Schweizer Machtkampf: Nationalbank, Schwarzgeld und das Bankgeheimnis

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Zürich im WinterEines ist klar: Das Schweizer Bankwesen zählt zu den bedeutendsten der Welt. Allerdings kommt derzeit das Bankwesen in der Alpenrepublik nicht aus den Schlagzeilen heraus. Während sich in Deutschland die Medien auf den Bundespräsidenten Wulff eingeschossen haben, nahmen die Schweizer Medien den Chef der Nationalbank ins Visier. Während Wulff sich auf einen aussichtslosen Kampf eingelassen hat, ist Philipp Hildebrand schon weg. Doch die Geschichte bleibt undurchsichtig. Offenbar wurden die Beweise, die gegen Hildebrands gerichtet waren, manipuliert.

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Philipp Hildebrand hat mächtige Feinde. Der ehemalige Investmentbanker und heutige Chef der Schweizerischen Nationalbank hat die Banken an die Kandare genommen und dafür hassen sie ihn. Durch stärkere Regulierungen und höhere Eigenmittel soll zukünftig verhindert werden, dass bei einer Bankenpleite der Steuerzahler die Bank retten muss. Doch das schlägt auf den Gewinn der Banken und wirkt sich somit auf die massiv überhöhten Löhne und Boni der Banker aus und da verstehen diese keinen Spass.

Euro-GeldscheineDie Banken, die dank dem Bankgeheimnis mächtig, fett und faul wurden, stehen unter Druck. Zwar haben sie es wieder geschafft, Deutschland und Grossbritannien um den Finger zu wickeln. Diese Staaten haben sich mit der Schweiz auf eine sogenannte Abgeltungssteuer geeinigt. Die Banken zahlen dabei im gewissen Sinn einen Ablass, einen bestimmten Milliardenbetrag an diese Staaten. Dafür wird das Schwarzgeld weissgewaschen. Die ausländischen Steuerfluchtgelder werden so legalisiert. Die beiden Staaten verzichten also darauf, ihre Steuersünder zur Rechenschaft zu ziehen. Die Gelder bleiben auf Schweizer Konten. Nun sind sie einfach legal dort und nicht mehr illegal. Das Dumme für die Banken ist nur, dass die USA davon nichts wissen will.

Die renommierte St. Galler Privatbank Wegelin besitzt weltweit einen guten Ruf. Ihr Chef ist landesweit bekannt. Seine Ansichten sind klar. Zukünftig wird die Schweiz ein sauberer Finanzplatz sein, wir wollen nur noch „weisses“ Geld. Das Bankgeheimnis sei nicht verhandelbar. Und natürlich die dazugehörigen Floskeln. Jeder Franken an den Staat sei ein herausgeworfener Franken und er verstehe einfach nicht, wieso Geschäftspraktiken, die früher reibungslos funktionierten, heute illegal sein sollen. Das zeigt nur das mangelnde Verständnis der Banker. Ihre Praktiken mit der Beihilfe zur Steuerflucht waren noch nie legal – nur bissen sich die ausländischen Steuerbehörden an der Schweiz die Zähne aus.

Während der Finanzkrise geriet die Bank UBS ins Taumeln und musste vom Steuerzahler gerettet werden. Damals rettete die Politik mittels Rechtsbruch deren Manager vor einer Anklage. Der Preis dafür war sehr hoch. Die Schweiz lieferte Kundendaten von US-Steuerflüchtlingen der UBS an die USA aus – und verstiess somit gegen das Bankgeheimnis. Die USA haben daraus gelernt. Man muss nur genug Druck auf die Schweiz ausüben, dann kooperiert sie. Heute wissen wir, dass dies erst das erste Gefecht war, um die Schweiz sturmreif zu schiessen. Denn durch diese Daten erhielten die USA tiefen Einblick in die Mechanismen der Steuerflucht. Das Vorgehen der USA ist clever und aus meiner Sicht keineswegs stossend. Sie haben Banker bei der Ausreise festgenommen und verhört. Die Banker kooperierten um einem hohen Strafmass zu entgehen, denn die Beweise gegen sie waren erdrückend. Dadurch wissen wir auch, wie durchtrieben die Banken sind.

UBS-BankEigentlich ist es unfassbar. Nachdem die USA die UBS zwang, Kundendaten herauszurücken und der Staat für die Bank den Kopf hinhielt, da haben die Banker ihre Lektion gelernt: „Mach nur so weiter, wir kassieren weiter fett ab und sobald es Probleme gibt, haut uns der Staat raus!“ US-Vermögen wurden nun von der UBS an andere Schweizer Geldinstitute verschoben, obwohl diese Banken wussten, dass der Zorn der USA furchtbar sein wird. Als einer der fleissigsten UBS-Steuerflüchtlingsgeldersammler hat sich die St. Galler Privatbank erwiesen. Sie wird wohl nicht darum herumkommen, die Kundendaten den USA auszuliefern und damit gegen das Bankgeheimnis zu verstossen.

Doch so einfach ist das nicht. Denn ein Verstoss gegen das Bankgeheimnis ist eine schwere Straftat. Es ist klar, dass der Staat die Banken raushauen wird, damit die Banker nicht wegen Verstoss gegen das Bankgeheimnis ins Gefängnis müssen. Notabene der Staat, von dem die Banker finden, dass jeder Franken an diesen herausgeworfenes Geld ist. Die Bank Credit Suisse hat es noch cleverer gemacht. Sie hat einen Teil der US-Schwarzgelder an Kantonalbanken abgegeben, welche offenbar das Geld gerne angenommen haben. Kantonalbanken gehören den Kantonen. Somit wird wohl der Steuerzahler die zu erwartenden hohen Strafgelder den USA bezahlen müssen. Und die Banker wollen noch mehr. Sie finden es gemein, dass sie, unbescholtene Bürger natürlich, nicht mehr in die USA reisen dürfen, aus Angst festgenommen zu werden. Daher soll die Schweiz einer Lösung bei der Steuerfluchtproblematik nur zustimmen, wenn die Vertragspartner, also Deutschland oder die USA zustimmen, dass zukünftig kein Banker für vergangene Beihilfe zur Steuerflucht zur Verantwortung gezogen werden darf. Es liegt auf der Hand, dass Wolfgang Schäuble davon nichts wissen wollte.

Christoph Blocher ist ein zorniger alter Mann, mittlerweile 71. Der Politiker und Unternehmer, der mit dem Aufkauf, Zerstückelung und Ausweiden von gesunden Schweizer Firmen – mit dem entsprechenden Verlust von Arbeitsplätzen - ein Milliardenvermögen angehäuft hat, ist der unangefochtene Chef der Schweizerischen Volkspartei (SVP). Er, der sich als Retter der Schweiz sieht, trieb jahrzehntelang seine politischen Gegner vor sich her und erreichte, dass die SVP die stärkste politische Kraft im Lande wurde. Sein politischer Höhepunkt erreichte er zweifelsohne, als er vor acht Jahren zum Bundesrat gewählt wurde. Doch der anschliessende Fall war tief. Denn vor vier Jahren wählte das Parlament Blocher völlig überraschend aus dem Bundesrat ab. An seine Stelle trat Frau Widmer-Schlumpf, mittlerweile die Finanzministerin. Die Abwahl hat Blocher nie überwunden. Er und seine Anhänger hassen die „Verräterin“ Widmer-Schlumpf, denn sie hätte aus deren Sicht die Wahl nicht annehmen dürfen. Voller Zorn bekämpfen sie seither Widmer-Schlumpf mit allen Mitteln. Bei den Wahlen 2011 hat die SVP das halbe Land mit ihren Plakaten zugepflastert und den teuersten Wahlkampf aller Zeiten geführt. Doch Blochers Stahlkraft ist verglüht. Er zieht nicht mehr. Die SVP erlebte eine furchtbare Wahlschlappe. Der innere Kern der SVP wird von Blocher-Jünger besetzt, die behaupten, noch die wahren Werte der Schweiz zu vertreten und sie mit allen Mitteln zu verteidigen. Sie sind bösartig, hässlich und - Zufall oder nicht - oft aus dem Kanton Zürich. Zu diesen Werten gehört aus ihrer Sicht auch das Bankgeheimnis. Dies wohl auch deshalb, weil der SVP immer wieder nachgesagt wird, dass sie den Banken sehr nahe steht. Zum „Konglomerat SVP“ gehört auch ein Internet-Fernsehsender, „Blocher-TV“ und eine Wochenzeitung, die „Weltwoche“. Ein Revolverblatt, dass streng Blochers Prinzip folgt: Wer gegen mich ist, muss mit allen Mitteln bekämpft werden und das tut die Weltwoche. Sie hat schon manchen Politiker zu Fall gebracht. Die anderen Medien freuen sich über jeden „Skandal“ um ihre Auflagen zu erhöhen. So auch im Falle Hildebrands.

Schweizer FlaggeMan kann es kaum mehr hören. Jede TV-Sendung, jede Zeitung, überall wird die Affäre Hildebrand seit Tagen breitgeschlagen. Niemand zweifelt an der Fähigkeit Hildebrands. Er gilt international als einer der fähigsten und profiliertesten Finanzexperten. Die Schweiz ist in erster Linie dank ihm relativ glimpflich durch die Finanzkrise gekommen. Denn während Politik und Finanzplatz von der Krise völlig überrumpelt wurden, war er vorbereitet und hatte einen Plan ausgearbeitet. Gestolpert ist er nun über seine Frau, ebenfalls eine ehemalige Investmentbankerin, Multimillionärin und Amerikanerin. Und während ihr Gatte die Währungsspekulation bekämpfte, kaufte und verkaufte sie fleissig Währungen und das alles über das Konto ihres Mannes. Man kann erahnen warum. Jeder US-Bürger, egal wo er lebt, muss den USA Steuern abliefern. Auf dem Konto ihres Mannes ist es vor dem US-Fiskus sicher. Als ihr Gatte verkündete, dass ab sofort die Nationalbank den Kurs des Schweizer Franken gegenüber dem Euro von rund 1 Fr. Auf 1.20 Fr anheben werde, da bekam sie wohl das Jucken und so verkaufte sie ihre Dollar wieder, die sie kurz zuvor gekauft hatte und verdiente so schmucke 75'000 Franken – mehr als mein Jahresgehalt. Die Rolle ihres Gatten ist dabei unklar. Diese neue Managergeneration, ausgebildet in Harvard, Oxford und an der HSG, nimmt auf gesellschaftliche Interessen keine Rücksicht mehr. Im Gegenteil. Nimm soviel du dir nehmen kannst und zahle so wenig Steuern wie möglich.

Wie kamen die Finanztransaktionen von Hildebrands Frau überhaupt an die Öffentlichkeit? Ein Mitarbeiter der Bank Sarasin, dort liegt Hildebrands Konto, gab die Daten der SVP weiter – ein klarer Verstoss gegen das Bankgeheimnis. Diese landeten schnell bei der Weltwoche und kamen so an die Öffentlichkeit. Die Verfechter des Bankgeheimnisses, die Deutschland wegen der Verwendung bei Banken gestohlener Kundendaten von Steuerflüchtlingen auf's Schärfste attackierten, haben wenig Skrupel, selber gestohlene Bankdaten zu verwenden, um ihre politischen Gegner zu stürzen. Den Hildebrand arbeitete eng mit Widmer-Schlumpf zusammen. Sie ist natürlich das eigentliche Ziel Blochers. Die Affäre wird die Weltwoche natürlich köchern lassen. Sie werden versuchen, es zur Affäre Widmer-Schlumpfs zu verwandeln. Dafür nehmen die selbsternannten Retter der Eidgenossenschaft in Kauf, dass sie Nationalbank und die Schweiz destabilisieren, nur um sich an ihren Gegnern zu rächen.

Das Ganze artet nun zur Schlammschlacht aus. Denn die Beweise, welche die Weltwoche vorlegte, waren offenbar manipuliert. Die SVP-Mitglieder, die an dem Datenklau beteiligt waren, schieben sich gegenseitig die Schuld zu. Das ganze könnte sich für die SVP zum Boomerang entwickeln. Die Bevölkerung hat genug von den diversen Kleinkriegen, die die SVP führt, schliesslich hat das Land genug andere Probleme und hier ist man ärgert sich über Ton und Stil der Blocher-Partei. Und: Beteiligte, welche die gestohlenen Bankdaten weiterreichten und verwendeten, müssen nun mit einer Strafe rechnen, denn der Verstoss gegen das Bankgeheimnis wird hier wesentlich härter geahndet als die Steuerflucht. Christoph Blocher wird das nicht gross kümmern. Er wird nicht ruhen, bis er Bundesrätin Widmer-Schlumpf „erlegt“ hat.

> zum turus-Artikel: Die UBS-Posse geht weiter ... 

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