„Do it yourself“ hat während der Coronazeit Hochkonjunktur. Leute setzen lang aufgeschobene Projekte um, pflastern ihre Einfahrt, mutieren mit Hilfe von youtube-Tutorials zu Sterneköchen oder schreiben Bücher und kümmern sich nebenbei auch noch um Layout und Satz. Zu letzterer Gruppe gehört Jörg Pochert alias „Captain Klobasa“. Der hat einfach mal so, ohne große Vorankündigung einen richtigen Brocken auf den Büchermarkt geworfen. Der Titel „Englische Woche in Armenien“ zeigt dabei schon die grobe Richtung an. Fußball und Reisen. Sprich Groundhopping.
Englische Woche in Armenien: Das Beste aus 676 Spielen in 40 Ländern
Viele werden jetzt aufstöhnen und sich fragen, warum man denn in der heutigen Zeit, wo es allein in den sozialen Netzwerken unzählige Seiten und Blogs zu dem Thema gibt, ein Buch schreiben muss. Noch dazu, wenn die abgedruckten Texte doch schon im Netz zu finden sind? Ganz einfache Antwort, weil man es kann. Kein Blog, keine Website wird das gedruckte Wort jemals vollständig ersetzen können. Es ist einfach immer wieder ein Genuss, mit einem Buch und einem Kaltgetränk auf dem Sofa zu flezen und sich der Gedankenwelt des Autors hinzugeben. Die Reisen und Spiele gedanklich nachzuzeichnen und dabei den stressigen Alltag hinter sich zu lassen. Das funktioniert beim schnellen „click&like“ nicht. Die Ironie, dass Ihr das gerade auf einer Website lest, ist mir bewusst.
Groundhopping also, oder soll ich besser sagen Fußballreisen? Der Fokus, den Jörg, wie auch schon in seinem ersten Buch „Ayia Napa!“, sowohl auf den Fußball und die besuchten Stadien als auch auf das jeweils besuchte Land legt, ist definitiv seine Stärke. Nicht nur schnödes Abspulen von Zahlen, Daten und Fakten, sondern eine tiefer gehende Betrachtung auch abseits des Rasenvierecks sind der rote Faden, an dem sich das knapp 420 Seiten starke Werk orientiert. Egal ob zur EM in Frankreich, auf der Isle of Man oder im titelgebenden Armenien, Captain Klobasa und seine wechselnden Begleiter lassen sich auf die Kultur des Reiseziels ein. Der Leser wird nicht nur in exotische Stadien (Kambodscha ist für mich ein Highlighttext) mitgenommen, nein auch mehr oder weniger bekannte Kulturstätten werden einem näher gebracht.
Das Ganze in einem lockeren Stil, der zwar an Fanzines der 90er Jahre erinnert, dabei aber weit weniger prollig daher kommt als es bei einigen Zines inzwischen Usus ist. Den ein oder anderen Seitenhieb an eben jene Fanzine-Macher kann sich Jörg in seinem Buch nicht verkneifen. Minimale Punktabzüge gibt es für die Bildqualität. Schwarz-weiss Fotos stören mich zwar nicht, teilweise kommen sie aber etwas verpixelt rüber. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.
Fußball und Reisen, das passt einfach wunderbar zusammen. Das Buch ist der perfekte Beweis. Zu bestellen ist es direkt auf der Seite von Books on Demand. Unterstützt den Autor direkt und verzichtet darauf, es beim gierigen Marktführer zu bestellen.
Fotos: Marco Bertram, Robert Brandtner