Nach meinem bereits erfolgten Erstkontakt zum kenianischen Fußball, sollte dieser Tag etwas interessanter vonstattengehen. Ich tauschte Liga 2 gegen die höchste Liga des Landes und auch beim Sportareal sollten gänzlich andere Dimensionen folgen. Von 1.000 Menschen fassenden Kunstrasenplatz hin zum 60.000 Menschen fassenden, größten Stadion des Landes. Das MOI International Centre, auch Kasarani Stadium entsprechend des Stadtteiles genannt, wurde 1987 für die All-Africa Games gebaut. 2014 wurde es nach Terroranschlägen in Nairobi und Mombasa zwischenzeitlich zweckentfremdet und als „Screening Center“ genutzt. Es wurde vorübergehend sogar zu einer offiziellen Polizeistation und Strafanstalt umfunktioniert. Nun dient es allerdings wieder dem eigentlichen Zwecke, als Stätte diverser Sportveranstaltungen. Zwei Teams der höchsten Fußballliga Kenias tragen ihre Heimspiele regelmäßig darin aus. Zum einen Tusker FC und der zu diesem Zeitpunkt die Tabelle anführende Mathare United FC.
Erstligafußball in Kasarani: Der Mzungu und die Einsamkeit
Für mich passte die Partie des Tabellenführers somit perfekt in meine Planung. Wirklich viel Historisches gibt es über das Team eigentlich nicht zu berichten. Der größte Erfolg war der Gewinn der Meisterschaft im Jahr 2008 und das war es auch schon mit den Lorbeeren. Der Gast aus Westkenia, hat allerdings noch weniger gewonnen und ist erst seit der laufenden Saison in der Premier League.
Diese Konstellationen ließen nun nicht gerade ein volles Haus erwarten. Erschreckender Weise fühlte ich mich sogar sehr einsam in dem riesigen Stadion. Nur etwa 300 Zuschauer konnten sich für dieses Duell begeistern, sodass der „Mzungu“ auf den Rängen natürlich nicht nur bei den restlichen Zuschauern, sondern auch bei den Spielern auffiel. Mzungu ist in dem Fall die in Ostafrika übliche Bezeichnung für Menschen heller Hautfarbe, in dem Fall war das also ich. So richtig weiß ich immer nicht, wie man diese Bezeichnungen deuten soll. Eigentlich wirkt es schon etwas rassistisch, wenn man solche spezielle Namen für Ausländer nutzt. Böse kommt es aber in den seltensten Fällen rüber, sodass es sich wohl eher um eine eingebürgerte Bezeichnung handelt. An dieser Stelle auch egal, allerdings hörte ich es hier doch recht oft. Wahrscheinlich auch aus Verwunderung.
Spielerisch fand ich vor allem die 2. Halbzeit recht ansehnlich. Zumindest von Seiten der Hausherren. Der Gast fiel vergleichsweise wenig auf, auch wenn er in Führung ging. Wobei man das Tor etwas relativieren muss, denn ein Spieler von Vihiga hat es nicht erzielt. Das war wirklich ein ziemlich ulkiges Eigentor, was normalerweise von hämischem Gelächter begleitet werden würde. Vielleicht auch hier, nur war es bei den wenigen Zuschauern, die sich im gesamten Stadion verteilt hatten, nicht zu hören. Vihiga schaffte aber ebenfalls in Eigentor. Ausgleichende Gerechtigkeit, wenn man so will.
Das Stadion konnte mich schon begeistern, die Kulisse eher weniger, aber eine Überraschung hatte dieser Besuch noch für mich parat. Als ich in der Halbzeit an den kleinen Verkaufsstand ging, um etwas Wasser zu kaufen, kam mir ein junger Kenianer entgegen und fragte mich, ob ich Marcel sei. Nun war ich derjenige, der verblüfft drein schaute. Die Auflösung folgte aber prompt. Es handelte sich um den Neffen der Hausherrin meiner gebuchten Unterkunft. Sie wusste, dass ich dieses Spiel im Fokus hatte und so ließ es sich der Neffe nicht nehmen, mir auch einmal Hallo zu sagen. Überraschend, aber ein netter Gesprächspartner, der mir einiges zum lokalen Fußball erzählen konnte.
Damit war der sportliche Teil in Kenia bereits gelaufen. Ein wirkliches Urteil darüber kann ich mir nicht erlauben. Fußball soll auch in Kenia der Nummer 1 Sport sein, allerdings habe ich davon nichts gemerkt. Lag wohl auch an der Spiel- und Teamauswahl. Besuche bei Gor Mahia FC, dem AFC Leopards SC und vielleicht auch Tusker FC, dürften sicherlich deutlich besser besucht sein und somit ein realistischeres Fazit zum Fantreiben in Kenias Fußballlandschaft ermöglichen.
Fotos: Marcel Hartmann