„Boah, das wird echt immer mehr ein Polizeistaat! Das kannste dir echt nicht vorstellen, was wieder abging…“, wurde kurz nach Spielschluss über Telefon mit hektischen Worten mitgeteilt. Zwei Stunden zuvor hieß es in einer kurzen Nachricht: „Alle festgenommen!“ Wer war alle? Festgehalten wurden vor der Partie FC Bayern München II vs. F.C. Hansa Rostock einige Gästefans, die den Weg zu einer bekannten Lokalität mit schmackhaften Braugut und zünftiger Küche unweit des Stadions gefunden hatten. Mut zur Lücke, hieß es wohl. Die Einsatzkräfte der Polizei hatten so ziemlich alles im Auge, doch ein paar Fuhren Rostocker konnten scheinbar unerkannt diese bekannte Lokalität erreichen. Logisch, dass es nicht lange dauerte, bis auch dort die Polizei vor Ort war.
Bayern München II vs. Hansa Rostock: Theater um Aufkleber und ein Brand im Klo
HotIn der Folge gab es wieder das übliche Theater. Bier trinken als solches ist nicht verboten, das Anbringen von Aufklebern schon. Und da - nicht nur dort - zahlreiche Aufkleber mit der Kogge den öffentlichen Raum verschönerten, war der Grund fix gefunden, aktiv zu werden und zur Tat zu schreiten. Da zudem ein paar Fahrzeuge der Gästefans nicht ganz regelkonform abgestellt wurden, rückte die bayerische Polizei an und wollte zeigen, wo in der Landeshauptstadt der Hammer hängt. Als eine Identitätsfeststellung bei ein paar Hansa-Fans durchgeführt wurde, kam es zu einer Solidarisierungsbekundung von Seiten der übrigen blau-weiß-roten Fußballfreunde.
In Folge dessen erreichten zahlreiche Hansa-Fans deutlich verspätet das Stadion an der Grünwalder Straße. Die Stoffe blieben ab, der Gästeblock war nur spärlich gefüllt, einen Support gab es in der ersten Halbzeit nicht. Wieder mal, mögen einige Leser abwinken. Allerdings sollte hinterfragt werden, ob das Anbringen von Aufklebern wirklich Grund genug ist, dermaßen mit den Säbeln zu rasseln. Ja, es liegt einem auf den Lippen: Gibt es wirklich keine größeren Probleme auf Mutter Erde als das Anpappen von Aufklebern? Mit Grauen darf immer wieder festgestellt werden, wie akut - vor allem in ländlichen Regionen - der Mangel an polizeilichen Einsatzkräften ist. Fühlen wir uns im öffentlichen Raum wohl und sicher? Haben wir alle das Gefühl, dass die Präsenz der Polizei groß genug ist? Und dann solch ein Hickhack um ein paar Aufkleber?!
§ 303 I StGB und § 303 II StGB kommen mitunter zum Tragen, wenn Aufkleber an Gegenständen angebracht wurden. Aber eigentlich nur dann, wenn bleibende Schäden zu erwarten sind oder das Entfernen der Aufkleber mit einem erheblichen Aufwand verbunden ist. Sicherlich erheblich ist es auch, wenn wichtige Hinweise auf Schildern etc. durch das Anbringen der Sticker unlesbar gemacht werden. Sei es, wie es sei, in München genügten ein paar angebrachte Aufkleber wieder einmal, die Polizei im großen Stil aufmarschieren zu lassen. Offiziell festgenommen wurden vor der Partie zwei Personen. Bei der einen wurde ein Betäubungsmittel gefunden, der anderen wurde Beleidigung vorgeworfen.
Ins Stadion kamen so oder so nicht alle Fans. So gab es Gästefans, die trotz gültiger Eintrittskarte nicht den Gästeblock betreten durften. Als wie in Bayern üblich sei die Polizei provozierend aufgetreten, erklärte ein Rostocker. Manch einem Rostocker blieb nichts anderes übrig, als notgedrungen das Spiel in einer nahen Kneipe zu verfolgen. Generell sei es jedoch rings um das Stadion recht ruhig gewesen, waren sich die meisten anwesenden Hansa-Fans einig. Das lag vor allem daran, dass die erste Mannschaft des FC Bayern München zeitgleich auswärts beim 1. FSV Mainz 05 antreten musste. Die parallele Ansetzung kritisierten auch die anwesenden aktiven Heimfans, die am Zaun ein Spruchband befestigt hatten: „Zeitgleiche Spiele sind zum Kotzen!“ Wohl wahr! Schließlich handelte es sich hierbei nicht um eine Partie einer zweiten Mannschaft, die in der Landesliga rumtingelt. Wir sprechen hier von einer durchaus lukrativen Drittligapartie, und es ist anzunehmen, dass der eine oder andere Bayern-Fan, der nun in Mainz weilte, sich ganz gern den Auftritt der Jungs von der Ostseeküste angeschaut hätte.
Hätte, hätte, Fahrradkette. Am Ende waren es insgesamt 2.811 Zuschauer, die den Weg ins liebenswerte Stadion gefunden hatten. Und ja, wie gesagt, ein beachtlicher Teil der Hansa-Fans war erst im zweiten Spielabschnitt vor Ort im Gästeblock. Dann schwang sich auch Nils auf den Zaun und brachte den Support in Schwung. Stoffe gab es jedoch auch in der Folgezeit nur wenige zu sehen. Im unteren Bereich beließ man es bei der klaren Botschaft „NEIN ZUM SOG!“
Dass auch während der Partie die Polizei an vielen Ecken des Gästeblocks zu finden war, lag an zwei Punkten. Zum einen wurde laut Polizei zirka 20 Minuten nach Spielbeginn ein Kiosk beschädigt und ausgeraubt, zum anderen gab es einen Brand in einer Toilettenanlage. Nun würde die Vermutung naheliegen, dass wütende, randalierende Rostocker einen ganzen Haufen Klopapier in Brand gesetzt hatten, doch wurde in der Pressemitteilung der Polizei bekanntgegeben, dass es sich wohl um einen technischen Defekt gehandelt hatte. Sachen gibt´s! Manch ein Gästefan bekam sehr wohl mit, dass während der ersten Halbzeit Polizei und Feuerwerk angerückt waren, andere Gästefans, die nur im Block blieben und aufs Spielgeschehen geschaut hatten, bekamen vom Ganzen gar nichts mit. Bis auf den Geruch des Rauches, der sich kurzzeitig entwickelt hatte. Unter Umständen bekam auch der eine oder andere den feinen Duft des Pfeffersprays zu spüren, das hinter dem Gästeblock von den am Kiosk eingreifenden Polizisten eingesetzt wurde.
Etwas mehr „Pfeffer“ hätten sich die Hansa-Fans auf dem Rasen gewünscht. Nach dem 1:0-Sieg gegen den Halleschen FC vor beachtlicher Kulisse im Ostseestadion keimte wieder Hoffnung auf. Los jetzt hier! Noch ein Sieg und Rostock hätte weiter aufrücken können zum Spitzentrio. Doch Pustekuchen. Außer Spesen nix gewesen. Kein Tor, kein Punkt, kein Aufrücken. Mit 0:1 mussten sich die Rostocker bei den Amateuren des FC Bayern geschlagen geben. Der Treffer des Tages wurde nach knapp einer halben Stunde vom Elfmeterpunkt aus erzielt, die Verantwortung hatte Kwasi Okyere Wriedt übernommen. Mit Schmackes hatte er den fälligen Handelfmeter oben rechts reingehauen.
In der 40. Minute hätte sich alles prima ausgleichen können, denn nun bekam der F.C. Hansa einen Handelfmeter zugesprochen. Auch Mirnes Pepic wollte die Kugel oben rechts in die Maschen hauen, doch wollte er es wohl zu genau machen. Der Ball sauste am rechten Winkel vorbei - nix war es mit dem Ausgleich. Tja, und sonst? In der zweiten Halbzeit hätten die „kleinen Bayern“ mehrmals auf 2:0 erhöhen können, doch Hansa-Keeper Markus Kolke hielt die Rostocker im Rennen. In der Schlussphase wachten die Gäste dann richtig auf, doch konnte der Ball nicht mehr untergebracht werden. Unter dem Strich war das einfach zu wenig. Ärgerlich, hatte doch der HFC daheim verloren und Braunschweig nur einen Punkt geholt. Nun denn, Mund abwischen und gegen die SpVgg Unterhaching drei Punkte einfahren!
Bericht: Marco Bertram
Fotos: Moritz (UiSF), Tom