50fach vernetzt: Internetcafe im 21. Jahrundert

MB Updated
Rosenthaler Platz

BerlinWährend im alternativen Haus Linienstraße 206 bei einbrechender Dämmerung drinnen schwach die Funzeln leuchten und die bemalte Fassade mit dem Schriftzug "Ausländer bleiben, Nazis vertreiben" und dem aufgehängten Transparent "Loft oder Liebe - Linie 206 bleibt" an das Berlin der 90er Jahre erinnert, bietet sich nur wenige Meter am Rosenthaler Platz ein ganz anderer Anblick. An der Kreuzung mit den fünf Straßen schnuppert es ein wenig nach Weltmetropole. Ein Hauch von London weht über die Straßen und Bürgersteige.

Nicht von ungefähr befindet sich an der Ecke Torstraße / Weidenweg das "The Circus Hostel". Gegenüber auf der anderen Seite des Rosenthaler Platzes gleich das "Circus Hotel". Volles Programm und reichlich Betten für Touristen aus aller Welt. Berlin ist hipp, der Rosenthaler Platz ist extrem angesagt. Ein echtes Muss für jeden Rucksacktouristen, jeden Partyhengst und jede Partymaus.

Streng genommen ist der Rosenthaler Platz ziemlich hässlich. Viel Straßenverkehr und nicht gerade die hübschesten Bauwerke. Allerdings schnuppert es dort wie bereits erwähnt nach Leben, nach Großstadt, nach Spannendem. Zur einen Seite der angesagte Weidenweg, zur anderen Seite nur ein Katzensprung zum Hackeschen Markt und zur Oranienburger Straße. Für Touristen ein wahres Eldorado.

Ein Käffchen am Rosenthaler Platz? Man / frau hat die Qual der Wahl. Sogar der Selbstbedienungsbäcker einer bekannten Kette ist dort vor Ort stilvoll eingerichtet. Für 99 Cent ein kleiner Milchkaffee und Gebäck für unter einen Euro - das ist natürlich für Mitte eine echte Kampfansage. Der eine oder andere lässt es sich dort auch gut gehen. Allerdings ist dieser Bäcker nicht gerade der Platz, um zu sehen und gesehen zu werden.
Gleich gegenüber an der Ecke Torstraße / Rosenthaler Straße befindet sich das Café St. Oberholz, das sich über zwei Etagen erstreckt. Also hinein in die gute Stube. Auch hier muss man sich seinen Kaffee selbst abholen. Die Gäste tun dies allerdings gern. Keine Bedienung, keine ständigen Nachfragen, ob es noch etwas sein darf. Leckeres Gebäck, angesagte Bagel, schmackhafte Desserts und natürlich Latte Macchiato mit perfektem Milchschaum.

So weit so gut. Nun aber der interessanteste Punkt. Stylisches Publikum in allen Ecken. Kühle Blicke, geschäftiges Treiben. Es verschlägt einem die Sprache, betritt man diese Location zum ersten Mal. Was bitte ist das hier? Ein Uni-Bibliothek? Ein Großraumbüro? Das kann nicht wahr sein! An jedem Tisch ein Laptop! Ein Laptop? Nein, gleich mehrere. Durchgezählt. 17 Uhr Ortszeit. Unten sind 27 Laptops am laufen, oben sind es 25. Sprich, über 50 tragbare Computer stehen auf Tischen und dienen als Arbeits- und Vergnügungsplatz. Und in der Tat. Es wird gechattet, an der Hausarbeit geschrieben, E-Mails werden gelesen, Diagramme ausgewertet, Fotos bearbeitet, Zeichnungen besprochen oder es wird einfach nur gesurft.
Haben die Leute kein Büro? Haben die Leute kein Zuhause? Hier geht es mehr ab als in einem Internetcafé. Kaffeegeruch, halbvolle Gläser, lässige Seitenblicke und reichlich Elektrosmog. Berliner? Touristen? Schwer zu sagen. Scheinbar eine bunte Mischung. Mein Ort wird dies mit Sicherheit nicht. Das mögliche Treffen mit einem Portugiesisch-Tandem lasse ich kurzerhand platzen. Leicht genervt schlendere ich rüber zu dem Selbstbedienungsbäcker und fülle mir für schlappe zwei Euro mein Plastiktablett...

> zur turus-Fotostrecke: Berliner Alltag

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