Energie Cottbus vs. BFC Dynamo: Keine Punkte für Weinrot, saufen bis zum Koma-Tod

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Die Anhängerschaft des BFC ist in zweierlei Punkten rekordverdächtig. Welcher Verein schafft es, auswärts mehr Fans hinter sich zu wissen, als daheim? Man kann alle Ligen durchgehen. Vor allem von der Regionalliga bis runter zu den Oberligen müsste es doch einen Kandidaten geben. Chemie und Lok Leipzig? Auswärts stets gut vertreten, doch auch daheim sind die Zuschauerzahlen passabel. Man kann überlegen und überlegen - es bleibt derzeit nur der BFC Dynamo! Zuletzt kamen unter der Woche zum Nachholspiel gegen die TSG Neustrelitz weniger als 500 zahlende Zuschauer in den Jahn-Sportpark, und auch sonst sind gegen Meuselwitz, Bautzen & Co nur dreistellige Zuschauerzahlen zu vermelden. Und dann der krasse Gegensatz! Auswärts nach Leipzig? Ausverkaufter Gästeblock, die Tickets für den Sonderzug (580 Plätze) gehen weg wie warme Knüppel im DDR-Bäcker. Auswärts nach Cottbus? Über 1.000 weinrote Fußballfans hatten sich gestern auf den Weg in die Lausitz gemacht. Zwar kein Vergleich zu den 2.000 Fans beim Oberliga-Auswärtsspiel bei der U23 des FC Energie Cottbus am 13. März 2010, doch auch die gestrige Zahl kann sich für Viertligaverhältnisse sehen lassen. Somit war der Gästeblock am gestrigen Nachmittag ähnlich gefüllt wie beim Hinspiel im JSP, als die Energie-Fans einen überaus soliden Auftritt hinlegten.

Die Diskussionen ebben nicht ab. Wie kann es sein, dass mitunter auswärts über 1.000 BFCer ihre Mannschaft begleiten, aber daheim nur so wenige Zuschauer kommen wie einst in der NOFV-Oberliga? Ideen gab es einige, das richtige Konzept wurde nicht gefunden, um am Standort Berlin Prenzlauer Berg neue Interessierte anzuziehen. Häufig wird vom „etwas anderen Klub gesprochen“. Wohl wahr. In den 90ern ging es häufig „gepflegt und arrogant“ auf Tour. Im neuen Jahrtausend sorgten die Berliner Pokalendspiele, die Auftritte im DFB-Pokal und beim Jubliäumsspiel gegen den Hamburger SV für Verwunderung. Wo kamen zu jenen Spielen all die BFC-Fans her? Im Gegensatz dazu herrscht im Ligaalltag mitunter gähnende Leere im weiten Rund. Krasse Sache, zumal die neu zusammengestellte Mannschaft keinen schlechten Fußball zeigt. Und ja, da wären noch die anderen Rekordverhältnisse bei Teilen der weinroten Anhängerschaft. Die da wären: Wie viel Alkohol kann ich vor Abfahrt des Regionalexpress am Berliner Ostbahnhof noch reindrücken? Und wie viel Bier und Spirituosen können auf einer nicht mal anderthalb Stunden langen Fahrt gesüffelt werden? Wahnsinn, was für eine Druckbetankung manch ein BFC-Fan durchführt! Und so war es nicht verwunderlich, dass bereits vor dem Spiel auf dem Weg zum Stadion der Freundschaft der eine oder andere mal eben wegknickte.

 BFC

Und demzufolge waren sich nicht wenige BFCer in einem Punkt einig: Gut, dass es im Stadion kein Vollbier gab! Alkfreies Gebräu für vier Euro plus einem Euro Becherfand. Fette Hausnummer, aber es ist ja jeder selber Schuld, wenn auch das noch verköstigt werden muss. Es blieb Kaffee für 1,50, und auf diesen griffen einige zurück. Nach dem Spiel konnten dann schließlich wieder die Schließfächer am Bahnhof geentert werden. Holla die Waldfeh, was da wieder alles zum Vorschein kam! Zudem zeigte sich die Polizei mehr als kulant und ließ - im Gegensatz zur Ankunft - die Bahnhofshalle öffnen. Nach Herzenslust konnte eingekauft werden. Auf der Rückfahrt konnten dann wieder Sozialstudien durchgeführt werden. Pappbecher voll mit Whiskey - wahlweise mit oder ohne Cola - gingen rein wie frisch Gezapftes. Hoch die Tassen, und hau weg das Zeug. Wankend ging es dann zur Warteschlange am Klo. Allerdings muss ein Punkt erwähnt werden: Die Anhängerschaft blieb vor, während und nach dem Spiel entspannt. Zu größeren Problemen kam es nicht, und auch die Waggons des Regionalexpress wurden nicht demoliert. Allerdings war die Polizei gut aufgestellt und hatte entlang der Hauptstraße zum Stadion an zahlreichen Stellen Sperrgitter aufgebaut und begleitete den weinroten Tross mit viel Gefährt und Mannesstärke. Dass es nach dem Spiel zu ein paar Provokationen und einzelnen Backpfeifen kam, blieb nicht aus und dürfte wohl bei fast jedem brisanten Spiel vorkommen. 

 FCE

Apropos brisant. Nahezu ohne verbale Provokationen ging es beim Hinspiel im JSP zu, giftiger war die Atmosphäre im Stadion der Freundschaft. Cottbus gegen Berlin. Egal, ob gegen Hertha, Union oder nun den BFC Dynamo - in den Brandenburg-Berlin-Duellen war eigentlich immer mächtig Zunder drin. Da es bei der gestrigen Partie auf dem Rasen mit viel Einsatz zur Sache ging, wurde es auf den Rängen dementsprechend laut und hitzig. Sportlich stand / steht zudem beim FC Energie einiges auf dem Spiel. Ein Sieg musste her, um weiterhin am Tabellenführer FC Carl Zeiss Jena dranzubleiben. Die Vereinsschatulle ist nicht wirklich gut gefüllt, die Wiederkehr in die 3. Liga ist quasi Pflicht, um überleben zu können. 

 FCE

Zu Beginn des Spiels wurden auf Heimseite etliche Fahnen und Doppelhalter gezeigt. „7 Jahre Frontside Cottbus“, „Kollektiv Weißrot“, „CBR 02“, „Ultima Raka“ und einfach nur „BSG Energie“, „1156“ und „FCE“. Im Gästeblock wurden weinrote Luftballons hochgehalten. Blickfang waren vor allem die beiden Zaunfahnen „Riot Sport 2005“ und „Sport frei“. Was den Support im Gästeblock betraf: Wie bei der BFC-Anhängerschaft üblich gab es das ganze Spektrum. Mal ein kraftvolles „Dynamo!“, dann - vor allem in der zweiten Halbzeit - auch mal wieder absolute Stille. Bei Torchancen und hitzigen Szenen auf dem Rasen konnte es jedoch phasenweise richtig laut werden. Dauerhaften Support wie bei der SG Dynamo Dresden, beim F.C. Hansa Rostock oder dem 1. FC Magdeburg hat es beim BFC Dynamo noch nie gegeben und wird es auf absehbare Zeit auch nicht geben, so sehr sich die Jungs der Fraktion H und der Ultras BFC auch in Zeug legen und versuchen den Rest des Blockes mitzureißen.

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Auf Ultrà-Elemente wird jedoch auch beim BFC nicht verzichtet. So wurde in der zweiten Halbzeit eine Fahne als Sichtschutz aufgezogen, danach qualmte und blinkerte es. Im Anschluss kam noch einmal Schwung in den Block. Und auf dem Platz? Beide Seiten legten einiges in die Waagschale. Die Energie-Kicker wussten, dass der Dreier Pflicht ist, die Weinroten wollten ebenso zeigen, was in ihnen steckt und die Lausitzer Party verderben. Körperlich ging es mitunter voll rein. Ein richtiger Hingucker war vor allem im ersten Spielabschnitt Kai Pröger, der phasenweise den Turbo einschaltete und richtig Dampf machte. Bereits nach zwei Minuten marschierte Pröger durch die Cottbuser Reihen, stieß vor bis in den Strafraum, kam dort aber zum Straucheln und somit nicht mehr zum Abschluss. Erstaunlich sicher stand die BFC-Abwehr. So war zum Beispiel ein hereingebrachter Freistoß in der 13. Minute überhaupt kein Problem. Gekonnt wurde die Situation geklärt. Allerdings schlich sich dann doch noch ein Fehler ein und Cottbus kam zur Möglichkeit. Der Schuss von Schlüter wurde von BFC-Keeper Hendl abgewehrt, der Ball ging rechts am Gehäuse vorbei. 

 Pröger

Für erhitzte Gemüter sorgte Stürmer Kai Pröger, als er bei einem Angriffsversuch gegen Energie-Torwart Spahic übermotiviert durchzog. Gerangel nach der Situation. Ein lautes „Auf die Fresse!“ aus beiden Fanbereichen. Gelb für Pröger, weiter ging´s. Hatte ich geschrieben, dass die BFC-Abwehr sattelfest stand? Unmittelbar vor der Pause dann doch ein gemeinschaftlicher Bock der Hintermannschaft. Inklusive Keeper Hendl, der den Ball nicht weit genug abwarf. Aber was heißt nicht weit genug? Wie weit soll er denn werfen? Rockenbach da Silva war nicht achtsam genug. Marcel Baude ging dazwischen, schnappte sich den Ball, brachte ihn rüber auf die andere Seite, wo Benjamin Förster völlig frei stand. Aus kurzer Distanz konnte er den Ball ohne Probleme unterbringen. 1:0 für Cottbus. Die Heimzuschauer waren aus dem Häuschen. Der Knoten war geplatzt. Der siebte Sieg im achten Ligaspiel war nun in greifbarer Nähe.

 BFC

Vor insgesamt 7.092 Zuschauern (Saisonrekord der Lausitzer) war nun im zweiten Spielabschnitt der BFC Dynamo gefordert. Nach einer Stunde jedoch brannte es im Strafraum der Berliner. Dem Torwart war es zu verdanken, dass nicht das 2:0 der Cottbuser fiel. Wenig später dann doch noch Jubel im Gästeblock. Srbeny schoss, der Ball zappelte im Netz, doch der Treffer wurde aufgrund von Abseits nicht gegeben. Ob es denn nun Abseits war? Beim MDR-Kurzbericht sah es nicht danach aus. Sehr viel passierte dann nicht mehr. Am Ende blieb es beim 1:0-Sieg des FC Energie, welcher von Mannschaft und Fans ausgiebig gefeiert wurde. Auf Gästeseite leerte sich der Block, und über die komplett abgesperrte Straße ging es zu Fuß zum Bahnhof, wo die wohl gefüllten Kisten und Taschen in den Schließfächern warteten …

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: FC Energie Cottbus

> zur turus-Fotostrecke: BFC Dynamo

Artikel wurde veröffentlicht am
26 Februar 2017
Spielergebnis:
1:0
Zuschauerzahl:
7.092
Gästefans
1100

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Kommando Alkoholvernichtung on tour.
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