Das „Magdeburger Kind“ drehte heute richtig am Rad! „Ist denn die Elbe immer noch dieselbe, fragt sich der Dom und wundert sich…“ Ja, es ist gar nicht so lange her, da verfolgten daheim an der Elbe mitunter rund 4.000 Zuschauer die Heimspiele des 1. FC Magdeburg. Wir schreiben das Jahr 2018 - und rund 4.000 Fans begleiten ihre Mannschaft zum Auswärtsspiel an die Weser. Der dortige Platz 11 - die eigentliche Heimstätte der U23 des SV Werder Bremen - wäre komplett aus den Nähten geplatzt, und somit wurde rechtzeitig bekanntgegeben, dass die Partie gegen die Magdeburger - wie auch das Freitagabendspiel gegen den F.C. Hansa Rostock am 02. März 2018 - ins Weserstaddion verlegt wurde. Nun machte die Fanszene des 1. FC Magdeburg richtig mobil. Bereits beim Heimspiel gegen den SC Preußen Münster war hinter dem einen Tor auf großen Spruchbändern zu lesen: „Wir haben uns entschieden! 17.02.2018 alle Clubfans nach Bremen!“
Werder Bremen II vs. 1. FC Magdeburg: 4.000 FCM-Fans bejubeln Last-Minute-Sieg
HotGesagt, getan. Schon mal Anschnuppern im Weserstadion. Es kann durchaus sein, dass es in der Saison 2018/19 wieder nach Bremen geht. Dann aber zur ersten Mannschaft des SV Werder. Diese hat am heutigen Nachmittag 0:1 beim SC Freiburg verloren und ist in der 1. Bundesliga auf Rang 15 zu finden (punktgleich mit dem auf dem Relegationsplatz befindlichen 1. FSV Mainz 05). Ebenso durchaus denkbar ist es, dass die Magdeburger in der kommenden Saison gleich zweimal die Elbe hochfahren. Einmal zum FC St. Pauli und einmal zum Hamburger SV, der mächtig in der Abstiegszone feststeckt. Oh la la, und auch auf eine Sause nach Köln-Müngersdorf dürften sich die FCM-Fans im Falle des Aufstieges freuen. Der 1. FC Köln kam heute gegen Hannover 96 nicht über ein Remis hinaus, der Rückstand auf Rang 16 beträgt derzeit neun Punkte. Und wenn man weiter die möglichen Gegner in der 2. Bundesliga durchgeht, schnalzt man mit der Zunge. Ein Wiedersehen mit der SG Dynamo Dresden (vorausgesetzt, die SGD hält die Klasse), eine Fahrt nach Braunschweig und vor allem: Die Spiele gegen den 1. FC Union Berlin. Wir erinnern uns: selbst die Fahrten zur U23 der Eisernen hatten mitunter schon mächtig Pfeffer drin!
Aber klar, noch ist alles Zukunftsmusik. Bis Saisonende ist es noch ein Weilchen hin, noch müssen reichlich Punkte eingesammelt werden. Die Konkurrenz schläft nicht. Der Karlsruher SC rückt weiter auf. Der F.C. Hansa Rostock wird sich nicht lumpen lassen und den gestrigen Ausrutscher in Münster schnell vergessen lassen wollen. Wie schnell man Punkte liegen lassen kann, haben die Magdeburger zum Jahresstart erfahren dürfen. Der Befreiungsschlag erfolgte schließlich daheim gegen Münster. Nun sollte beim SV Werder Bremen II nachgelegt werden. Bei einer Mannschaft, die seit gefühlter Ewigkeit nicht mehr gewinnen konnte. Aber schaut man auf die letzten zehn Partien, so sieht man, dass eben auch vier Unentschieden dabei waren. Und zu solch einem Unentschieden kam es fast am heutigen Nachmittag!
Für Invasionen ist Magdeburg ein guter Startpunkt. Knotenpunkte wie Braunschweig und Hannover sind nicht allzu weit. Mit dem WE-Ticket ist man von Magdeburg nach Bremen zwischen vier und viereinhalb Stunden unterwegs. Je nach Verbindung. Auf dem Straßenweg sind es rund 260 Kilometer. Somit alles prima zu packen an einem Tag, ohne bereits in der Nacht aus der Koje klettern zu müssen. Dass es jedoch für einige Fans nicht völlig reibungslos verlaufen würde, wurde am Vormittag klar, als die Fanhilfe Magdeburg eine Meldung rausgab, in der zu lesen war, dass Polizisten in einem Zug Fotos anfertigen und diese mit Aufnahmen in einer Mappe abgleichen. „Bleibt geschlossen, bietet keine Angriffsfläche!“, wurde aufgerufen. Die Notfallnummer wurde nochmals bekanntgegeben. Ein Fan schrieb, dass die Polizei auf die Frage, welche Straftaten denn begangen wurden, keine Antwort gab.
Der Großteil der Anreisenden erreichte schließlich das Weserstadion, in welchem sich die Ordner angenehm zurückhielten. Den FCM-Fans zu Verfügung gestellt wurde der komplette Oberrang hinter dem Tor, inklusive des eigentlichen Gästeblocks, von dem zahlreiche Fußballfreunde der Meinung sind, dass dieser der schlechteste der 1. Bundesliga sei. Ein Käfig oben in der Ecke - nicht gerade die Wonne. Wenn man diesen zum Beispiel mit dem im Stadion An der Alten Försterei vergleicht - es liegen Welten zwischen. Einige Magdeburger hatten ja auch dort bereits vorgeschnuppert, als beim letzten Spiel (es war die Aufstiegssaison des 1. FCM) bei den Amateuren der Eisernen im dortigen Stadion aufgelaufen wurde.
Zum heutigen Spiel: Unterstützt von der vollen Kapelle auf dem Oberrang ging die Mannschaft des 1. FC Magdeburg bereits nach fünf Minuten in Führung! Der Bremer Keeper Oelschlägel hatte Tobias Schwede, der von 2005 bis 2016 in Bremen gespielt hatte, unsanft von den Beinen geholt. Den fälligen Strafstoß verwandelte Philip Türpitz. Halbhoch links rein die Kugel - 1:0 für Magdeburg. Jubelorgie auf dem Oberrang. Der Weg zum Sieg schien geebnet. Aber halt, das wurde wahrlich kein Selbstläufer! Nach einer halben Stunde kam Werder II über die rechte Seite, im Strafraum soll Manneh von Handke berührt worden sein, so sah es der Schiedsrichter, der auf den Punkt zeigte (getroffen wurde jedoch nur der Ball). Elfmeter für den Gastgeber, Marc Andre Kruska ließ sich nicht lange bitten. Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Souverän schob er rechts unten den Ball ein. Ausgleich für Bremen II.
In der Folgezeit benötigten die zahlreich angereisten FCM-Fans reichlich Geduld. Die Uhr lief. Werder II spielte gar nicht mal so übel. Fast wäre der Gastgeber sogar in Führung gegangen, doch Glinker konnte den Gegentreffer verhindern. Ein Blick auf die Uhr. 87. Minute. Nur ein Pünktchen mitnehmen von der Weser? Zu wenig, wenn man bedenkt, wie eng oben alles geworden ist. Die Partie Meppen vs. Paderborn wurde abgesagt. Mit einem Sieg würde somit der 1. FC Magdeburg die Tabellenspitze erobern. Ran an den Speck! Zwei Minuten vor Ablauf kamen die Gäste über die linke Seite, der Ball wurde hereingebracht, Nils Butzen stand bereit und brachte den Ball trocken im Bremer Gehäuse unter. Mein lieber Herr Gesangsverein, was für ein Jubel! Manch einem älteren FCM-Fan werden die Tränen gekommen sein vor Freude. Meine Fresse. Noch einmal wurde manch einem bewusst. 3. Liga - schön und gut. Doch nach all den langen Jahren im Amateurfußball winkt nun der Sprung in die 2. Bundesliga! Solche Fahrten in großer Gemeinschaft könnten dann zum Dauerzustand werden.
Und noch war nicht Schluss. Einer ging noch! In der Nachspielzeit machte Schwede den Sack endgültig zu. Unten rechts rein. 3:1 für Magdeburg! Im Anschluss wurde einfach nur noch gefeiert, gefeiert und gefeiert. Da zeitgleich der SV Wehen Wiesbaden beim SC Fortuna Köln mit 0:1 verloren hatte, konnte das Polster auf Rang drei wieder auf neun Punkte ausgebaut werden. Dass jedoch noch nicht aller Tage Abend ist, dürfte klar sein. Gewinnt Hansa Rostock das Nachholspiel in Großaspach, klettert Hansa - nach Stand der Dinge - auf Rang drei und der Vorsprung würde auf sieben Punkte schmelzen. Spannend wird das direkte Aufeinandertreffen am kommenden Samstag im Rostocker Ostseestadion. Sei es wie es, aus Magdeburger Sicht war es irre wichtig, am heutigen Nachmittag keine Punkte an der Weser liegengelassen zu heben…
Fotos: Jean Falkner
- Weser-Stadion