Deutsche Politik ist alles andere als langweilig. Dies zeigten die Abgeordneten heute im Bundestag bei der mit viel Leidenschaft geführten Debatte um die Hartz-IV-Reform. Grund: Das Bundesverfassungsgericht urteilte am 9. Februar (wir berichteten) im Sinne derjenigen, die schon lange am "menschenwürdigen Existenzminimum" leben müssen – und das aufgrund plötzlicher Arbeitslosigkeit meist ohne eigenes Verschulden. Die Richter forderten eine gesetzliche Neuregelung der Berechnung der Hartz-IV-Sätze bis zum 1. Januar 2011. Die aktuelle Berechnung verstoße gegen das Grundgesetz.
Emotionen und Tumulte: Bundestag stimmt Hartz-IV-Reform zu
Kurz vor Tore Schluss wurde nun also die Reform bei 302 Ja und 255 Nein-Stimmen durch den Bundestag gepresst und steht damit vor der nächsten Instanz dem Bundesrat. In dem 254-seitigen, vom Arbeits- und Sozialministerium vorgelegten Gesetzentwurf ist aufgeschlüsselt, welche Ausgaben der Berechnung der Grundsicherung künftig zugrunde liegen. Der Regelsatz für Alleinstehende beträgt genau 364 Euro monatlich, Ehegatten oder Lebenspartner, die im gleichen Haushalt leben, bekommen 328 Euro monatlich. Kindern bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr stehen 215 Euro, bis zum 14. Lebensjahr 251 Euro und bis zum 18. Lebensjahr 287 Euro zu. Dazu schnürte Bundesarbeitsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) noch ein Bildungspaket für Kinder aus Hartz-IV-Familien das eine Lernförderung, Teilnahme an Vereinsaktivitäten und ein warmes Schulmittagessen garantieren soll.
Dass die Oppositionsparteien nicht so ganz einverstanden mit der Reform sind, liegt auf der politischen Hand. Und so setzte es einen teilweisen heftigen Schlagabtausch zwischen den Spitzenpolitikern. Sogar SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte sich spontan auf die Rednerliste setzen lassen und betitle Ursula von der Leyen als "Staatsschauspielerin". Diese ließ es sich nicht nehmen und konterte angriffslustig. Ob die Reform oder wie von SPD und Grünen tituliert Taschenspielertricks, den Bundesrat passiert scheint fraglich. Da die Hamburger Stadtregierung erst kürzlich gescheitert ist, hängen die Stimmen nun am Saarland. Das will sich nach neuesten Meldungen aber enthalten, mit der Folge dass der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat einschreiten muss. Das Gestreite geht also weiter.
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