Die Begeisterung hielt sich bei vielen in Grenzen. Wieder mal Futter für dauernörgelnde Berliner. Willkommen in der neuen Bahnhofshalle des S-Bahnhofs Berlin-Ostkreuz. Seit dem Montagmorgen rollt wieder zwischen Neukölln und Schönhauser Allee die Ringbahn. Kein Schienenersatzverkehr mehr in vollgestopften Bussen auf ebenso vollgestopften Straßen. Und: Am Ostkreuz kein zugiges Warten mehr zu später Stunde. Die S-Bahnzüge der Berliner Ringbahn halten nun in der großen neuen Bahnhofshalle, die auf den ersten Blick der des Bahnhofs Südkreuz ähnelt. Grund genug, mal gleich eine Ortsbegehung zu machen.
Neue Bahnhofshalle Berlin-Ostkreuz: Grau, ja grau ist alles was ich sehe
Große Überraschungen gab es nicht. Schließlich konnte man vom Nachbarbahnsteig stets die Baufortschritte beobachten. Einen netten Eindruck machen die seitlichen Glasfassaden. Die Fenster wirken modern und zeitgemäß. Das war´s dann aber auch schon. Wohin das Auge sieht: Grau, grau, grau und nochmals grau. Graues Dach, graue Stützkonstruktionen, grauer Boden, graue Geländer, graue Häuschen, in denen bald Kioske und Imbisse öffnen werden. Was befürchtet wurde, ist nun eingetreten. Kein Mut zu ein bisschen Farbe. Weshalb eigentlich nicht? Warum wurde die einmalige Chance vertan, am Ostkreuz einen echten Farbtupfer zu präsentieren? Wenn schon nicht von außen, dann doch wenigstens innen?!
Im direkten Vergleich zum Ostkreuz wirkt die Bahnhofshalle am Südkreuz geräumiger, luftiger und heller. Wenn gleich es dort auch keine Farben zu bewundern gibt. Ein Kopfschütteln kann durchaus das Dach der Bahnhofshalle am Ostkreuz verursachen. Eine Art Wellblech dunkelt die Halle enorm ab. An dieser nicht gerade freundlichen Deckenkonstruktion baumeln Lampen, die eher an eine Werkshalle erinnern. Der Begriff „Kälte“ konnte im Laufe des Tages häufig vernommen werden. Sicherlich ist die Inneneinrichtung der Halle noch nicht komplett fertig. Kioske und Imbisse werden für kleine Farbtupfer sorgen, doch der Bahnhof als solches bleibt, was er ist: Einfach nur traurig. Eine junge Frau, die dort heute Mittag das erste Mal umstieg meinte sogar, diese Halle mache sie depressiv.
Etwas ratlos schlenderten mittags einige Männer umher, die mit ihren Fotokameras auf der Suche nach interessanten Motiven waren. Der Blick nach vorn und hinten überraschte dagegen mehr. Neue Gleise auf ihrem neuen Bett. Nach Jahren des maroden Charmes wirkt nun dort alles sehr modern und aufgeräumt. Aufgestellte Schallschutzwände rahmen die neuen Gleisanlagen ein.
Wenn man sich das alles anschaut, wird einem klar. Das Ganze ist einfach nur praktisch. Ein schnelles, reibungsloses Umsteigen wird nun in Zukunft möglich sein. Nicht mehr und nicht weniger. Trotzdem ist es schade, dass architektonisch nicht mehr gewagt wurde. Alles eine Frage des Geldes? Allein eine andere Farbgestaltung hätte es bereits getan, denn wer um Himmels Willen mag die Farbe grau??!!
> zur turus-Fotostrecke: Ostkreuz und Berliner Impressionen