Am Ende vergangenen Jahres kam in der Reihe der Fußballfibeln mit „Destination Flutlicht - Aus dem Leben eines Groundhoppers“ das Werk des 1967 in Braunschweig geborenen Eckart Preen auf den Markt. Seit 1990 ist der Eintracht Braunschweig-Fan am Niederrhein ansässig und geht seit Ende der 1970er zum Fußball. Eckart Preens wichtigste Interessen sind Fußball, Reisen, Fremdsprachen und Geschichte - und das Groundhopping ist für ihn die optimale Kombination all seiner Leidenschaften. Wir führten mit ihm ein ausführliches Interview und sprachen über Fußball, das Reisen und selbstverständlich auch über sein 254-seitiges Werk, das überaus gut zu lesen ist.
Destination Flutlicht: Groundhopping als Kombination der Leidenschaften
turus: Moin Eckart, mit 254 Seiten kommt deine Fußballfibel "Destination Flutlicht" recht dick daher. Ist dies eigentlich dein erstes Buch und hattest du von Beginn an vor, ein recht umfangreiches Werk abzuliefern oder warst du dann einfach nur gut im Fluss?
Eckart: In der Tat ist „Destination Flutlicht“ mein erstes eigenes Buch. Vor vielen Jahren habe ich mal einen mehrseitigen Artikel zu einem Groundhopping-Sammelband beigetragen und in den 1990er Jahren habe ich sehr viel für verschiedene Fanzines geschrieben, vor allem „Die Gegengerade“ in Braunschweig. Nun also eine komplette Autobiographie. Stimmt, 254 Seiten sind schon recht umfangreich, aber aus 40 Jahren als Fan und Groundhopper hätte ich durchaus auch noch mehr berichten können …
turus: Wie kam es eigentlich dazu bzw. wie kam der Kontakt zum Culturcon Verlag zustande?
Eckart: Nachdem ich im Februar 2022 rund drei Viertel des Manuskripts fertig hatte, habe ich ein Exposé zu dem Buchprojekt erstellt und es mit einigen Beispielkapiteln an mehrere Verlage geschickt. CULTURCON medien hat sich noch am selben Tag zurückgemeldet und dann war auch sehr schnell klar, dass es zu einer Zusammenarbeit kommen würde.
turus: Eine Frage wird jedem Autor gestellt. Wie schreibst du lieber? Gleich morgens frisch rasiert mit einer Tasse Kaffee am Schreibtisch oder doch lieber abends bei einem Glas Wein? Und gleich die nächste Frage hinterher: Wie lange hast du für dieses Buch benötigt?
Eckart: Ich habe den größten Teil des Manuskripts während der 14 Tage meines Weihnachtsurlaubs 2021/22 geschrieben, als ich so richtig im Flow war. Da konnte es dann auch durchaus mal bis nach Mitternacht gehen und am nächsten Morgen auch unrasiert gleich weiter. Nach der Zusage von CULTURCON habe ich mich dann mit frischer Motivation an das letzte Viertel des Manuskripts gesetzt und habe Ende Mai sämtliche Texte eingereicht. Insgesamt habe ich also etwas mehr als fünf Monate für das Buch gebraucht.
turus: Die Kombination aus Eintracht Braunschweig und Niederrhein machte mich stutzig. Du kennst doch bestimmt den Holger von "Eintracht auf Kölsch", der in den 90ern für Fanzines den einen oder anderen Bericht geschrieben hatte.
Eckart: Aber sicher doch, Holger war ja sogar Mitglied unseres Fanclubs „Braunschweig Family“, der damals mit „Eintracht auf Kölsch“ und „Die Gegengerade“ für viele Jahre für die beiden bekanntesten Fanzines in der BTSV-Szene sorgte.
turus: Mit Spannung habe ich vor allem deine Berichte über den Ost-Fußball zur Wendezeit gelesen. Wie ist dein heutiger Blick auf die Region Nordost? Hat es dich noch mal öfters nach Leipzig und Rostock verschlagen?
Eckart: Auch wenn ich seit über drei Jahrzehnten am Niederrhein lebe, habe ich immer noch eine große Sympathie für den Osten unseres Landes und war in den letzten Jahren mehrfach dort im Urlaub, in so schönen Städten wie Wismar oder Erfurt, Potsdam und eben auch Leipzig. Dort hat 2016 sogar meine damals sechsjährige Tochter Carolin ihr erstes Auswärtsspiel des BTSV gesehen, in der 2. Liga gegen RB – heute kaum noch vorstellbar!
turus: Wer viel reist, erlebt bekanntlich viel. Mit Blick auf all die Jahre: Was waren deine schlimmsten Reiseerlebnisse?
Eckart: Als Groundhopper denkt man da natürlich vor allem an kurzfristige Spielabsagen oder -verlegungen. Gerade in der Zeit vor Internet und Smartphone gab es da so einige böse Überraschungen, wie 1989 in Split oder irgendwann in der 1990er Jahren in Posen, als jeweils nur eine Besichtigung dieser beiden schönen Städte für die ansonsten nutzlose Anreise entschädigte. 2018 wäre in Kawasaki beinahe noch eine Enttäuschung in Gestalt eines ausverkauften Stadions hinzugekommen, aber ein Last-Minute-Erfolg auf dem Schwarzmarkt hat mir dann doch noch den ersehnten Länderpunkt Japan eingebracht.
turus: Welche Länder möchtest du unbedingt noch besuchen?
Eckart: Rein touristisch steht Kanada ziemlich weit oben auf der Wunschliste, auch Costa Rica würde mich mal reizen. In Sachen Groundhopping sind die beiden wichtigsten mir noch fehlenden Länderpunkte Brasilien und sogar Griechenland, weil bei meinen jeweils zwei bisherigen Besuchen dort einfach kein Stadionbesuch möglich war – das würde ich gern noch einmal nachholen.
turus: Eintracht Braunschweig ist dein Herzensverein. Welchen anderen Clubs in Nah und Fern drückst du ein wenig oder auch etwas mehr die Daumen?
Eckart: In Deutschland habe ich die größten Sympathien für den 1. FC Union Berlin, deren Stadion „Alte Försterei“ ich schon 1985 bei einem Spiel der DDR-Oberliga kennenlernen durfte. Im Ausland bin ich seit über dreißig Jahren Anhänger von Sampdoria Genua, die ich immerhin sogar 1992 im Endspiel um den Europapokal der Landesmeister in Wembley unterstützen konnte, umringt von vielen mir gut bekannten Anhängern der „Ultras Tito Cucchiaroni“.
turus: Welche Aspekte des Fußballs in den 80er und 90er Jahren vermisst du am meisten? Wenn du die Uhr noch einmal zurückdrehen könntest: Was würdest du gern noch einmal erleben wollen?
Eckart: Ich vermisse die sensationelle Atmosphäre englischer Stadien mit Stehplätzen und mitten in irgendwelchen Wohngebieten gelegen, Highbury oder die White Hart Lane in London zum Beispiel – seit dem Hillsborough Disaster 1989 ist die Stimmung auf der Insel nur noch ein müder Abklatsch von früher und die Gigantomanie der neuen Arenen schwer erträglich. Und ich vermisse eine Bundesliga, in der noch weit durchgehend echte Traditionsvereine spielen und nicht die Marketingabteilungen von Software- oder Automobilkonzernen.
turus: Um auf dein Buch zurückzukommen. Was erwartet die Leserin bzw. den Leser? Ist es vor allem ein Buch von einem Groundhopper für Groundhopper?
Eckart: Das Buch besteht aus insgesamt sechs Teilen, von denen die beiden umfangreichsten sehr viele Reiseberichte aus rund dreißig europäischen und einem Dutzend außereuropäischer Länder enthalten – also in der Tat von einem Groundhopper für andere Groundhopper. Im ersten Teil geht es hingegen um mein Aufwachsen in den Fankurven der Bundesliga und zahlreiche Auswärtsspiele mit meinem eigenen Verein speziell in den 1980er und 1990er Jahren, in Teil 4 um die Zeit der Corona-Krise und in Teil 5 um ein vorläufiges Fazit. Dort beantworte ich auch die Fragen, warum man überhaupt Fan und Groundhopper wird, welchen Preis man dafür zahlt und was einem das alles bringt – natürlich extrem subjektiv. Im abschließenden Ausblick beschäftige ich mich dann schwerpunktmäßig mit der hemmungslosen Kommerzialisierung des Fußballs als größter Gefahr für dessen künftige Entwicklung.
turus: Das Buch ist nun bereits ein paar Wochen auf dem Markt. Wie fiel das erste Feedback aus? Bist zu zufrieden mit der Resonanz?
Eckart: Ich habe sehr viele positive Reaktionen auf das Buch bekommen, sowohl aus meinem ziemlich großen Bekanntenkreis wie auch von einigen mir bislang völlig unbekannten Krefelder Bürgern, die mich zuvor wegen meiner beruflichen Tätigkeit nur als Wirtschaftsdezernent aus der Zeitung kannten und dieses nun enthüllte „Doppelleben“ mit sehr anerkennenden Worten gewürdigt haben – das hat mich besonders gefreut!
turus: Ist ein weiteres Buch in naher oder ferner Zukunft in Planung?
Eckart: Nein, ich musste meiner Frau versprechen, dass es bei diesem einem Buch bleiben wird … zumindest bis zum Eintritt in den Ruhestand, dann werde ich ja mehr Zeit haben.
turus: Wo siehst du im Allgemeinen den Fußball in 20 Jahren?
Eckart: Das ist ganz schwer zu sagen. Ich halte schon für die nächsten fünf bis zehn Jahre verschiedene Szenarien für denkbar, von einem in Anbetracht mangelnder Spannung speziell an der Bundesligaspitze und weiterhin ausbleibender Erfolge der Nationalelf stark schwindenden Interesse bis hin zu einer Rückkehr authentischer Begeisterung und regelmäßig ausverkaufter Stadien dank eines neuen „Sommermärchens“ schon bei der EM 2024 und einer Ablösung des Serienmeisters von der Isar durch eine neue Wettbewerbsfähigkeit gleich mehrerer Konkurrenten. Aber gerade Letztgenanntes erscheint mir trotz der aktuellen Tabellensituation nicht allzu wahrscheinlich, die Kommerzialisierung sowie die starke Orientierung gerade jugendlicher Fans an den „ewig Erfolgreichen“ dürfte die Machtverhältnisse eher dauerhaft zementieren.
turus: Vielen Dank für das Interview und viel Freude bei deinen nächsten (Fußball-)Reisen!
Fotos: Eckart Preen