Fernsehen am Nachmittag: Ein Programm nur für Arbeitslose und Blöde?

Wer nachmittags um 14:30 Uhr in die Glotze schaut, ist entweder arbeitslos, von Langeweile geplagt oder einfach nur selber schuld. So sagt man. Was fällt einem ein, wenn man ans TV-Programm im Zeitraum 12 bis 16 Uhr denkt? Abgedroschene Serien, schrecklich dumme Talkshows, aber auch Wirtschaftsnachrichten am laufenden Band und Kinderfernsehen. Oder nicht? Einfach mal getestet, was gegen halb drei so läuft. Glotze an, auf die Couch. Noch ein kühles Blondes?! Nein, lieber nicht. Tee tut es auch. Na dann mal los.

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Fangen wir mal nicht ganz so bitter an. 3sat. „Überleben in Schnee und Kälte“. Paarung der Frostspanner. Die Tarnung der Schmetterlingspuppen. Der meisterhafte Blick der Blaumeisen. Natürliches Frostschutzmittel der Zitronenfalter. Gar nicht mal so uninteressant. Weiter geht´s!
Auf ZDF info werden gerade die Wasserleitungen der Römer gezeigt. Blei im Trinkwasser? Hirnschäden bei erhöhtem Bleigehalt im Blut des Menschen. Der Bogen wird gespannt zu Bleischürzen, die Brust und Bauch bei Strahlung schützen. Durchaus sehenswert.

Bitter wird es auf Sat1. „Zwei bei Kallwass“. Meine Güte, die Angelika ist noch immer am Start? Worum geht´s? Von wem ist das Kind? Ein Klassiker. Jedoch kommt sogleich die Werbung. Ein Handtuchset für 29,95 Euro. Weiter zu Pro7. „Scrubs – die Anfänger“. Noch nie davon gehört. Irgendjemand steht auf einem Leuchtturm auf den Bahamas, dann gibt es Cocktails für paar Ladys in einem Bett. Hm, eine typische US-amerikanische Serie. Nicht gerade sehenswert, aber auch nicht wirklich schlimm.
„Du machst mich so heiß!“, flüstert eine Frau einem Mann ins Ohr. Oha! Wo sind wir gelandet? Bei „Two and a Half Men“. Leichte Kost in 4:3 mit 80er-Jahre-Hintergrundlachen. Knöpfchen drücken und weiter zu N24.

Auf N24 läuft ein echter Klassiker. „Zukunft ohne Menschen“. Eine wirklich sehenswerte Dokumentation, die aus mehreren Teilen besteht. Was bleibt, wenn der Mensch von einem Tag zum anderen von der Erde verschwinden würde? Steht ein Kühlturm eines Atomkraftwerks auch noch nach 500 Jahren? Und 1.500 Jahre nach den Menschen. Zum Beispiel ein Blick auf die Niagarafälle. Ich könnte hängenbleiben, doch einerseits habe ich diese Doku bereits nachts gefühlte zehnmal gesehen, zum anderen will ich schauen, was woanders so hübsches läuft.
Eurosport. Skilanglauf FIS Weltcup. Kann man nichts gegen sagen. Auf Eurosport 2 läuft die U15 Copa America. Nur blöd, dass dieses Programm hier nicht empfangen wird. Eine ganz andere Welt ist auf dem Kanal von tv.berlin zu sehen. Derzeit läuft eine Dauerwerbesendung. Presseinsätze für Travel Mugs. Mugs? Prima, mal wieder eine englische Vokabel aufgewärmt. Aber 24,99 Euro für diesen Becher inklusive Einsatz? Ein prima Weihnachtsgeschenk? Na, ich weiß nicht. Knopfdruck.

„Frank, der Weddingplaner“ läuft gerade auf SIXX. Worum geht´s? Auf Anhieb nicht sofort erkennbar. Lockenwickler. Ein Föhn. Ein Spiel. „Föhn dich schön!“ Oha. „Die Gäste hätten daran auch Spaß...“, meint die zukünftige Braut. Weiter zappen!
„Clever smoke!“ Eine Dauerwerbesendung im Mediashop. „Überall rauchen. 100 Prozent Genuss.“ Mit LiPoly-Akku im gratis Etui. Für schlappe 69,90 Euro. Fünf Aromadepots Vanille gratis. „Sie sparen noch einmal 30 Euro!“ Würde nicht ein guter Freund auch „elektronisch rauchen“, könnte ich nicht glauben, dass sich das ein echter Tabakfreund antut. Plötzlich singt Rihanna. Was ist nun los? Plötzlich läuft auf dem Kanal Music1. Als Radioersatz am Nachmittag gewiss durchaus eine echte Alternative.

„Hinterm Sofa an der Front“ wird auf RTL II ausgestrahlt. 16:9, aber immer noch dieses alberne Hintergrund-Gelächter. Hier wird auch gerade geföhnt. Na, wer sagt´s denn. Der Kreis schließt sich. Homophob. Schwul. Zu einem Jungen bekennen. Mein kleiner Spatz. Blindfisch. Von der Seele reden. Diese Schlagworte fallen. „Ich bin schwuuuul“, mit diesen Worten kommt prompt ein Jüngling mit strahlenden Augen herein. Dann kommt Werbung.
Auf Super RTL dudelt gerade ebenfalls Werbung. Zugeschnitten auf unsere Jüngsten. Schneewittchen als Puppe. Pokemon als neues Spiel. Mario kommt auch prompt. „Mit neuen Herausforderungen in 3D“. Ui, ui, ui.
„Verklag mich doch!“ Auf Vox wird gerade auf eine andere Sendung, die am Montag ausgestrahlt wird, geworben. Da weitere Werbespots laufen, fix mal weitergezappt.
Und nun zu einer echten Perle. RTL. „Verdachtsfälle“. Klassisches Reality-TV. Ich höre nur: „Ich scheiß auf deine Sonnenbrille!“, „Dieser Ingo, ey!“, „Ich ruf die Bullen!“, „Die Pfeifen hatten gut reden...“

Und beim RBB? „Planet Wissen“. Durchaus ein Wohltat. Worum es geht? Um die Jahreszeiten, um Helligkeit, Hormone, den gesunden Schlaf.
Bei EinsExtra Aktuell geht es dagegen in einem Kurzbeitrag um eine italienische Frau, die tapfer gegen Steuerhinterziehung kämpft. Und schon kommt die Tagesschau in hundert Sekunden. Die Themen: Die Anschläge der Rechten in Deutschland, die Proteste in Ägypten, der Machtwechsel in Spanien, die Vereitlung eines Terroranschlags in New York und ein Prozess gegen einen Anführer der Roten Khmer. Zum Abschluss das Wetter.
Im Ersten begann soeben eine weitere Folge von „Sturm der Liebe“. Die Geister scheiden sich. Für manch einen purer Kitsch, für andere ein Grund, die Heimarbeit kurz zu unterbrechen.
Phoenix ist dagegen „vor Ort“. Beim „Festakt 200 Jahre Krupp in der Villa Hügel“ in Essen. Eine aufgezeichnete Zusammenfassung. Es spricht der Bundespräsident Christian Wulff. Er lobt die Firmengeschichte von Krupp. Nicht unerwähnt bleibt das düstere Kapitel während der Zeit des Nationalsozialmus in Deutschland.

Und für unsere Kleinsten? „Durch die Wildnis“. Jugendliche suchen das Abenteuer auf einem Gletscher. Fernsehen für etwas größere Kids. Zeichentrick für die Minis kommt erst wieder später am Nachmittag.
„Schön durchschwenken...“, meint ein Koch und rührt fix durch. „So fertig...“ Kochen im ZDF. „Topfgeldjäger“ von 15:05 Uhr bis 16 Uhr. Ein weiblicher Studiogast soll mal kosten. Wenn´s nicht schmeckt, einfach ausspucken. Glücklicherweise mundet es der Studentin. Sie lacht und will sogleich den Spinat kosten. Locker, flockig geht´s zur Sache, Das Publikum im Studio applaudiert.
Zum Abschluss noch ein weiterer Sprung zu 3sat. Soeben endet die Doku „Reinhold Messner – Grenzgänger zwischen Berg und Eis“. Erstausgestrahlt wurde sie bereits im September 2004. Es folgt ein Film über die „größte Lawinenkatastrophe der Welt“, erstmalig ausgestrahlt 2010. Worum es hierbei geht? Um 13 Lawinen, die 1954 das Dorf Blons in den Alpen vernichteten. Prädikat: Absolut sehenswert!

Fazit: Ich bin positiv überrascht. Das Fernsehprogramm am Nachmittag ist mittlerweile weitaus besser als sein Ruf. Für jeden ist etwas dabei. Und ich lasse mal gleich den Film auf 3sat laufen...

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