Hat man im sozialen Netzwerk Facebook 300 Freunde, so hat man schnell 100.000 Freunde von Freunden. Ist man zudem Mitglied in ein paar großen, hoch frequentierten Gruppen, so gibt es täglich immer wieder Überraschungen auf der Startseite. Plötzlich sieht man kuriose und auch erschreckende Dinge von Leuten, die man gar nicht kennt. Der Grund: Einer der Freunde wurde bei dem entsprechenden Posting aktiv oder in einer Gruppe wurde etwas auf der Pinnwand veröffentlicht. Wird ein Beitrag oder Foto noch zigmal geteilt, so machen manche Mitteilungen schneller die Runde im Netz als man denkt.
Gruselkabinett: Nehmen Spam und Propaganda bei Facebook zu?
Ist man täglich im world wide web auf Achse, so erschreckt einen nichts mehr so schnell. Jedoch gibt es bei Facebook ab und an veröffentlichte Fotos oder Meldungen, die einem einen eiskalten Schauer den Rücken runterlaufen lassen. Bei Facebook lässt sich so ziemlich für alles Propaganda machen. Für Pyrotechnik, gegen die Polizei, gegen Kinderschänder, für den zivilen Ungehorsam, gegen den Fluglärm, für den Aufstand der Armen in Griechenland, gegen Rechtsradikalismus, gegen die Antifa, und und und.
Apropos Kinderschänder. Eigentlicher Anlass dieses Artikels war ein bei Facebook gesehenes Foto. Eine erschreckende Aufnahme, die man in der Form eigentlich nur aus unzensierten Berichten über all die Bürgerkriege in Afrika zu sehen bekommt. Ein Screenshot vom Display eines Smartphones. Zu sehen sind zwei Fotos von einem Mann. Eine Totale und eine Nahaufnahme. Ein toter Mann, vermutlich aus Südasien, dem seine abgeschnittenen Genitalien in den Mund gestopft wurden. Unten im Genitalbereich eine klaffende Wunde. In der Totale sind am oberen Bildrand zwei Hände und eine Kamera zu sehen. Mit dieser wurde anscheinend die Nahaufnahme angefertigt. Wer macht so etwas? Wer fotografiert so etwas? Und vor allen Dingen: Wer postet so etwas bei Facebook?! Nicht zu vergessen: Entweder der Urheber selbst oder jemand anderes hatte unten hinzugefügt: „Scheiß Kinder***! Das sollte man mit jedem Kinder*** machen wie bei sons of anarchy!“ (Eine US-amerikanische Serie über einen fiktiven Motorradclub)
Durchaus gibt es auch Fotos, Zeichnungen und Comics, die witzig anzusehen sind. Ein Beispiel: „Anzeichen, ob deine Katze plant dich zu töten!“ Oha! „Exzessives Schaufeln von Katzenstreu? – Das ist eine Übung, um Körper zu vergraben!“ Ganz fix wurde diese Illustration bei Facebook bereits 1.056-mal geteilt. Und das allein von der Gemeinschaftsseite „Niveau wird nicht in kleinen blauen Dosen geliefert“ aus. Nächstes Beispiel: Ein Kaffeeautomat mit einem Aufkleber des FC Schalke 04 drauf. Auf dem Display ist die Fehlermeldung zu sehen: „Schale fehlt!“
Witzig auch durchaus die Bilderserien: „I am an journalist“ und „I am an actor“. Jeweils sechs Bildchen bzw. Ansichten: „What my friends think I do.“, „What my mother thinks I do.“, „What society thinks I do.“, „What othet actors / journalists think I do.“, „What I think to do.“ und „What I really do“. Zurück in der Realität. Der Journalist sitzt gestresst im Großraumbüro, den Hörer am Ohr geklemmt, die Finger auf der Tastatur. Der Schauspieler legt den Kopf auf den Tisch und schaut sehnsüchtig auf das knallrote Telefon.
Nicht immer sind die Illustrationen und Meldungen so harmlos wie diese. Sexistische, pornographische Fotos und Zeichnungen, politisch extreme Parolen, Hass schürende Aufrufe. Niemand weiß, wer genau diesen Spam und diese Propaganda ins Netz stellt. Manches verbreitet sich fixer als man denkt. Hier ein Kommentar gesetzt, dort vorschnell in „gefällt mir“ geklickt, und schon wieder nehmen ein paar hundert Freunde von Freunde Kenntnis davon. Die „neuesten Meldungen“ auf der Startseite rauschen herein wie bei einem Ticker einer großen Nachrichtenagentur. Oben rechts in der Spalte laufen die Meldungen der aktuellsten Aktivitäten der Freunde durch. „Der wahre Grund für die Katastrophe der Costa Concordia...“.
Dann ein Kommentar zu einem Foto von zwei alten Frauen aus Kurdistan. Wer ist diese Person, der dieses Foto reingestellt hatte? Kenne ich nicht. Aber schau an, er ist ein „Freund von mir“. Ein irakischer Filmemacher, der in London wohnt?! Nur der Wind weiß, wie diese Person in der Freundesliste gelandet ist. Dann schon wieder so ein Fall. Ein CD-Tipp. Von einer unbekannten Person. Ganz klar, die Freundesliste muss ausgemistet werden!
Als nächstes tickert ein Gruß zum Valentinstag herein. Und noch ein Bild mit drei Luftballons hinterher. Etwas Balsam für die Seele. Mal was Nettes. Ohne Hintergedanken.
Eine Meldung warten wir noch ab. Dann ist hier aber Schluss! Jemanden gefällt ein Link von jemanden, der wiederum von jemanden den Link geteilt hat. Verrückte Welt...
Anmerkung: Die ganz üblen Fotos sind inzwischen wieder verschwunden. Die Webmaster von Facebook scheinen am Ball zu bleiben. Eins ist jedoch klar: Die nächsten Schocker kommen wieder – und zwar verstärkt abends...
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