11mm Fußballfilmfestival in Berlin: Rückblick auf Programm und Gäste

MB Updated

Kino Babylon BerlinSchade, schon wieder vorbei! Solch ein Fußballfilmfestival könnte gut und gern zwei Wochen gehen. Ach was sage ich, es müsste dauerhaft ein Kino geben, in dem regelmäßig internationale Produktionen zum Thema Fußball gezeigt werden. Das Kino Babylon in Berlin-Mitte bietet sich hierfür ideal an. Aber immerhin: Vom 14. bis 19. März 2013 gab es im Rahmen des 10. „11mm Fußballfilmfestivals“ zahlreiche Dokumentationen und Spielfilme aus verschiedenen Ländern zu sehen. Publikum und Veranstalter durften in der Tat zufrieden sein. Hervorragende Filme, hochkarätige Gäste und ein neuer Zuschauerrekord sorgten auf allen Seiten für zufriedene Gesichter.

Kleff und GutendorfDass die Gäste auch wirklich hochkarätig waren, zeigte sich bereits am ersten Abend, als Trainerlegende Rudi Gutendorf, „Fußballprofessor“ Olaf Thon, „Guten Abend allerseits“-Legende Heribert Faßbender, der charismatische Ex-Nationaltorwart Wolfgang Kleff (auch bekannt aufgrund seiner Einsätze in „Otto – Der Film“ und „Werner Beinhart“) sowie der überaus beliebte ehemalige Schiedsrichter Walter Eschweiler einige Anekdoten zum Besten gaben. Die größte Aufmerksamkeit galt bei den anwesenden Gästen und Journalisten – und das wohl zurecht – dem 1926 in Koblenz geborenen Rudi Gutendorf, der Dank seiner zahlreichen internationalen Engagements im Guinness Buch der Rekorde zu finden ist. Der keineswegs müde wirkende Gutendorf gab fleißig Autogramme, trank ein Bierchen und erklärte, was sein größer Sieg in seiner schier endlosen Trainerlaufbahn war: Ein Sieg, der eigentlich „nur“ ein Remis war, sich aber trotzdem wie ein echter Sieg angefühlt hatte. Das 2:2 mit Ruanda gegen die hoch favorisierte Elfenbeinküste bei der WM-Qualifikation 2000/01.

TorZurück zum Filmfestival: Da es schließlich ein Festival und keine reine Spaßveranstaltung war, gab es Auszeichnungen in den jeweiligen Kategorien. Den Publikumspreis „Die Goldene 11“ erhielt die italienische Produktion „The Lost Word Cup“ der beiden Filmemacher Lorenzo Garzella und Filippo Marcelloni über die fiktive Weltmeisterschaft 1942. Zum ersten Mal in der Geschichte des 11mm Filmfestivals gewinnt damit keine reine Dokumentation den Publikumspreis. Überreicht wurde die Trophäe von Antonio Leal, Direktor des 11mm-Partnerfestivals Cinefoot in Rio de Janeiro, an Veronica Vargas Koch als Vertreterin von „The Lost World Cup“. Die weiteren Preise: Ausgezeichnet wurden „Fimpen – der Knirps" in der Rubrik „Bester Fußball-Spielfilm“ sowie „Maradona par Kusturica“ in der Rubrik „Bester Fußball-Dokumentarfilm“. Ein Novum gab es beim „Kurzfilmwettbewerb 11mm shortkicks“. Der deutsche Kurz-Spielfilm „Meine Beschneidung“ von Arne Ahrens und die polnische Dokumentation „The Whistle“ lagen in der Gunst des Publikums und der Jury gleich auf – somit gab es in dieser Kategorie erstmals zwei Gewinner.

UkraineWährend der sechs Festival-Tage zu sehen gab es im Babylon am Rosa-Luxemburg-Platz noch weitaus mehr großartige Produktionen. Herausgepickt werden soll an dieser Stelle der deutsche Dokumentarfilm „The other Chelsea“ von Jakob Preuss aus dem Jahr 2010. Ihm gelang eine einmalige Doku über den ukrainischen Fußballklub Schachtjor Donezk, der vom Milliardär Achmetow in die europäische Spitze gehievt wurde. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um eine reine Fußball-Doku, vielmehr portraitiert Jakob Preuss verschiedene Personen – vom örtlichen Grubenarbeiter bis zum ambitionierten Lokalpolitiker, der nebenbei gut im Business ist. Preuss verknüpft das Sportliche mit dem Gesellschaftlichen, entstanden ist aufgrund der unfassbaren Nähe zu den portraitierten Menschen eine einmalige Doku. Dass Schachtjor Donezk während der Dreharbeiten auch noch den UEFA-Cup (gegen Werder Bremen in Istanbul) gewinnen und auf dem Weg zum Triumpf sogar den Erzrivalen Dynamo Kiew ausschalten konnte, setzt dem Ganzen im positiven Sinne die Krone auf. 

UkraineSoviel Glück muss man als Filmemacher erst einmal haben. Was hätte er ohne diesen UEFA-Cup-Triumpf gemacht? Wäre der Fokus dann mehr auf das Gesellschaftliche gerichtet worden? Diese Frage konnte turus.net Jakob Preuss persönlich stellen, der bei der Vorstellung vor Ort im Kino Babylon war. Dann hätten die Meisterschaft (der Zweikampf mit Dynamo Kiew) und der Bau der modernen Donbass-Arena noch mehr im Mittelpunkt gestanden, erklärte Preuss, der seit Jahren einen persönlichen Draht zu Osteuropa und den postsowjetischen Staaten hat. Davon ganz abgesehen war es alles andere als leicht, der Produktionsleitung die spontanen „Ausflüge“ nach Moskau, Marseille und Istanbul schmackhaft zu machen. Letztendlich hatten alle gemeinsam auf das richtige Pferd gesetzt. Und Achmetow, der in der Ukraine unglaublich viel Einfluss hat? Wie fand er diese Doku? Sein Daumen zeigte nach oben – und somit durften einige Akteure der Doku aufatmen. Zudem stand einer erfolgreichen Ausstrahlung in der Ukraine nichts mehr im Wege...

Fotos: Marco Bertram, Chris Wode (Ukraine)

> zur turus-Fotostrecke: Gutendorf, Kleff und Thon beim Festival

> zur turus-Fotostrecke: Fußball in der Ukraine

 

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