Fahrscheinkontrolle bei der Berliner S-Bahn: Die Tempelhofer Flucht über die Gleise

MB Updated
Fahrscheinkontrolle bei der Berliner S-Bahn: Die Tempelhofer Flucht über die Gleise

GeldSchauplatz Ringbahn. Berlin im Herbst. Kühle Luft und ein paar Sonnenstrahlen. Verzögerungen im Betriebsablauf. Verspätete S-Bahnzüge. The same procedure as every day? Ja, so ziemlich. Allerdings passierte dann doch etwas, was nicht jeden Tag zu sehen ist. S-Bahnhof Tempelhof. 11:35 Uhr. Zwei Kontrolleure hatten einen Schwarzfahrer aus der S-Bahn gezogen. Gewiss, nichts Außergewöhnliches in der deutschen Hauptstadt, die von manchen als Hauptstadt der Armut getitelt wird. Ebenfalls keine Neuigkeit ist der Fakt, dass die zivil gekleideten Kontrolleure in der Berliner S-Bahn meist keine „Ladies and Gentlemen“ sind.

Auf dem hinteren Ende des Tempelhofer Bahnhofs flankierten die beiden Kontrolleure den aus dem Ausland kommenden Mann. Der scheinbar aus Bulgarien stammende Schwarzfahrer zeigte eine Handvoll Papiere und alte Tickets und erklärte in gebrochenem Deutsch im bettelnden Ton seine Situation. Allerdings interessierte die Kontrolleure keine persönlichen Umstände, vielmehr achteten sie darauf, dass der Weg in Richtung Ausgang, der sich sowieso am anderen Ende des Bahnsteigs befindet, abgedeckt blieb. 

Dann passierte es. Ein eindeutiges Geräusch ließ die umherstehenden Fahrgäste aufhorchen. Ein Geräusch, dass besagte, dass Füße auf Schotter treffen. Und richtig, der Schwarzfahrer sprang auf die Gleise und rannte über die Schienen in Richtung Baracken und Lagerhäuser, die sich zwischen der Ringbahnlinie und der Stadtautobahn befinden. Schockierend gewiss der Fakt, dass jemand sein Leben bzw. zumindest seine Gesundheit riskiert, nur um Ticketkontrolleuren zu entkommen. Schockierender allerdings war die Art und Weise, mit der die beiden Kontrolleure auf die Flucht reagiert hatten. 

S-BahnHeiteres Gelächter mit einem höhnischen „So sind sie, die Bulgaren!“ Belustigt wird geschaut, wie der verängstigte Mann über die Nachbargleise hastet. „Und das wegen 40 Euro...“, merkte einer der beiden Kontrolleure an. „So ein Idiot, dort kommt doch nur die Autobahn!“ Als wenn der flüchtende Typ genaue Ortskenntnisse haben müsste. Noch einmal trampelten die Kontrolleure auf die Betonplatten des Bahnsteiges und deuteten an, als wenn sie hinterherkommen würden. Noch einmal ein kurzes Gelächter – dann war der widerliche Spuk vorbei. Nur eine Minute, nachdem der schwarzfahrende Mann von der Bahnsteigkante gesprungen war, rollte die nächste S-Bahn ein. Der Arbeitsalltag konnte weitergehen. Zwar gingen auf Grund der Flucht 40 Euro Strafgeld flöten, doch wie meinte einer der beiden? Und das wegen 40 Euro! Peanuts also. 

Schön, schön. Davon ganz abgesehen schien das Szenario niemanden wirklich interessiert zu haben. Keine Lautsprecherdurchsage. Nichts. Apropos, die nächste Durchsage vom Band kam dann aber ganz gewiss. Jedoch hatte diese wieder einen anderen Hintergrund: Wegen Verzögerungen im Betriebsablauf wird heute die S42...

> zur turus-Fotostrecke: Berliner Impressionen

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