Schreiben, Collagen kleben und Türkisch für Anfänger: Der Weg eines Berliner Künstlers

MB Updated

altNicht leicht solch ein Künstlerleben. Insbesondere wenn man in Berlin lebt und wirkt. Arm aber sexy. Von der Kunst seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können – das gelingt nur wenigen Künstlern in der Stadt. Der Künstler Sugar de Santo gehört noch nicht zu ihnen, jedoch finden seine Gedichte, Texte und Collagen durchaus Leser und Betrachter. Im Internet, im weiten Bekanntenkreis und aktuell auch in einem Café im Berliner Stadtbezirk Schöneberg.

Seit Jahren begleitet das turus-Magazin Sugar de Santo (bürgerlicher Name Mark Bauch) und verfolgt die Höhen und Tiefen im Künstlerleben – zwischen Milchkaffee im edlen Porzellan, trockenen spanischen Rotwein aus der Karaffe und Kartons voller Zeitungsauschnitte. Es ist mal wieder Zeit für ein Gespräch. Wo passt es besser als bei ihm zu Hause im stilvoll eingerichteten Wohnzimmer. Ich schlürfe den Kaffee, er zerschnibbelt währenddessen zahlreiche Zeitschriften.

turus.net: Wie läuft es denn zur Zeit?

de Santo: Gut. Ich habe derzeit eine kreative Phase. Viele neue Collagen und auch der eine oder andere Text entstehen täglich.

(Während des Gesprächs klebt der Künstler eine neue Collage. Blumen als Hintergrund. Im Vordergrund ein Totenkopf, ein goldener Engel mit Trompete.)

altde Santo: Ein Teil meiner Werke sind zur Zeit im O-Tonpiraten-Café in der Kulmerstraße ausgestellt. Dieses Café ist allerdings nur aber am Wochenende geöffnet, da dann die Veranstaltungen laufen. Die Vernissage fand am 6. Juli statt.

turus.net: Und wie war die Resonanz? Kamen viele Leute?

de Santo: Ja. Einige Freunde, Bekannte, und auch überraschender Besuch. Fremde kamen natürlich auch.

turus.net: Und wie haben die Leute von der Vernissage erfahren?

de Santo: Einige waren Besucher des Theaters. Die Vernissage wurde im Vorfeld angekündigt. Vor Ort und auf der Webseite.

turus.net: Wie war der Kontakt zum O-Tonpiraten-Café entstanden?

de Santo: Die Kuratorin ist eine alte Freundin, die gar nicht wusste, dass ich Kunst mache. Ihr gefielen die Collagen, doch sie dachte zuerst, dass die gar nicht von mir sind. Erst nach und nach stellte sie die Zusammenhänge her. Das war witzig. Wir kamen dann ins Gespräch, ich habe ihr eine Mappe mitgebracht, und diese hatte sie sogleich behalten.

turus.net: Wer hatte die Auswahl getroffen? Ihr beide gemeinsam?

de Santo: Nein, nur ich. Die Auswahl ist ein Querschnitt der Arbeiten der letzten zehn Jahre. Sowohl alte als auch neuen Arbeiten. Manche im Original, manche als Fotoabzug.

turus.net: Und wie war die Resonanz?

de Santo: Manche haben mich nach der a priori gefragt. Dazu muss ich sagen, ich mache einfach, ich plane vorher keine Collage. Ich wurde sogar in Verbindung mit Salvador Dali in Verbindung gebracht. Erstaunlich. Ich mag ihn allerdings nicht sonderlich, obwohl er natürlich ein großer Künstler war. Erstaunlich, was die Besucher so alles in Verbindung gebracht haben.

turus.net: Ja, nicht schlecht. Und gibt es sonstige Neuigkeiten?

de Santo: Ich werde einen Türkisch-Kurs besuchen!

turus.net: Im Ernst? Kein weiterer Spanisch-Kurs mehr?

de Santo: Ich habe so viele türkische Kollegen und Freunde, und vielleicht wird es ja mal was mit einer Galerie in Istanbul. Die Reaktionen in meinem Umfeld sind völlig unterschiedlich. Manche sind total irritiert. Klar, ist die Türkei nicht unproblematisch, doch die Türken fahren total auf Deutschland ab. Eine deutsche Frau wurde dort sogar ein Telenovela-Star! Vielleicht bekomme ich ja in der Türkei ein neue Chance, wer weiß...

turus.net: Lateinamerika hast du aber auch weiterhin nicht aus dem Auge gelassen?

de Santo: Ist momentan bei mir nicht wirklich ein Thema. Aus dem Auge gelassen habe ich Cuba und Brasilien nicht, doch zur Zeit gibt es keine konkreten Pläne.

turus.net: Ich habe vorhin dein Gedicht über Marrakesch gelesen. Kann es sein, dass die arabische Welt deine neue Faszination ist? Nach Indien, Afrika , Lateinamerika nun der Hauch des Orients?

de Santo: Ich mag das orientalisch-afrikanische. Der Übergang. Das dortige Kunsthandwerk. Die Bildwerke, die Ästhetik. Die arabische Schrift. Ähnlich wie die japanische und chinesische Schrift sind die arabischen Schriftzeichen eine große Kunst. Der Übergang in Nordafrika ist faszinierend, die Berührung der arabischen und schwarzen Kultur. Die dortigen Schnittstellen. Wirklich Faszinierend.

(Die erste Collage ist fertig, nun kniet der Künstler auf dem Boden und schneidet an seinem nächsten Werk...)

turus.net: Wie viele Stunden pro Woche widmest du dich derzeit der Kunst?

de Santo: Manchmal schneide ich Sachen nur aus. Mal bin ich im Fluss. Dann entsteht sehr viel. An manchen Tagen acht Stunden lang. Fünf Collagen in drei Stunden. Heute zwei. Aber es gibt auch Tage, da passiert gar nichts. Plötzlich entsteht was. Mal geht nix. Mal einfach nur rausgehen, nach Zeitungen stöbern. Übrigens ein teures Unterfangen. Apropos. Falls kluge Bemerkungen kommen, guck mal im Altpapier. Fakt ist, im Altpapier befindet sich meist wirklich nur altes Papier. Hochwertige Dinge muss man sich woanders besorgen. Aber auch im Internet kann man nach Hintergründen stöbern.

turus.net: Hast du eine Vorstellung, wie viele Collagen bereits entstanden sind?

de Santo: Viele, wirklich viele. Zahlen kann ich nicht nennen. Viele hatte ich als Original verschenkt.

(Auf dem Boden liegt die Zeitschrift Landlust)

turus.net: Du arbeitest viel mit kräftigen Farben. Eine neue Lebenslust?

de Santo (lacht): Neee, ick mag Blumen.

turus.net: Früher waren es doch eher mystische Sachen.

de Santo: Das bleibt auch so. Nur muss man jetzt häufiger genauer hinschauen. Es gibt in meinen Werken viele verstecket Andeutungen.

turus.net: Ist das eine Entwicklung, dass du jetzt mehr versteckst?

de Santo: Das hat sich so ergeben. Ein Mitbringsel aus meinem Studium. Es hat sich wirklich einiges geändert. Proportionen, Aufbau, Hintergrund, Vordergrund. Ich achte jetzt mehr auf Farben, die Korrespondenz der Farben. Ich habe früher weniger auf solche Dinge geachtet. Ich mache das jetzt seit zehn Jahren. Logisch, dass ich jetzt anders rangehe.

turus.net: Aber nur mit einem Bildbearbeitungsprogramm zu arbeiten, das ist nicht dein Ding, oder?

de Santo: Ich arbeite lieber mit Papier. Bezug. Schneiden. Sinnliches. Virtuelle Collagen kann man nicht vergleichen. Vielleicht hat das mit der Generationen zu tun. Ich bleibe beim Papier. Es ist halt eine andere Arbeitsweise. Ich brauche Zeitungen. Der Nachteil: Viele Ordner, Stapel, Kisten, Schnipsel...

turus.net: Das war doch immer ein wichtiger Punkt. Die Suche nach einem Atelier, nach Räumlichkeiten. Ist das noch aktuell?

de Santo: Ja, immer noch. Ich brauche ja nicht so viel Raum. Wer ein paar Quadratmeter Platz hat, der kann sich gern bei mir melden. Und hier noch der aktuelle Text, der über die Weiten des World Wide Web seine Leser finden kann...

turus.net: Vielen Dank für das Gespräch!


Marrakesch

(Von Sugar de Santo)

im Schatten der Straßencafés, ein Schaufenster für das leichte Leben á la Marocaine,
der Pfefferminztee kommt in zilisierten Silberkännchen – ein Bazaar aus Düften und Farben, Zucker und Datteln versüßen das Leben –
ein roter Teppich aus Gefühlen der Erinnerungen: Ein Riat der Liebe.

Verkündigung prophetischer Geheimnisse: ein Berber erzählt,
gepriesen Sei sein Name! Von Geschichten aus tausendundeiner Nacht.

Kinder spielen, lachend und sorglos, in dämmerigen, verwinkelten Gassen –
Ein Labyrinth gemauerter Vergangenheit – Mosaiksteine gebrannter Zeit.

Am Meer, im Hafen, tragen Möwen die Liebesschwüre und Gesichte weit hinaus zum Horizont. In den Buchten liegen Holzskelette wie gestrandete Wale; und der Atlas stämmt sich himmelwärts -----


> zur Webseite des Künstlers: www.collagen-berlin.de

> zur facebook-Seite von Collagen Kunst Berlin

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