Turbulenter Herbst 1990: Schüsse bei Lok Leipzig vs. Bayern München, besetztes Lenin-Denkmal in Dresden

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Ich schnürte die BW-Stiefel richtig fest, krempelte die Jeans hoch, knöpfte meine sowjetische Tarnjacke zu und ging rüber zum 8er Bus. Mit dem beigefarbenen Ikarus-Bus (die Enden war orange lackiert) von Endstation zu Endstation. Von Waldesruh bis Berlin-Lichtenberg. Dann mit der S-Bahn weiter zum Ostbahnhof (damals „Hauptbahnhof“). Man schrieb den 03. September 1990. Mein erster Ausbildungstag. Mein Arsch ging ein wenig auf Grundeis. Nach zehn Jahren Polytechnischer Oberschule wurde ich nun inmitten der Wendewirren ins kalte Wasser geworfen. Unterschrieben wurde der Lehrvertrag noch zu DDR-Zeiten. Als Elektromonteur bei den Fotochemischen Werken Berlin-Köpenick, die zu ORWO Wolfen gehörten. Ausgebildet wurde man in diesem Fall bei der Lehrwerkstatt der EBAG am Schiffbauerdamm in Mitte und in der Berufsschule an der Stralauer Allee am Ostbahnhof. Die Mauer fiel, die DDR brach zusammen, die Deutsche Einheit nahte - doch der Lehrvertrag hatte noch Bestand. Energielektroniker statt Elektromonteur. Dreieinhalb statt zwei Jahre. Die Ausbildungsstätten blieben die gleichen, die Lehrer und Meister sowieso, und die Zusammensetzung der Ausbildungsklasse änderte sich auch kaum. Nur wenige sprangen im letzten Moment im Sommer 1990 ab, meldeten sich rasch an der EOS (Abitur) an oder suchten sich eine andere Ausbildungsstelle. Was man hatte, das hatte man. Zu konfus war jene Zeit. Zu ungewiss, was als Nächstes zusammen brechen könnte. Abwicklung? Auflösung? Wer wusste das schon. „Geh erst mal hin, Junge. Abi kannste später immer noch nachholen!“, empfahlen meine Ellis.

DDR

Dass es hart werden würde, vermutete ich. Nicht die Ausbildung als solches, sondern das soziale Gefüge. Seit dem Herbst 1989 drehte Ost-Berlin komplett ab. Allen voran die Jugend. Haare bunt. Haare ab. Turnschuhe. Latzhosen. Tarnklamotten. Enge Röhrenjeans. Doc Martens. Bundeswehrstiefel. Punks, Faschos, Hooligans, Skinheads, Kneipenschläger oder einfach nur Party-Draufgänger und Autoschrauber - auf den Straßen der Stadt war einfach alles anzutreffen. Unvergessen, wie häufig im Suff auf einer Party, bei der in einer der wie aus Pilze aus dem Boden sprießenden Videotheken ausgeborgte VHS-Kassetten eingelegt wurden, mal schnell bei Apriko-Cola die Schermaschine angesetzt wurde. „Ach komm, Alter, weg mit der Matte!“ Ich ließ meine Haare nicht rasieren bzw. auf drei Millimeter stutzten, doch was die Kleidung betraf, versuchte ich meinen eigenen Stil zu finden. Für cooles Markenzeug fehlte schlichtweg die Kohle, doch für ein paar nagelneue BW-Stiefel legte ich dann doch 99 DM hin. Dazu ne Standardjeans und die eingangs erwähnte sowjetische Tarnjacke. Bereits im letzten Schuljahr an der POS wurde ich mit anderen Kumpels aufmüpfig. Die DDR zeigte erste Auflösungserscheinungen?! Prima! Ich tauschte gegen einige Bravo-Poster ein kurzärmeliges US-Army-Hemd ein und trug dies stolz im Frühjahr 1989 in der Hofpause an der 10. POS spazieren.

10. POS

Um nicht gleich als „Lappen“ durchzugehen, zog ich also gleich am ersten Tag der Ausbildung den gesamten Kram an. Und ich fand mich in „guter“ Gesellschaft wieder. Armin aus der Weitlingstraße, Witte von der weinroten Schlägertruppe, eine Menge Jungs, die es krachen ließen und keinen Bock auf Ausbildung hatten. Der wilde Haufen spottete jeder Beschreibung. Es gab nicht einen Tag, in dem in Berufsschule und Ausbildungswerkstatt nicht irgendein Scheiß angestellt wurde. Vor Ort selbst gebastelte Wurfsterne segelten ans Aushängebrett, mit Besenstilen wurden Bruce Lee und Jean-Claude Van Damme nachgespielt, Außenseiter wurden bis an die Schmerzgrenze schikaniert - und mit leuchtenden Augen berichteten einige von den nächtlichen Spritztouren mit irgendeinem geknackten Lada oder Wartburg. Zum Abschluss wurde die Karre irgendwo auf einem Waldweg mit Absicht gegen einen Baum geheizt. Es muss dazu gesagt werden, dass diese Fahrzeuge keinen Wert mehr hatten und viele einstige Besitzer diese einfach am Straßenrand abgestellt hatten. Der bei einem schmierigen Händler für viel zu viel Geld erworbene Opel Ascona konnte nun schließlich als neues „Schmuckstück“ ausgefahren werden. Die alte DDR-Kiste ließ man ohne Kennzeichen einfach stehen. 

Ostberlin

Als wir alle am ersten Tag auf dem direkt an der Spree (also einzige Grenzzone) gelegenen Hof der Berufsschule eine Zigarette quarzten, war schnell erkennbar, dass sich der eine oder andere bereits kannte. Sei es von der Hausbesetzerszene, von irgendwelchen Kellerpartys in Prenzelberg oder eben vom Fußball. Ich kannte keinen und konnte anfangs nur lauschen. „Alter, hatte das wieder gescherbelt in Dresden! Gab ordentlich auf die Fresse!“ Mit leuchtenden Augen wurden die wildesten Stories erzählt, die ich nach 27 Jahren selbstverständlich nicht mehr im Detail im Kopf habe. Fakt ist, dass zwei, drei aus der Klasse immer wieder von den Keilereien am Wochenende geschwärmt hatten. „Musste mal mitkommen, Marco! Wirste fett Spaß haben! Stiefel kannste anlassen. Kommen gut. Praktischer sind aber Turnschuhe!“ Die Erinnerungen aus jener irren, konfusen Zeit vom September 1990 bis Sommer 1991 (von September 1991 bis Juni 1994 lernte und arbeitete ich dann in Leverkusen) vermischten sich im Geiste, und somit müssen Berichte von damaliger Zeit ein wenig Licht in die Dunkelheit bringen. Der Herbst 1990 wurde arg heiß, und wohl jeder wird von Mike Polley gehört haben, der im November 1990 beim Spiel FC Sachsen Leipzig vs. FC Berlin (BFC Dynamo) ums Leben kam. Getroffen von einer Polizeikugel. Doch nicht nur bei jener Partie lief einiges aus dem Ruder. Kürzlich las ich mit Erstaunen, dass bereits am 02. September 1990 - also fast exakt einen Monat vor dem Tag der Deutschen Einheit - von der Schusswaffe Gebrauch gemacht wurde. 

DDR

Am 01. September 1990 traf der 1. FC Dynamo Dresden im Rahmen der (Noch-)DDR-Oberliga auf den FC Berlin. Am Tag darauf wurde das Freundschaftsspiel 1. FC Lokomotive Leipzig vs. FC Bayern München über die Bühne gebracht. Schon von gehört? Na, ich nicht wirklich. Zumal an jenem besagten Wochenende der besagte Start ins neue mögliche Berufsleben mich voll in seinen gedanklichen Gang zog. Es war ja nicht so wie heute, wo man mit einem Klick mal eben die neuesten News abruft und sich mal gleich passend dazu die frisch reingestellten Videos reinzieht. Es blieben also nur die Fernsehnachrichten und die Tageszeitungen. Mit dem „FanTreff“ und diversen Fanzines kam ich erst später im Herbst 1991 in NRW in Berührung. Da aufgrund zahlreicher Umzüge in den 90ern einiges - mal mit Absicht, mal ausversehen - im Müll gelandet ist, war die Sammlung alter Hefte aus jener Zeit nicht mehr allzu groß. Abhilfe schaffte neulich ein Erfurter, der gleich drei pralle Umschläge schickte. In einem war unter anderen die FanTreff-Ausgabe 48 vom Oktober 1990 drin. Was für ein Goldstück! Die in Schwarz-Weiß und Rot gehaltene Titelseite versprach einiges: „Indizierung: Verfahren gegen FanTreff eingestellt.“, „Leipzig: Polizist schießt Fan ins Bein!“, „Neue Serie: England-Report 1 - Vorbericht“.

Dresden

Bevor wir jedoch zum Testspiel der Loksche kommen, erst einmal auf das damalige Geschehen in Dresden, das weniger überraschend wirkt. DDR-Oberliga-Alltag zwischen Mauerfall und Deutscher Einheit. Totales Chaos. Spieler verließen die Vereine und suchten das schnelle Glück in Goldenen Westen, die Zuschauerzahlen brachen ein, und auf den Rängen und vor den Stadien eskalierte es zunehmend. Manch ein Volkspolizist musste nun richtig einstecken, und er bekam das nun zurück, was er sich aus Sicht der Fans / Hools auch redlich verdient hatte. Es dürfte kein Geheimnis sein, dass vor allem beim BFC Dynamo, der kurzerhand in FC Berlin umbenannt wurde, der schlagkräftige Mob nach dem Mauerfall massiv anwuchs und nun auch Personen mitmischten, die vorher nicht allzu viel mit Fußball am Hut hatten. Andere alteingesessene BFC-Fans drehten indes dem Verein den Rücken zu. Die ausufernde Gewalt war manch einem dann doch zu viel. 

Am Samstag, den 01. September 1990, reiste der FC Berlin also zum 1. FC Dynamo Dresden. Auch dort gab es Veränderungen bei Namen und Emblem, wenn gleich nicht so deutlich wie in Berlin-Hohenschönhausen. Statt der „SG“ ein „1. FC“, und statt Weinrot war nun der Untergrund des Vereinslogos grün. Sächsisch grün. Auf dem Rasen konnte der FC Berlin nicht mehr sportlich mithalten, zu viele Leistungsträger hatten den DDR-Serienmeister verlassen. Die Wende erst einmal gut verkraftet hatte Dynamo Dresden, das eine gute Mannschaft halten bzw. zusammensetzen konnte. Mannschaft der Stunde war indes die des F.C. Hansa Rostock, die den letzten Titel der DDR-Oberliga (dann NOFV-Oberliga - nicht zu verwechseln mit der jetzigen 5. Liga) holen konnte. Hansa kam 1990/91 gleich prima aus den Startlöchern, doch auch Dresden konnte am besagten 01. September 1990 den zweiten Saisonsieg einfahren. Und das gegen die verhassten Ost-Berliner! Torsten Gütschow, Mario Kern und Sergio Allievi (2) erzielten die Treffer. Das Tor von Jörn Lenz auf Berliner Seite war schlichtweg zu wenig.

FanTreff 1990

Doch nicht alle 9.309 Zuschauer kamen ins Rudolf-Harbig-Stadion, um gemütlich Fußball zu gucken. Es galt alte Rechnungen zu begleichen. „Fußball-Krawall in Dresden! Steine und Knüppel flogen“; titelte die Dresdener Morgenpost am darauffolgenden Montag. Einen ganz anderen Titel gab es in der FanTreff-Ausgabe vom Oktober 1990 zu lesen: „Selten so gut drauf!“ Kein Wunder, wurde der Bericht von einem Steffen aus Dresden verfasst. Logisch, mit diesen Schilderungen musste man immer sehr vorsichtig sein. Voller Eifer wurden Geschehnisse ausgeschmückt und zugunsten des eigenen Vereins zurecht gerückt. Im Groben gaben einige Berichte jedoch das Geschehen wieder. Als unbestritten dürfte gelten, dass zu jener Zeit die gewalttätige Szene von Dynamo Dresden mächtig Zuwachs hatte und die „3. Halbzeit“ von Schlägern aus dem rechtsradikalen Milleau unterstützt wurde. Gemeinsam gelang es an jenem Nachmittag die Berliner am Ende des Spiels aus dem Gästeblock zu treiben. Die Rede war von von einer zirka 150 Mann starken Truppe, die von den Skins aus Gorbitz angeführt wurde. In der Innenstadt kam es dann - trotz der zahlreichen Polizisten, welche die Gästefans zum Bahnhof treiben wollten - zu heftigen Auseinandersetzungen, bei denen Flaschen, Steine, Rohre und Stangen zum Einsatz kamen. 

Wortwörtlich hieß es im damaligen FT-Bericht: „Die Berliner besetzten dann auch noch das Lenin-Denkmal, wo sich auch hingehören. Natürlich wollten beide Seiten noch weiter fighten, aber die Cops hatten aufgrund ihrer großen Anwesenheit und ihrer Wasserwerfer die Lage voll im Griff. Schließlich zogen dann die ‚Buletten‘ zum Bahnhof und fuhren deprimiert nach Hause.“ Nicht unerwähnt blieb, dass zahlreiche Scheiben zu Bruch gingen, Pflastersteine aus Gehwegen gerissen wurden und einige Autos völlig demoliert wurden. Von „die Lage voll im Griff“ konnte man dann wohl kaum sprechen. Aber okay, damals wurden andere Messlatten angesetzt. Der Autor des Augenzeugenberichtet gab zudem ein Fazit: „… und ich schlussfolgern kann, dass die Zeiten vorbei sind, wo jeder in Dresden tun und lassen konnte was er wollte.“ In diesem Punkt hat er wohl völlig recht gehabt.

Wer am Montagmorgen die regionalen Zeitungen aufschlug, kam wohl aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Wenn Papa in Bademantel und Schlappen in der Küche beim Filterkaffee saß - er wurde bereits vom örtlichen VEB-Kombinat auf Kurzarbeit gesetzt -, fragte er sich, wo zum Teufel trieb sich eigentlich mein Sohn die letzten zwei Tage rum? Sagte er nicht, er übernachtete bei Claudia? Tja, die Claudia, die einen Schäferhund hatte, hieß wohl eher Steffen. Und statt Petting gab es „Schwarzwurzel“-Salat in den Innenstädten von Dresden und Leipzig. 

Polizei

Und in der Messestadt blieb es am 02. September 1990 nicht beim Einsatz des Schlagstocks. Mehrere Polizisten, unter ihnen auch einige in Zivil, zogen an jenem Nachmittag die Dienstpistolen. Einem Zivilpolizisten brannte quasi die Sicherung durch, kurzerhand schoss er einem Lok-Fan durch den Oberschenkel. Dass die Berichte / Schilderungen zu diesem Vorfall weit auseinandergingen, dürfte wohl kaum überraschen. Beim tödlichen Schuss auf Mike Polley zwei Monate später in Leipzig-Leutzsch war dies schließlich auch der Fall. Komplett aufgeklärt werden konnten die Ereignisse nie. Hilfreiche Handy-Videos wie in der Gegenwart gab es damals schließlich noch nicht. Zuerst hieß es gar, dass der Polizist in Notwehr auf einen Skinhead schoss. Eine Woche später tauchte in der BILD ein Foto auf, das den angeschossenen „Skinhead“ im Krankenhausbett zeigte. Mit voller Matte auf dem Kopf. Also wir sprechen jetzt nicht von einem Bürstenschnitt, sondern einem echten Wuschelkopf.

Dass zu jener konfusen Zeit überhaupt solch ein Freundschaftsspiel zwischen dem 1. FC Lokomotive Leipzig und dem FC Bayern München angesetzt wurde, überrascht im Nachhinein. Doch wollten die beiden Verbände möglichst schnell ein Klima der sportlichen Vereinigung schaffen, und da schien ein Duell zwischen dem EC-Finalisten von 1987 und dem Platzhirsch aus der 1. Bundesliga gerade recht. Im „Neuen Deutschland“ hieß es am Folgetag in der ADN-Meldung: „Mit einem leistungsgerechten 1:1 (1:1) trennten sich am Sonntag vor 10.000 Zuschauern im Leipziger Bruno-Plache-Stadion der 1. FC Lok Leipzig und der FC Bayern München in einem freundschaftlichen Vergleich. Halata brachte die Gastgeber in der 33. Minute in Führung, die Mihajlovic für den bundesdeutschen Titelträger fünf Minuten später mit einem 16-m- Flachschuss ausglich…“

Nach der Partie kam es in der Leipziger Innenstadt zu Randale, nachzulesen in damaligen Zeitungsartikeln und in der besagten FanTreff-Ausgabe, in der auf zwei Seiten die Informationen zusammengetragen wurden. Zwischen 180 und 200 Hooligans sollen es gewesen sein, die sich nach dem Spiel auf dem Sachsenplatz getroffen hatten. Rechte Schläger nahmen sogleich ein paar Farbige ins Visier, die aufgrund der Attacke zu einem Streifenwagen der Polizei flüchteten. Im Gegenzug wollte die Polizei ein paar Festnahmen vornehmen, zu denen es jedoch nicht kam, da die Hools mit Flaschen warfen. Daraufhin wurden die Waffen aus den Halftern gezogen. Einer der beiden hinzueilenden Zivilpolizisten griff ebenso zur Pistole, entsicherte diese und zielte auf eine der Personen, die die Polizisten wütend angebrüllt hatte. Die Kugel traf den linken Oberschenkel, es dauerte eine geraume Zeit, bis inmitten des Trubels der Krankenwagen durchgelassen wurde. Nach dem Schuss drehte Augenzeugen zu Folge, die Meute erst richtig durch, demolierte den Streifenwagen und trat die zu fassen bekommenen Zivilpolizisten auf das Übelste zusammen. Die Rede war von gebrochenen Armen, blauen Augen und „breiten Nasen“.

Ein Leipziger Hooligan ließ sich mit den Worten zitieren: „Wenn wir weiterhin grundlos zusammengeschossen werden, dann besorgen wir uns halt eben auch Waffen!“ Im Fußball-Osten drohte im Herbst 1990 die völlige Eskalation. Rund zwei Monate später waren dann ein Toter und mehrere Schwerverletzte beim Duell FC Sachsen Leipzig vs. FC Berlin zu beklagen. Trauriger Höhepunkt des heißen Herbstes der Deutschen Einheit.

Geplant war für den 21. November 1990 im Leipziger Zentralstadion ein Abschiedsspiel der DDR-Nationalmannschaft gegen die bundesdeutsche Auswahl. Der Hintergrund: Eigentlich hätte an diesem Tag das EM-Qualifikationsspiel zwischen der DDR und der Bundesrepublik stattgefunden, doch aufgrund der rasch vollzogenen Deutschen Einheit meldete bereits zuvor der DFV seine Mannschaft aus der Qualifikation ab. Das Duell Belgien vs. DDR am 12. September 1990 in Brüssel hatte daher nur noch Testspielcharakter, zugleich war es das letzte Spiel von Sammer & Co. im Trikot der DDR-Nationalmannschaft. Aufgrund der zahlreichen Ausschreitungen wurde das für den November 1990 geplante Abschieds-Freundschaftsspiel abgesagt. Es wurde befürchtet, dass dieses Spiel hunderte Hooligans aus allen Ecken des wiedervereinigten Landes angelockt hätte. 

Zentralstadion

Dunkel kann ich mich dran erinnern, dass einige Wochen zuvor in der Ausbildungsklasse jemand zu mir sagte: „Aber da müssen wir echt alle hin! An diesem Tag machen wir dann gemeinsame Sache und zeigen den da drüben, wo im Osten der Hammer hängt!“ Prima! Wie das hätte in Leipzig ungefähr für mich hätte enden können, bekam ich vier Jahre später in Leipzig-Leutzsch zu spüren, als mich (ich saß neutral) nach der Drittligapartie FC Sachsen vs. FC Berlin draußen vor dem AKS ein paar Sachsen bereits erwarteten und mir mit den trockenen Worten „Du scheiß Berliner!“ eine aufs Auge zimmerten… 

Um diesen Bericht nicht wieder mit einer Episode aus dem Nähkästchen enden zu lassen, hier noch etwas, auf das ich bei der Recherche stieß. Videoaufnahmen vom Testspiel 1. FC Lokomotive Leipzig vs. Bayern München waren nicht zu finden, doch stattdessen wurden mir auf youtube Sequenzen vom Spiel Dynamo Dresden vs. Bayern München vorgeschlagen. Deutschland-Cup 1990. Deutschland - was? Eine Woche nach der Auflösung des DFV (Deutscher Fußball-Verband der DDR) wurde am 27. November 1990 in Dresden das Duell Dynamo Dresden vs. FC Bayern München ausgetragen. Vom DFB anerkannt wurde dieser Wettbewerb nicht. Vielmehr wollte man in Dresden die Zuschauer ins Rudolf-Harbig-Stadion locken. Ein echter sportlicher Knaller wurde es nicht. Matthias Sammer und Ulf Kirsten hatten Dresden bereits den Rücken zugewandt und spielten nun in Stuttgart und Leverkusen, auf der anderen Seite trat Bayern München nicht mit seiner ersten Garnitur an. 

Übertragen wurde dieses Spiel auf Sat.1, der Co-Kommentator war Peter Neururer. Bei kühler Witterung fiel vor zirka 12.000 Zuschauern der Treffer des Tages in der 63. Spielminute. Nach langem Zuspiel in die Spitze war es Torsten Gütschow, der den heraus eilenden Bayern-Keeper Raimond Aumann umkurvte und dann aus der Distanz zum 1:0 einschob. „Einer geht noch, einer geht noch rein…“, ertönte aus den Lautsprechern. „Zugabe! Zugabe!“, brüllten die begeisterten Dynamo-Fans. Von einer Randale nach Spiel ist an diesem Abend nichts bekannt …

Anmerkung: Die Aufnahmen vom Heimblock in Dresden und vom Leipziger Zentralstadion entstanden 1994, das Foto von der Polizeikette entstand im ähnlichen Zeitraum.

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: Impressionen aus den 90ern

Artikel wurde veröffentlicht am
18 August 2017

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T
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Das Vereinigungs-Länderspiel hätte einen schönen Abschied vom DDR Fußball gegeben. Schade, dass es in Belgien einfach so zu Ende ging. Na kann man nichts machen.
M
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Scharf
G
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1990
Also 1990 beim Spiel Dynamo Dresden gegen FC Berlin haben Dresdner bestimmt keine Berliner aus dem Block gejagt. Zu diesem Zeitpunkt gab es zwar sehr viele Dresden-Fans aber fast keine Dresden Hooligans. Vielleicht hatte sich der Augenzeuge Steffen eine Bananenvergiftung zugezogen und war daher nicht mehr Herr seiner Sinne.
F
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J
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G
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