Freitagabend, Flutlichtspiel ... und dann auch noch eines dieser Ostduelle. Im besten Fall bedeutet das für den neutralen Zuschauer: Pyro auf beiden Seiten, verbale Scharmützel zwischen den Tribünen und das eine oder andere Highlight auf dem Platz. Um es vorwegzunehmen: Das gestrige Drittligaspiel Zwickau gegen Magdeburg ließ nichts davon vermissen. Eine nicht unbedeutende Rolle spielte dabei natürlich auch die Freundschaft der Zwickauer mit Dynamo Dresden und die Tatsache, dass diese nicht allzu gut auf Magdeburg zu sprechen sind. Dass es an diesem Tag also kein Ringelpietz mit Anfassen werden sollte, war so ziemlich allen Beteiligten klar. Dass am Ende aber die Anhänger eines ganz anderen Vereins ihre Finger mit im Spiel haben sollten, ahnte zu diesem Zeitpunkt noch keiner.
FSV Zwickau vs. 1. FC Magdeburg: Hitziges Gefecht, viel Rauch und hanseatisches Störfeuer
HotAber von vorn: Man hat in den letzten Monaten einige Geschichten vom Umgang der Zwickauer mit unbekannten Gästen im Heimbereich gehört. Vom einfachen „Ey, wer seid ihr und was wollt ihr hier?“ bis hin zum „Gut gemeinten Rat, dem Stadion doch lieber fernzubleiben“, war da irgendwie alles dabei. Umso vorsichtiger ist man da gerade an solch einem Spieltag. Ohne Schal und mit neutraler Kleidung dauerte es auch an diesem Tag nicht lange, bis man von gewissen Leuten auf dem Weg zum Eingang von oben bis unten gemustert wurde. Dabei blieb es aber letztendlich auch.
Im Stadion angekommen orientierte sich der Blick zunächst einmal in Richtung Gästeblock. Dort kam die aktive Szene relativ spät in den Block, weshalb lange Zeit nur wenige Fahnen zu sehen waren. Böse Zungen behaupteten, dass die beiden Fahnen, die zunächst ganz links am Zaun hingen, den gemeinen Magdeburger Fan ganz gut beschreiben würden. Von „Arroganz“ und „Größenwahn“ war dort zu lesen. Bei den selbsternannten „Größten der Welt“ sollte einen das aber nicht mehr überraschen. Schon vor dem Spiel hörte man immer wieder „Scheiß Dynamo“ und „Wir wollen keine Sachsenschweine“ aus dem Magdeburger Block in Richtung der Heimfans. Ein allein sitzender Mann in der Reihe hinter mir fing plötzlich an zu lachen und äußerte in leichtem Norddeutschen Dialekt nur: „Wie geil... da beschimpfen die einen Sachsen die anderen Sachsen als Sachsenschweine“. Wo wir wieder bei der Faustregel „Alles unterhalb von Berlin ist Sachsen!“ angekommen waren. Nach diesem kurzen Exkurs in die Geografie nun zum Sportlichen, was an diesem Tag auch nicht so schnell abgehandelt sein soll, wie es sonst der Fall ist.
Zwickau kam gut ins Spiel, stellte die in der vergangen Woche noch so souveränen Magdeburger immer wieder vor Probleme. Allen voran Kapitän Toni Wachsmuth und die an diesem Tag starken Ronny König und Mike Könnecke stellten die Defensive der Magdeburger immer wieder vor Herausforderungen. So fiel bereits in der 23. Minute das 1:0. Aus dem Gewusel nach einem Freistoß und zugegeben auch aus abseitsverdächtiger Position erzielte Davy Frick die Führung für die Hausherren. Etwa 15 Minuten später wieder Jubel. Nach einem Distanzschuss landete der Ball im Netz. Während die Zwickauer feierten und eigentlich schon alle zum Anstoß bereit standen, entschied der Schiedsrichter plötzlich, den Treffer doch nicht zu geben. Ein Zwickauer soll wohl im Abseits gestanden und die Sicht des Magdeburger Torhüters behindert haben. Der eigentlich für Abseitsentscheidungen zuständige Linienrichter hatte aber in der ganzen Szene keine Anstalten gemacht, seine Fahne zu heben. Zwickaus Trainer Torsten Ziegner lief in den folgenden Minuten tobend durch seine Coaching-Zone, wollte sich kaum beruhigen.
Weitere fünf Minuten später konnte er aber aus einem anderen Grund toben. Nach sehenswerter Vorarbeit von Nils Miatke köpfte König zum 2:0 ein. Das bemerkenswerte bei Ronny König in dem Spiel war, dass er vom Prinzip her ein ähnlicher Stürmertyp wie Christian Beck ist. Umso erstaunlicher war es, dass die Magdeburger Defensive ihn nie wirklich zu fassen bekommen hat.
Kurz darauf große Verwirrung im Stadion. Der Schiri pfiff während eines Abstoßes und alle dachten, es wäre schon Zeit für die Halbzeitpause. Als die ersten Spieler schon im Tunnel verschwunden waren, wildes Pfeifen vom Schiedsrichter. Doch noch nichts mit Pause. Sage und Schreibe vier Minuten ließ es nachspielen und tatsächlich sollte Magdeburg in der 4. Minute der Nachspielzeit noch der Anschlusstreffer gelingen. Ein zugegeben schöner Treffer, der auch offenbarte, dass selbst die Experten vom Kicker Probleme haben, Marius Sowislo und Christian Beck auseinander zu halten. Das Spiel hatte bisher einiges zu bieten. Und es sollten ja noch einmal 45 Minuten folgen. In der Halbzeitpause fing sich im Block nebenan einer einen bösen Blick von Magdeburgs Nummer 13, Dennis Erdmann, ein. Dieser fand den Spruch „Ey Erde, wärst du mal lieber in Rostock geblieben, du Eimer“ wohl nicht ganz so lustig, wie die restlichen Leute im Block.
Die zweite Hälfte begann im Prinzip so, wie die erste auch. Während einige noch am Bierstand warteten, hätte Koch beinahe mit einem Fallrückzieher das 3:1 erzielt. Dieses fiel dann aber etwa zehn Minuten später. Wieder herrschte nach einem Standard Chaos vor dem Magdeburger Kasten. Diesmal war es Antonitsch, der zur richtigen Zeit den Fuß am richtigen Ort hatte.
In der Folge wechselte Magdeburg dreimal, unter anderem kam dann auch Christian Beck ins Spiel. Dieser hatte noch eine hundertprozentige Chance zum 3:2. Johannes Brinkies im Zwickauer Tor kann einen Schuss nur nach vorne abprallen lassen, wo Beck eigentlich goldrichtig steht und das Ding freistehend aus kurzer Distanz an die Latte donnert. Man könnte meinen, dass das schwieriger war, als das Tor zu treffen. Eine Kopie dieser Situation gab es nur wenige Minuten zuvor. Dort war es Sowislo, der aus dem Abseits sogar noch über das Tor schoss. So blieb es beim 3:1 für kämpferisch starke und an diesem Tag auch sehr effektive Zwickauer.
Neben diesen ungewöhnlich ausführlichen Ausführungen zum Geschehen auf dem Rasen, soll natürlich das Geschehen auf den Rängen auch nicht zu kurz kommen. Das Spiel hatte kaum begonnen, da fing die Heimkurve hinter dem Banner von Red Kaos Feuer. Im Gegensatz zur sonstigen Reaktion bei solchen Aktionen blieb der Stadionsprecher ruhig, betete seinen vorgegeben Text runter und das Spiel lief ohne großes Theater weiter. Da könnten sich einige andere Stadionsprecher und Schiedsrichter mal ein Beispiel dran nehmen.
Auf der anderen Seite waren die Magdeburger gerade in der Anfangsphase wirklich brachial laut und mit den gewohnten Gesängen. Da hatte der eine oder andere auf der Gegengerade schon zutun, das Gespräch mit dem Nebenmann am Laufen zu halten.
Für ein Schmunzeln sorgte ein kleiner „Wechselgesang“, zwischen Magdeburg und Zwickau. Magdeburg mit einem extrem lauten „FCM!“, worauf Zwickau mit „Schweine“ antwortete. Aus dem Nichts rief der Gästeblock jedoch „FSV“, was im Heimbereich aber wohl zu spät ankam und so folgte auch hier wieder „Schweine“ als Antwort. Klassisch ausgekontert, würde man im Fußball sagen.
Zu Beginn der zweiten Halbzeit leuchtete und qualmte es dann auch im Gästeblock. Mit einheitlichen Schals hinter dem „Horrorfans“ ergab das Ganze ein recht ansprechendes Bild. Schon während der Choreo zeigte sich, dass die Magdeburger ganz besonders eine Gruppe von 5-6 jungen Leuten auf der Gegengeraden ins Auge gefasst hatten. Den gut gemeinten Hinweisen „Macht die scheiß Kameras aus“ folgten dann schon die ersten Becherwürfe, die aber nicht annähernd so weit kamen, wie sie sollten. Im Laufe der zweiten Halbzeit konnte Magdeburg wieder an die Lautstärke vom Spielbeginn anknüpfen und feierte die Mannschaft und sich selbst letztendlich noch bis nach Abpfiff. Während jedoch fast die komplette Mannschaft der Magdeburger am Gästeblock abklatschte, wurde auf der Gegengeraden immer wieder nach Dennis Erdmann gerufen. Dieser ging dann tatsächlich auf die rufenden Fans zu, bei denen es sich um die oben genannte Gruppe handelte.
Wer jetzt dachte, dass es sich um Fans aus seiner Dresdner Zeit handelte, hatte sich getäuscht. Schon bei den Toren für Zwickau war diese Gruppe mit Gesten in Richtung Gästeblock aufgefallen. Aber warum sollten die Jungs nicht offen zeigen, dass sie Dresdner sind? Die Antwort bot die Geste eines älteren aus der Gruppe, der plötzlich sein T-Shirt hoch hob. Darunter kam aber nicht seine Plauze, sondern ein Shirt des F.C. Hansa Rostock zum Vorschein. Aus der Gruppe heraus wurde dann letztendlich noch ein kurzes Ständchen mit Bezug zu Hansa Rostock zum Besten gegeben. Daraufhin kam ein lautes „Hansa-Schweine“ aus dem Block der Magdeburger, welches von vielen Leuten mit getragen wurde und auch im restlichen Stadion gut zu hören war. Die Gruppe hatte ihr Ziel, Aufmerksamkeit zu erregen, damit wahrscheinlich erreicht. Im weiteren Verlauf flogen dann noch ein paar Becher und ein Feuerzeug, dass mit einem ordentlichen Knall auf dem Geländer vor der Gegengeraden aufschlug.
Nach ein bisschen Hickhack und verbalen Scharmützeln leerte sich dann das Stadion auch ziemlich schnell, und während im Gästebereich die brennenden Überbleibsel des Besuchs der „Größten der Welt“ gelöscht wurden, konnten die Zwickauer zufrieden den Weg nach Hause antreten.
Bericht & Fotos: Marius Bretzler
> zur turus-Fotostrecke: FSV Zwickau
> zur turus-Fotostrecke: 1. FC Magdeburg
Benutzer-Kommentare
Wir haben Achtung vor Leuten die in Hansa Diensten standen.
Sicher wäre es uns lieber ihn in Rostock spielen zu sehen als bei den Maggis zu versauern.
Das shirt hatte der jüngste an und der wiegt keine 75 kg. Also mal besser hin sehen und zuhören.
Das die Magdeburger keiner mag (außer der BFC) ist ja nun hinlänglich bekannt.
Wir standen mit Dynamo Fans im Block und haben über alte Zeiten geredet. Hättest ja mit dazu kommen können. Oder wäre dir das unangenehm gewesen?
Sieh es positiv waren 100 Euro Eintritt für den FSV. Vielleicht sollten wir öfters kommen damit ihr wieder 3 punkte einfahren könnt.
Sport frei
"Gratulation" an die Aktion vom Rostocker. Letztens hat Red Kaos noch ordentlich ausgesondert, am vergangenen Freitag sich komplett blamiert.