Sehenswert: Das Grenzlandmuseum in Tettenborn bei Bad Sachsa

MB Updated
altAufgereiht wie auf einer Perlenschnur liegen die Grenzmuseen und Gedenkstätten entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze. Von Mödlareuth im Süden bis hoch nach Schlagsdorf im Norden. Eines dieser sehenswerten Punkte ist das privat geführte Grenzlandmuseum in der kleinen Ortschaft Tettenborn am südlichen Rande des Harzes. Folgend ein Tagebucheintrag von der über 1.000 Kilometer langen Wanderung, die gemeinsam mit Karsten Höft zu Fuß im Sommer 2003 von Prex nach Priwall führte.

Gegen 23 Uhr knisterte und knackte es aus der Ferne, und Minuten später heulte eine Sirene im nahen Tettenborn auf. Ein Kornfeld stand in einiger Entfernung in Flammen und färbte den Himmel orange. Fahrzeuge der Feuerwehr trafen aus den verschiedenen Richtungen ein, und an Schlaf war erst Stunden später zu denken.
Wie wir am kommenden Tag erfuhren, konnte das Feuer in der Nacht eingedämmt werden, und glücklicherweise waren keine Gebäude der Ortschaft betroffen.
Als wir am Dorfgemeinschaftshaus, in dem sich das Grenzlandmuseum befindet, in Tettenborn ankamen, trafen wir zufällig eine älteren Mann, der sich als Museumsmitarbeiter vorstellte.

»Na, da habt ihr ja großes Glück. Normalerweise ist das Museum nur am Sonntag von 10 bis 12 Uhr geöffnet. Aber gegen elf kommt eine große Gruppe, und nur deshalb bin ich heute hier vor Ort. Na, kommt mal rein. Die Rucksäcke könnt ihr dort abstellen«, teilte er uns mit und schloss die Türen auf.
Wir stellten uns vor, legten das Gepäck ab und reichten ihm eine Kopie des Zeitungsartikels.
»Ein tolles Vorhaben, aber es wäre schön, wenn ihr als Eintritt trotzdem eine Spende in diese Kasse gebt. Dieses Grenzlandmuseum lebt von diesen Spenden, und wir arbeiten hier nur ehrenamtlich«, erklärte er und warf einen weiteren Blick auf den Zeitungsbericht.
Anschließend reichte er uns zwei Faltblätter und schaltete das Licht der vier Ausstellungsräume ein. Er führte uns durch die einzelnen Räume und erklärte die Ausstellungsstücke sehr ausführlich und nicht ohne Stolz.
»Und hier, etwas einzigartiges! Ein funktionstüchtiger Teil des Grenzsignalzauns II. Den haben sie in Teistungen nicht, oder? Fassen sie mal hier an! Keine Scheu! Sehen sie, er funktioniert.«

altEine rote Rundumleuchte ging an. Anschließend hob er die Abdeckung der sogenannten Sprecheule, und das Bellen eine Schäferhundes erklang. Er lächelte.
»Und hier die SM70, natürlich nur als Modell ...«
Seine ausschweifenden Ausführungen waren nett gemeint, doch es war noch früher Vormittag, und uns taten die Beine vom Vortag weh. Der Rücken schmerzte, und all die erläuterten Begriffe der Grenzbefestigungsanlagen marterten das Hirn.
»Und hier, der Extraraum für die Spinne, für Erich Mielke. Sehen sie das gespannte Spinnennetz an der Wand? Alles die Verzweigungen des MfS. Die Fühler der Spinne reichten in alle Gesellschaftsebenen. Sehen sie? Dort der BFC Dynamo. Mielkes liebstes Kind. Überall waren Kontakte der Stasi geknüpft ...«
In der Ecke des Raumes hing eine fette Plüschspinne. Eine nette Idee, doch der Kopf konnte so schnell gar nicht all die Eindrücke verarbeiten. Ich sehnte mich nach frischer Luft.

»Folgen sie mir bitte! Das hier ist eine Führungsstelle, natürlich originalgetreu. Alles funktionstüchtig. So etwas haben sie in Teistungen nicht. Stimmt´s?«
Leuchtdioden und Lämpchen blinkten. Ein Funkverkehr zwischen zwei Kommandostellen wurde von einem Tonband abgespielt. Auf einem Tisch vor dem Funkgerät lag eine Zigarettenschachtel der Mark F6. Die Liebe lag im Grenzlandmuseum Tettenborn wirklich im Detail.
»Ich habe eine Frage. Haben sie vielleicht etwas Mineralwasser?« meldete ich mich zu Wort.
»Mineralwasser? Nein, leider nicht. Aber ich habe im Keller kaltes Bier!«
Karsten und ich schauten uns fragend an. Warum eigentlich nicht?
Der freundliche Museumsmitarbeiter ging mit uns in den Keller, zeigte uns die Lagerräume des Museums und führte uns zum Kühlschrank, in dem sich die Flaschen ordentlich stapelten.
»Ich habe doch etwas für solche Fälle. Gekühltes Bier ist immer vorhanden. Und wenn wir schon hier unten sind. Hier hängen all die Uniformen. Wir könnten noch viel mehr Platz benötigen, aber ein Neubau wird uns nicht genehmigt. Aber vielleicht bekommen wir noch einen Raum mehr von der Gemeinde«, erklärte er.

Wir setzten uns zu dritt auf eine Bank vor dem Eingang und sprachen über die Zeit vor der Öffnung der Grenze. Früher war er beim Bundesgrenzschutz in Bad Sachsa tätig und kannte die Grenzanlagen von der Westseite aus. In den 90er Jahren baute er mit anderen Leuten das Grenzlandmuseum auf. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter kamen aus den verschiedensten Bereichen. Einige von ihnen waren sogar Offiziere der DDR-Grenztruppen. So konnte jeder seine eigenen Erfahrungen mit einbringen. Während wir plauderten, trafen der Museumsleiter und der Bus mit der Jugendgruppe ein. Die Ankömmlinge staunten nicht schlecht, als sie uns mit einer Flasche Bier in der Hand vor dem Museum sitzen sahen. Abschließend trugen wir uns ins das Gästebuch ein, fertigten ein paar Aufnahmen vom erstaunten Museumsmitarbeiter an, verabschiedeten uns und wanderten in Richtung Walkenried. Die Landstraße über Neuhof führte bis 1989 auf der Westseite unmittelbar an den Grenzanlagen vorbei...

> zur turus-Fotostrecke: Bilder von der innerdeutschen Grenze

> Infos zur Wanderausstellung "Bereits Gras über der deutsch-deutschen Grenze?"

> zur Website des Grenzlandmuseums

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