated
Die Zeit unmittelbar vor der Geburt: Arbeitskollegen und Freunde waren überrascht, wie locker und entspannt ich noch unmittelbar vor dem großen Augenblick arbeiten konnte. Richtig. War ich unterwegs, schrieb, fotografierte und hatte Arbeitstreffen, konnte ich für einige Stunden in der Tat komplett abschalten. Fast. Zu Hause war dagegen der bald kommende Sohn allpräsent. Mamas kugelrunder Bauch war schließlich nicht zu übersehen. Die Kindermöbel wurden im Schlafzimmer bereits aufgestellt. Plüschtiere wurden postiert. Beim Jugendamt wurden die Formalien in Sachen Vaterschaftsanerkennung und gemeinsames Sorgerecht erledigt.
Hier gleich der erste Tipp: Die Vaterschaftsanerkennung kann zwar auch im Krankenhaus beantragt werden, doch besser ist es, bereits vorher möglichst viel zu erledigen. Es bleiben noch genügend Behördengänge (Kindergeld, Erziehungsgeld, etc.).
Ohne Hilfe kann die werdende Mutter kurz vor der Geburt nicht mehr allzu viel allein erledigen. Einkäufe, Schuhe anziehen, aufräumen - besser ist, der Mann ist mit dabei. Da natürlich niemand exakt sagen kann, wann genau der kleine Sprössling auf die Welt kommen wird, ist eine Alltagsplanung nicht so einfach. In meinem Fall war am 13. März eine Foto-Doku bei einem Fußballspiel geplant, doch daraus wurde nichts...
Die Geburt: Zweimal ging es bereits im Vorfeld sicherheitshalber ins Mutter-Kind-Zentrum des Krankenhauses Neukölln, um alles zu checken. Beim dritten Mal wurde es ernst. Um zwei Uhr in der Nacht ist die Fruchtblase geplatzt. Ruhe bewahren! Bis das Kind wirklich kommt, können trotzdem noch Stunden vergehen. Tasche und Papiere greifen. Kurz überlegt. Ein Taxi kommt in Berlin häufig schneller als der Rettungswagen. Also 202020 angerufen. Drei Minuten später stand unten das Taxi bereit. Auf nächtlichen Straßen ging es fix in die Klinik.
Nach genauen Untersuchungen stand fest: Der Muttermund ist noch nicht weit genug geöffnet. Bis zur Geburt könne es noch einige Stunden dauern. Die werdende Mama kam ins Vorwehenzimmer und mir riet man, noch einmal nach Hause zu fahren und frisch am Morgen wiederzukehren. "Nur so sei ich später eine echte Hilfe". Wie wahr.
Bei meiner Rückkehr um 7 Uhr morgens war schon Alarm. Ab ins Geburtszimmer und regelmäßige Beobachtung durch Arzt und Hebamme. Die Schmerzen wurden übel und schon bald stand fest: Eine PDA sei das beste.
PDA: Periduralanästhesie - eine örtliche Narkose bei der Geburt. Klingt gut, doch das Setzen des Zugangs ist manchmal alles andere als leicht. Meine Partnerin lag auf der Seite und wurde von der Hebamme und mir gehalten, der Arzt machte sich am Rücken zu schaffen. Ich musste mich mit den Beinen abstützen und bekam schon bald fast einen Wadenkrampf. Müdigkeit, zu wenig Flüssigkeit und die Wärme im Geburtszimmer machten mir zu schaffen. Nach einer halben Stunde drohte das Desaster. Bevor ich abklappen würde, ging ich kurz raus und ließ mir Wasser geben.
Erste Zweifel kamen auf. Wirklich bei der Geburt dabei sein? Ein Kaffee später meine Entscheidung: Ja, ich muss da mit durch!
Die kommenden Stunden verliefen ruhig. Beobachtung und Warten. Ein Tee und noch ein Tee. Die Gedanken schweiften beim Blick aus dem Fenster ab. Fußball. Reisen. Arbeit. Alles erschien abstrakt.
Während in der Fußballbundesliga um 15:30 Uhr der Anstoß erfolgte, ging es auch bei uns im Geburtsraum langsam los. Der Oberarzt untersuchte noch einmal mit Ultraschall. Die Entscheidung. Alles geöffnet, der Bursche müsse jetzt raus! Mein Part: Auf der rechten Seite meiner Partnerin ihren Arm halten und ihren Kopf stützen. Die Sache wurde rasant. Keine Zeit mehr, um nachzudenken. Ein Schutzmechanismus schaltete sich bei mir ein, um die schmerzhaften Schreie zu ertragen.
Der Kleine "kam nicht um die Kurve". Der Oberarzt empfahl einen Schnitt und die Zange. Zange? Ich war schockiert. Das klang wie eine Geburt in den 80ern. Ein Saugnapf könnte abgehen, erklärte man uns. Die Geburtszange sei besser. Für den Kaiserschnitt sei es bereits zu spät.
Ab jetzt wurde es hart. Eine zweite Ärztin drückte auf den Bauch, Oberarzt und Hebamme machten sich unten zu schaffen. Schmerzschreie. Anweisungen. Geklapper der Gegenstände. Puls 180. Auch mir kamen fast die Tränen. Ich half wo ich konnte, die Gedanken sprangen im Dreieck.
Plötzlich ein Zuruf: "Hier schauen sie schnell, er ist schon halb draußen!" Ich drehte mich um, und das Söhnchen war in der Tat bereits halb zu sehen. Unbeschreiblich, welch ein emotionales Gefühl da einen packt. Sekunden später war er draußen. Wie in Trance durchschnitt ich die Nabelschnur.
Sicherheitshalber ging es mit dem Kleinen rasch zum Kinderarzt, Minuten später lag er er dann auf Mamas Bauch und Brust. Tränen der Rührung waren kaum zu unterdrücken... Die Frage, ob man als Vater bei der Geburt dabei sein sollte, kann ich nun mit einem glasklaren JA beantworten!!!
Die ersten Tage nach der Geburt: Erstaunlich, wie schnell sich die meisten Frauen nach der Geburt wieder erholen! Trotz hohem Blutverlust und all der Strapazen. Genauso erstaunlich ist es, wie fix sich die Babys verändern. Relativ schnell entspannen sich die Gesichtszüge und die zuerst leicht lilafarbene Hautfarbe wechselt in ein gesundes Rosa.
Nach der ersten Untersuchung hält man sein Baby recht bald auf dem Arm, schön eingewickelt in einem sauberen Tuch. Meist folgt nun der Umzug vom Geburtsraum in ein Einzel- oder Doppelzimmer.
Spät am Abend fuhr ich dann nach Hause, um mich zu erholen. An Abschalten war jedoch nicht zu denken. Selbst das Bier wollte nicht recht schmecken. Schlicht zu viel Aufgewühltheit.
Der zweite Tag mit Baby war der beeindruckendste. Im Krankenhaus legte ich mit dem Kleinen auf das Bett. Kopf an Kopf, ganz nah. So dicht, dass man den Duft des Baby und seinen Atem spürt. Erstaunlich, wie schnell sich die Sinne sensibilisieren. Geruchssinn, Gehör...
Unbedingt sollte man sich als Papa - wenn es der Job erlaubt - die ersten Tage frei nehmen und die meiste Zeit mit beim Kind verbringen. Ganz sicher wird hier das Fundament für eine tolle Verbindung zwischen Vater und Kind aufgebaut. Gemeinsam mit der Partnerin sollte man alle Dinge mit dem Baby gemeinsam machen.
Nach drei Tagen Krankenhaus kommt nun der Moment der Wahrheit, wenn es ins traute Heim geht. Schreikind? Schlaflose Nächte? Man kann es nie vorher wissen. Eine Sache sollte man unbedingt beachten: Auch wenn es schwer fällt, wenn das Baby schreit - möglichst immer die Ruhe bewahren. Kommt es ganz arg, ruhig in Schichten schlafen und sich abwechseln. Man ist kein schlechter Vater, wenn man sein Lager im Wohnzimmer aufschlägt. Ganz im Gegenteil, nur ein halbwegs ausgeruhter Vater ist für die Mutter und das Kind eine echte Hilfe! Schläft das Baby in der Nacht ruhig vor sich hin, ist sowieso alles schön.
Für die ersten Tage ist es gar nicht so schlecht, das Baby mit einem Tuch wie in einem Kokon einzuwickeln. Es hat zwar keine Armfreiheit, doch es schläft weitaus friedlicher, weil es sich komplett geschützt und geborgen fühlt. Wie lange diese Praxis funktioniert, werde ich zu einem späteren Zeitpunkt verraten... ;-)
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