„Kam ein kleiner Teddybär, aus dem Spielzeuglande her …“ Mit diesem Ohrwurm wuchs manch ein Kind vor 1990 in der Region zwischen deutschem Raumteiler und Oder-Neiße-Grenze auf. In ostdeutschen Krippen und Kindergärten wurde immer wieder die Amiga-Scheibe aufgelegt. Auf geht´s Kinder: Mitsingen! „ … und sein Fell war kuschelweich, alle Kinder riiiiefen gleich …“ Kein Wunder, dass eine DDR-Kinderzeitschrift auch „Bummi“ hieß. Bevor die Kids zur „ABC-Zeitung“ oder zu „Frösi“ griffen, wurde ein Blick in die „Bummi“ geworfen. Ach ja, war alles ganz nett. Doch irgendwann war man raus aus dem Alter. Vergessen der Frösi-Elefant Emmy und das „Bummi, Bummi, Brum-Brum-Brum …“ Mitte der 90er Jahre dann ein erster Schock. Inmitten der rauen, biergetränkten Welt der Fußballstadien tauchte plötzlich ein neuer Plüschgenosse auf. Zwar schickte der Allmächtige nicht den DDR-Bummi zurück auf die Erde, doch stattdessen trieb plötzlich ein Löwe sein Unwesen. Und zwar im Ulrich-Haberland-Stadion in Leverkusen.
Von Brian the Lion bis Knipp-Fu: Wer hat das hässlichste / witzigste Maskottchen?
Hot1994 streifte sich Horst Bayer (kein Witz) erstmals anlässlich eines UEFA-Cup-Spiels ein Löwen-Kostüm über und sorgte fortan für Stimmung unter den Kleinsten. Etwa zeitgleich wurde bei Bayer 04 Leverkusen die „Family Street“ eingeführt. Der Wohlfühlfaktor sollte größer werden, das raue Antlitz des Fußballs sollte ein wenig abgestreift werden. Ein Plüsch-Löwe, der auf dem Rasen rumhampelt? Ich schüttelte als damals 21-Jähriger nur den Kopf. Es war zu ahnen, welche Auswüchse das Ganze in der Bundesliga fix nehmen könnte. Kindergarten à la bonne heure. Prima, hätte ja beim 1. FC Union Berlin auch ganz schnell der besagte Bummi eingeführt werden können. Oder besser noch beim damals als FC Berlin auftretenden BFC Dynamo. Davon ganz abgesehen, hatte dieser Klub ja sein Bärchen auf dem Programmheft.
In Sachen Neu-Einführung eines Maskottchen war Bayer 04 Leverkusen mit führend, allerdings gab es zuvor unbestritten einige Gesellen, die in den Stadien ihr Unwesen trieben. Manche waren lebendig – wie der Kölner Geißbock in Müngersdorf –, andere wurden künstlich geschaffen, wenn gleich drunter immer ein Mensch steckte, der bei Sommerwetter im Kostüm hübsch abschwitzen durfte. Den Uerdinger Grotifanten gab es bereits seit 1990, allerdings vorerst nur als 30 Zentimeter große Version. Ab 1994/95, ziemlich zeitgleich zu Bayer 04, watschelte die Großversion bei Bayer 05 Uerdingen über die Tartanbahn. Die ausgekaute Anekdote vom verprügelten Linienrichter ersparen wir uns an dieser Stelle.
Braucht man solche Viecher beim Fußball wirklich? Kritische Fragen unter den Fans. Wegtreten diesen Drecks-Grotifanten, maulten nicht wenige. Mit Bierbechern beschmeißen. Im Notfall auch mal einen Böller unter den dicken Hintern platzieren. Oder den Plüschkopf abreißen und schauen, was für ein Typ wohl drunter stecken mag. Trotz all der Kritik wurde in all den folgenden Jahren etliche neue Maskottchen geboren. Zig Designer und Strategen zermarterten ihre Hirne. Wie müsste das Geschöpf wohl aussehen? Hier und dort durften die Fans über den Namen des neuen Vereins-Maskottchen abstimmen. Die Bandbreite war groß. Durchaus sind witzige Gesellen zu finden, doch ist auch manch eine hässliche Kreatur dabei.
Stichwort hässlich. Immerhin leitet sich der Begriff Maskottchen vom Provenzalischen ab. „Masca“ bedeutet in dieser Sprache „Hexe“. Aus dem Wort „Masòta“ wurde der französische Begriff „Mascotte“. Hm, ja gute Sache. Ein Maskottchen muss ja nicht nur die eigene Family Street erfreuen, vielmehr darf durchaus der Gegner in Angst und Schrecken versetzt werden. Vielleicht sogar verhext werden?! Und siehe da, im Nürnberger Frankenstadion machte einst eine Hexe mit Besen ihre Tänzchen. Irgendwann war diese jedoch verschollen. Im Frühjahr 2014 wurde das hässliche Biest wieder reaktiviert. Genutzt hatte es jedoch nichts, der 1. FC Nürnberg stieg wieder einmal in die 2. Bundesliga ab.
Aber welches Maskottchen rockt denn nun wirklich und welche Kreatur möchte man am liebsten gleich wieder in die Tonne tun? Gleich mal wieder zu Bayer 04 Leverkusen. Hätte man mal das Modell aus den 90ern behalten, es wäre das geringere Übel gewesen. Aber nein, 2001 musste eine neue Variation her. Der alte Löwe war einfach zu sehr Löwe. Das neue Teil kommt daher wie ein quietschgelber Eierkuchen mit Sonnenstrahlen auf dem Kopf. Kein Wunder also, dass mal ein Fan im Vertrauen meinte: „Voll verstrahlt dieses Vieh!“ Na ja, was soll´s. Bei den Kids wird Brian the Lion prima ankommen. Artenschutz genießen dagegen die alten Gesellen aus Mönchengladbach und Duisburg. Gladbachs Pferd Günter (Jünter), erfunden im Jahr 1965, und das Duisburger Zebra Ennatz – da mag man keine Kritik üben, da die beiden Huftiere feste Größen des deutschen Fußballs sind.
Hm, und da dieser Bericht mit „Bummi“ begann, mal gleich weiter zu einem weiteren Bären – und zwar zum Maskottchen von Hertha BSC. 1999 wurde Hertinho im Olympiastadion eingeführt. Bei mir führte dies zum Kopfschütteln. Was soll dieser Scheiß, dachte ich. Ein krampfhafter Versuch, den damaligen eher drögen Ruf der alten Dame abzulegen? Brasilianische Auffrischkur? Ich hoffte, diese Geschöpf mit dem albernen, „ach so niedlichen“ Namen würde bald wieder eingestampft werden. Doch daraus wurde nichts. Hertinho ist mittlerweile über 15 Jahre alt und bei der Hertha nicht mehr wegzudenken. Nun soll er von mir aus bleiben. Zumal es schrecklichere Gestalten gibt, die bei den Haaren herbeigezogen wurden. Ein Bär in Berlin – das macht Sinn. Doch was hat ein Elch in Hoffenheim zu suchen? Oder ein Alligator in Stuttgart? Zwar mag man sich an Fritzle gewöhnt haben – zumal es hässlichere Viecher gibt –, doch so recht warm wird man als Außenstehender mit dem grünen, plüschigen Reptil nicht.
Der VfL Bochum galt einst als unabsteigbar und zugleich als graue Maus der 1. Bundesliga. Das mit der Maus führte dazu, dass es in Bochum Bobbie Pelzer gibt. Doch diese ist nicht grau, sondern blau. Immerhin schaut sie nicht dämlich, sondern recht frech drein. Kurzum: Es gibt schlimmere Gesellen. Und beim deutschen Serienmeister FC Bayern München? Da gab es einst den Lederhosen tragenden Bazi, doch dieser ging im Frühjahr 2004 in Rente. Stattdessen trieb fortan ein Bayern-Bär Berni, der von manch einem wütenden Fan als "Problembär" beschimpft wurde, sein Unwesen.
Tja, und was soll man nur zur Biene Emma von Borussia Dortmund sagen? Ein Insekt unter Drogen? Zwar kann zwischen den legendären schwarz-gelben Ringelsöckchen der Borussen und der Biene durchaus eine Verbindung hergestellt werden, doch die Umsetzung lässt durchaus zu wünschen übrig. Wenngleich keine Schönheit, so ist im Gegensatz dazu der Schalker Erwin ein echtes Unikat. Und ja, ein Maskottchen sollte nicht nur zuckersüß grinsend scheinbar aus einer 0815-Kinderzeitschrift entstammen, sondern einen echten Bezug zum Verein bzw. der Region haben. Und der Geselle darf durchaus Charisma ausstrahlen. So kann ein Teufel als Maskottchen hübsch dämlich verniedlicht daherkommen, aber auch überaus schwungvoll und knackig vor dem Spiel auf dem Rasen sein Unwesen treiben und dem gegnerischen Spiele mal mit dem Dreizack in den Allerwertesten pieken. Und nun sage man nicht, die Kids hätten bei solch einer Aktion nicht ihren Heidenspaß.
Weiß der Teufel, weshalb manche PR-Agenturen solch übertrieben niedlich dreinschauende Geschöpfe entwerfen. Wissen die denn nicht, dass selbst vierjährige Kids durchaus düstere Gesellen von Herzen lieben? Helden müssen sie sein, das ist klar. Für das Gute kämpfen. Für den eigenen Verein. Das versteht sogar ein kleiner Knirps in seiner Traumwelt, in der es vor Drachen und gefährlichen Dinosauriern sowie zahlreichen Action-Figuren nur so wimmelt. Doch wofür steht eine groß glotzende Biene? Kann sie ein wahrer Held für die Kids sein? Für das erwachsene Publikum kann sie ja wohl allen Ernstes nicht gedacht sein.
Da ist mir Ritter Keule aus der Alten Försterei schon lieber. Dieser schwingt bei den Eisernen mal seine mit Zacken besetzte Kugel. Und ja, der Kerl kommt bei den Fans des 1. FC Union Berlin überaus gut an. Bereits seit Dezember 2000 treibt er im Köpenicker Forst sein Unwesen. Und wenn wir schon mal in Berlin sind. Ungeschlagen ist wohl ein anderes Kerlchen. Zwar ist er nicht beim Fußball, sondern beim Eishockey zu finden, doch muss er einfach Erwähnung finden. Bully vom EHC Eisbären Berlin. Bei Mini-Kids kann diese Erscheinung schon mal für Erschrecken sorgen. Ja, der Eisbär sieht verhältnismäßig echt und somit aus Sicht kleiner Kinder ziemlich gefährlich aus. Umso mehr erzeugt Bully Faszination bei genau jenen. Ein Gemeinschaftsfoto mit Bully ist für ein dreijähriges Bübchen ein echtes Abenteuer. Große Augen, Aufregung pur. Und nachdem das Foto gemacht wurde und der erste Schreck verdaut ist ein fröhliches „Nochmal, Papa!“ Nicht übel auch die Idee, dem großen weißen Hünen ein Nachwuchs-Eisbärchen zur Seite zur stellen. Mit Bully Bambini mit der Rückennummer ½ machen auch die kleinsten Sprösslinge ein Erinnerungsfoto. Und den großen Bären klatschen auch die Alten noch gerne an der Bande ab. Ein Maskottchen, wie es im Buche steht. Davon ganz abgesehen ist die Berliner Sportlandschaft generell recht gut gesegnet mit akzeptablen Maskottchen, schließlich kann sich auch der Albatros von Alba Berlin sehen lassen.
Zurück zum Fußball. Was bzw. wer sich nicht alles herumtreibt. Ein Wildschwein im Karlsruher Wildpark. Ein Dinosaurier beim Hamburger SV. Ein Wolf beim VfL Wolfsburg. Ein Clown beim 1. FSV Mainz 05. Und nicht zuletzt „Lauzi“ im Cottbuser Stadion der Freundschaft. Eingeführt wurde Lauzi vor über 11 Jahren. Zwar ist dieser Kerl sicherlich Geschmackssache, doch eins steht fest: Er ist bei den Fans des FC Energie Cottbus überaus beliebt. Ist ja die Hauptsache. Ob Holli, die Maus, bei der Anhängerschaft des SC Paderborn auch so viel Rückhalt hat? Hm ja, das Aussehen ist ja eher … Aber lassen wir das.
Vor allen Dingen in den unteren Ligen tummeln sich dermaßen viele skurrile Kreationen. Man käme aus dem Augenreiben und Lästern gar nicht mehr raus. Schon mal vom „Knipp-Fu-Panda“ gehört? Nein? Dieser soll bei der SG Wattenscheid 09 die Massen in Wallung bringen. Oder von „Al-Aix“, dem Kartoffelkäfer? Dämmert´s? Immerhin gibt es diesen bei Alemannia Aachen bereits seit 2005 – also zu einer Zeit, in der Alemannia auf dem besten Wege war, ganz oben anzugreifen. Und nicht zu vergessen der Straßenköter von Rot-Weiß Oberhausen! Der „Underdog“ geht bei Heimspielen schon mal ab wie Schmidts Katze und wedelt wie besessen mit dem am Arm, äh, Vorderbein hängenden RWO-Schal.
Welches Maskottchen denn nun das hübscheste, originellste oder einfach nur das hässlichste ist, überlassen wir Euch. Haut in die Tasten und kommentiert hier unter dem Artikel oder unter dem entsprechenden FB-Beitrag…. ;-)
Fotos: turus.net-Archiv
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