Bundespräsident Horst Köhler erklärt seinen Rücktritt

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe. So schnell kann es gehen. Die Bundesrepublik Deutschland hat derzeit kein Staatsoberhaupt, vorübergehend übernimmt der Bundesratspräsident Jens Böhrnsen von der SPD die Amtsgeschäfte. In seinem Amtssitz Schloss Bellevue in Berlin-Tiergarten erklärte Horst Köhler am heutigen Tage seinen Rücktritt. Grund sei unter anderem die harsche Kritik an seinen Äußerungen in Bezug auf den Bundeswehreinsatz in Afghanistan.

Nicht nur durch seinen Äußerungen in Bezug auf den Afghanistan-Einsatz mehrten sich seine Kritiker. Auch unter den Autofahrern machte er sich durch seine These "durch Erhöhung der Mineralölsteuer, umweltbewusste Autofahrer zu formen" zuletzt keine Freunde. In einem Focus-Interview plädierte er für noch höhere Preise. Seiner Meinung nach würden so die Menschen am ehesten ihr ökologisches Verhalten ändern. Ob er nun seine Meinung ändert, wenn er bald wieder selbst tanken muss?

Horst Köhler wurde am 22. Februar 1943 im polnischen Skierbieszów geboren. Seit dem 1. Juli 2004 war er neunte Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. Zuvor war er unter anderem von 2000 bis 2004 der geschäftsführende Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF). Von 1993 bis 1998 leitete Horst Köhler als Präsident den Deutschen Sparkassen- und Giroverband, anschließend leitete er zwei Jahre die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE).

Im Jahr 2004 wurde Horst Köhler schließlich der Nachfolger von Johannes Rau als Bundespräsident. Welcher Kandidat nun Nachfolger von Horst Köhler wird, ist noch offen. Die Bundesversammlung wird nun dem Grundgesetz folgend in den kommenden 30 Tage zusammenkommen, um den neuen Bundespräsidenten oder die Bundespräsidentin zu wählen, dessen Amtszeit unmittelbar nach der Annahme der Wahl beginnt.

Kurios: Wenn die 14. Bundesversammlung (1244 Mitlgieder aus dem Bundestag und den Landesparlamenten sowie gewählte Persönlichkeiten) nach dem 9. Juni 2010 abgehalten wird, werden die nordrhein-westfälischen Vertreter vom künftigen nordrhein-westfälischen Landtag bestimmt, der in der Landtagswahl 2010 bestimmt wurde, sich aber zum Zeitpunkt des Rücktritts Köhlers noch nicht konstituiert hatte. Bis zur Neuwahl übt nun Jens Böhrnsen die Befugnisse des Bundespräsidenten aus.

Update: Horst Köhlers Rücktrittserklärung im Wortlaut
"Meine Äußerungen zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr am 22. Mai dieses Jahres sind auf heftige Kritik gestoßen. Ich bedauere, dass meine Äußerungen in einer für unsere Nation wichtigen und schwierigen Frage zu Missverständnissen führen konnten. Die Kritik geht aber so weit, mir zu unterstellen, ich befürwortete Einsätze der Bundeswehr die vom Grundgesetz nicht gedeckt wären. Diese Kritik entbehrt jeder Rechtfertigung. Sie lässt den notwendigen Respekt für mein Amt vermissen.

Ich erkläre hiermit meinen Rücktritt vom Amt des Bundespräsidenten - mit sofortiger Wirkung. Ich danke den vielen Menschen in Deutschland, die mir Vertrauen entgegengebracht und meine Arbeit unterstützt haben. Ich bitte sie um Verständnis für meine Entscheidung.

Verfassungsgemäß werden nun die Befugnisse des Bundespräsidenten durch den Präsidenten des Bundesrates wahrgenommen. Ich habe Herrn Bürgermeister Böhrnsen über meine Entscheidung telefonisch unterrichtet, desgleichen den Herrn Präsidenten des Deutschen Bundestages, die Frau Bundeskanzlerin, den Herrn Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts und den Herrn Vizekanzler.

Es war mir eine Ehre, Deutschland als Bundespräsident zu dienen."