Es wirkt wie eine Lost-Place-Tour. Wir kämpfen uns an diesem Montag entlang eines alten Steges durch ein Moorgebiet bei Greifswald. Wilde Tiere, am liebsten Schlangen, gefährliche Stellen, in denen wir versinken können. Letzteres ist eine Legende. Das funktioniert so in Mooren nicht, weiß unsere Führerin Tina. Um eine Moorleiche werden zu können, muss man schon gefesselt sein. Aber hier ist vermutlich bald sowieso Ende im Gelände. Das Kieshofer Moor ist zu trocken. Das benachbarte? Dorf hatte Probleme mit dem hohen Grundwasserspiegel, sodass das Gelände entwässert wurde. Ist dieser jedoch zu niedrig, dann kann das alte Torfabbaugebiet und heutige Moor nicht mehr Heimat für zahlreiche seltene und gefährdete Tiere und Pflanzen sein.
Wenn bei Greifswald keine Leiche mehr im Moor versinkt
Je weiter wir zum Kerngebiet vordringen, umso mehr Pflanzen sind zu sehen, die hier eigentlich nichts zu suchen haben. Wenn ihr Motten habt, dann hilft der Sumpfporst. Normalerweise wächst er hier nicht im zentralen Bereich des Moord. Doch es ist einfach zu trocken. Stattdessen wachsen vermehrt Kiefern und Birken auf, die dem Moor zusätzlich Wasser entziehen. Das ist der Knackpunkt. Werden die Entwässerungsgräben geöffnet, dann trocknet das Moor aus. Es ist ein Teufelskreis. Das andere Problem ist die touristische Nutzung. Bis 2014 gab es einen intakten Steg der in das Moor hineinführte und mit einer Aussichtsplattform endete. Dieser ist marode und an vielen Stellen schon zugewachsen. Der erste Steg, der durch das Gelände führte, liegt bereits unter den Pflanzen. Die Wiederherstellung des Steges würde viel kosten. Außerdem erweist sich die viel befahrene Bundesstraße 96 in der Nähe als ungünstig, da Touristen sie stets überqueren müssten.
Im Moment passiert nicht viel. Um das Gelände kümmert sich eine kleine Gruppe Greifswalder Studenten – der Zirkel „Jean Baptiste de Lamarck“, der im letzten Jahr Entbuschungsarbeiten vornahmen. Die tückische Ruhe ist gefährlich. Aktuell freut sich nur das hier lebende Seeadlerpaar über die Stille.
Die nächste „Baustelle“ befindet sich direkt in Greifswald. Es können nicht mehr alle Gewächshäuser der Universität betreten werden. Die Stahlkonstruktion aus dem 19. Jahrhundert ist kaputt. Seit Jahren bitten die Leiter der Gewächshäuser um Spenden. Es fehlten aktuell ca. 3.9 Millionen Euro. Nun sind sie da. Auch hier ist es ein Wettlauf gegen die Zeit.
Fotos: Michael
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