Gestatten: Das Ist Ben! Quasi der Ben Hur in der Salzburger Red-Bull-Arena. Doch statt ein legendäres Wagenrennen zu gewinnen, setzte er auf dem Fußballfeld die Bullen Schachmatt. Und zwar mit einem Doppelschlag in der 65. und 66. Minute. Wahrlich filmreif das Ganze. Wie aus einem perfekten Drehbuch. Nach dem 0:0 im Hinspiel im Belgrader Marakana ging am gestrigen Abend Red Bull Salzburg mit 2:0 in Führung, und es schien, als würden die Mannen aus Wals bei Salzburg im elften (!) Anlauf den Sprung in die Gruppenphase der Champions League packen. Doch dann kam Ben, der mit vollem Namen El Fardou Ben Nabouhane Mohamed heißt, von den Komoren stammt und Anfang des Jahres von Olympiakos Piräus zu Roter Stern Belgrad wechselte. In der besagten 65. Minute brachte Milos Degenek den Ball von der rechten Strafraumgrenze aus vor das Tor, am hinteren Pfosten stand Ben bereit, sprang mit Wucht in Richtung Spielgerät und drückte ihn ins Gehäuse. Genau hinter dem Tor befand sich der prall gefüllte Gästeblock, in dem es nun richtig ab ging.
Ben packt die Bullen an den Hörnern - Roter Stern Belgrad erstmals in CL-Gruppenphase!
Idemo! Auf geht´s! Vorwärts, da ging noch was! Der Anschlusstreffer der Belgrader kam völlig aus der Kalten, doch nun war Roter Stern Belgrad am Drücker! Nur 77 Sekunden später zappelte die Kugel nochmals im Salzburger Gehäuse. Fast von der Mittellinie aus wurde ein Freistoß weit nach vorn gebracht. Degenek köpfte gegen die Laufrichtung des Keepers in Richtung zweiten Pfosten, an diesem kam Ben irgendwie noch an den Ball, und schon hieß es 2:2. Der Wahnsinn nahm seinen Lauf. Zig tausende Zvezda-Fans drehten nun richtig am Rad. Geschätzte 9 bis 10.000 waren vor Ort in Salzburg - und diese flippten vor Freude richtig aus.
Krasse Nummer, wenn man sich die erste Stunde des Spiels vor Augen führt. Von Beginn an machte Red Bull Salzburg richtig Druck und bestimmte das Spiel. Nur keine erneute Blamage. Unfassbare zehn Mal scheiterten die Salzburger Bullen zuvor in der CL-Qualifikation. Bloß nicht zum Volldeppen machen. Zumal den Spielern bewusst war, dass quasi die ganze Fußballwelt mal wieder dem Gegner ganz fest die Daumen drückte. In der zehnten Minute fast das 1:0 für Salzburg. Noch mussten sich die Heimzuschauer gedulden. Salzburg drückte und drückte - und wurde schließlich unmittelbar vor der Pause belohnt. Flanke von der linken Seite, problemlos machte Dabbur das 1:0.
Zu Beginn des zweiten Spielabschnitts wollten die Salzburger Bullen den Sack zumachen. Es wurde weitergedrückt. Verständlich, war die 1:0-Führung nach dem 0:0 im Hinspiel ein denkbar dünnes Eis. Nur nicht einbrechen - nachlegen also! Und der Fußballgott schien auf der Seite des Gastgebers gewesen zu sein. In der 48. Minute ertönte der Pfiff - Strafstoß für Salzburg. Zwar war der Schuss auf das Belgrader Gehäuse bereits erfolgt, doch das Hereinrauschen von Degenek in die Beine von Wolf Hannes Wolf war einfach zu deutlich. Dabbur lief zum Punkt und verwandelte sicher. 2:0 für Salzburg - das Ding schien sicher. Bis, ja bis der Ben kam.
Die Salzburger könnten ja auch mal klar und deutlich in der CL-Qualifikation rausfliegen. Aber nein, es muss immer knapp zu gehen. Es muss richtig weh tun. Der Fußballgott - das hatte ich bereits 2014 in einem Bericht geschrieben - scheint wahrlich kein Fan der Bullen zu sein. Anders kann man das nicht erklären. Welch ein Fluch! In der 93. Minute noch eine gute Möglichkeit zum 3:2, aber nein, diese konnte nicht verwandelt werden. Es blieb beim 2:2 und der FK Roter Stern Belgrad erreichte zum allerersten Mal die Gruppenphase der UEFA Champions League.
2016 scheiterte Roter Stern in der dritten CL-Qualifikationsrunde denkbar knapp an Ludogorez Rasgrad, 2012 verlor man in den Play-offs gegen Girondins Bordeaux, 2007 waren die Glasgow Rangers und 2006 der AC Mailand eine Nummer zu groß. 2004 scheiterte Roter Stern in der dritten CL-Qualifikationsrunde an PSV Eindhoven, 2001 hieß der Gegner Bayer 04 Leverkusen. Immerhin dreimal spielte Roter Stern Belgrad im neuen Jahrtausend in der Gruppenphase des UEFA-Pokals / der Europa League. Und nun also der Sprung in die Gruppenphase der Königsklasse.
Und Red Bull Salzburg? „Same procedure as every year“, wurde bereits 2014 getitelt, als die Salzburger am schwedischen Vertreter Malmö FF scheiterten. Im Hinspiel führte RB Salzburg damals bereits mit 2:0, am Ende standen sie mit leeren Händen da. Es schien das verflixte siebte Jahr. Irgendwann müsse solch eine Negativserie - auch wenn es die meisten Fußballfreunde nicht hofften - ja reißen. Denkste! Auch elfmal sind noch nicht genug. Gegen wen die Salzburger von 2005 bis 2014 alles scheiterten, kann hier im Detail noch einmal nachgelesen werden. Knapp ging es auch 2016 und 2017 zu. Gegner im August 2016 war Dinamo Zagreb. Nach dem 1:1 beim Hinspiel in Zagreb unterlagen die Bullen in der heimischen Arena mit 1:2. Die Salzburger Führung konnte Junior Fernandes in der 87. Minute ausgleichen. In der Verlängerung schoss Soudani schließlich das 2:1 für die Kroaten, die sich über die CL-Gruppenphase freuen durften.
Ebenso einen kroatischen Gegner hatte Red Bull Salzburg im vergangenen Sommer. Bei HNK Rijeka wurde 0:0 gespielt, daheim kamen die Österreicher nicht über ein 1:1 hinaus. Wieder einmal grüßte das Murmeltier. Und da die Fußballfans über die Grenzen hinaus so viel Freude daran hatten, legte der Fußballgott noch einmal Hand an und ließ Ben zum Helden der Roten Sterne werden. Episch. Oder einfach nur mächtig!
Fotos: Daniel Scanlon, Marco Hensel (Roter Stern vs. Arsenal)