WM-Geschichten: Kindheitserinnerungen an das Duell Argentinien gegen Brasilien

** This thread discusses the content article: WM-Geschichten: Kindheitserinnerungen an das Duell Argentinien gegen Brasilien **

Lang, lang ist´s her. Genauer gesagt 32 Jahre. Fußballweltmeisterschaft 1978 in Argentinien. Nach der Gruppenphase, die in vier Gruppen mit je vier Mannschaften ausgespielt wurde, folgte kein Viertelfinale, sondern eine zweite Runde mit je zwei Vierergruppen. Es sollte zum großen Duell zwischen Argentinien - Brasilien kommen. Und das in Argentinien. Zu einer Zeit, in der Argentinien unter der Militärdiktatur litt. Im Vorfeld überlegte die Bundesrepublik Deutschland sogar, die WM 1978 zu boykottieren.[/quote]





Aus deutscher Sicht blieb die WM 78 vor allen Dingen auf Grund eines ganz besonderen Spiels in Erinnerung: Die 2:3-Niederlage gegen Österreich im Estadio Olímpico Chateau Carreras der Stadt Córdoba. In der Gruppenphase setzte sich die deutsche Elf gemeinsam mit Polen in der Gruppe 2 durch.[/quote]
In der zweiten Runde hatte es Deutschland mit den Niederlanden, Italien und Österreich zu tun. Nach einem 0:0 gegen die Italiener und einem 2:2 gegen die Holländer musste gegen die Österreicher ein Sieg her.[/quote]
Die Sache ging jedoch mächtig in die Hose. Karl-Heinz Rummenigge brachte in der 19. Minute die deutsche Elf in Führung. In der 59. Minute schoss Berti Vogts ein Eigentor und Hans Krankl gelang nur sieben Minuten später der 2:1-Führungstreffer. Zwar gelang Bernd Hölzenbein im Gegenzug noch der Ausgleich, doch zwei Minuten vor Schluss machte Hans Krankl den Sack zu. 3:2 für Österreich - was für eine Schmach für Deutschland.[/quote]
Edi Fingersen brüllte damals ins Mikrofon: "Schuss … Tooor, Tooor, Tooor, Tooor, Tooor, Tooor! I wer' narrisch! Krankl schießt ein – 3:2 für Österreich!"[/quote]

Die beiden großen Rivalen Argentinien und Brasilien kamen in der Gruppenphase jeweils als Zweiter in die nächste Runde. In der Gruppe 1 hatten es die Gauchos mit Italien, Frankreich und Ungarn zu tun.[/quote]
Die Brasilianer spielten in der Gruppe 3 gegen die besagten Österreicher, Spanien und Schweden. Genauso wie Argentinien zog Brasilien mit 4:2 Punkten in die Zweite Runde ein.[/quote]
{module ads}[/quote]
Nun kam das dicke Ei. Argentinien und Brasilien mussten gemeinsam in der Gruppe B antreten. Mit dabei Peru und Polen. Die Sache sah damals so aus: Die Tabellenführer der Gruppe A und B spielen das WM-Finale aus, die beiden Zweitplatzierten spielen um Platz 3.[/quote]

In der Gruppe A wurden die Holländer Erster und zogen ins Finale ein, Zweiter wurde Italien. Die Erzrivalen Argentinien und Brasilien wurden ihrer Favoritenrolle gerecht und machten die Plätze 1 und 2 unter sich aus.[/quote]
Am 18. Juni 1978 kam es im Estadio Gigante de Arroyito der Stadt Rosario zum großen Showdown. 40.600 Zuschauer passten damals auf die Ränge.[/quote]

An all jene Dinge kann ich mich nicht mehr recht erinnern. Ich war damals fünf Jahre alt, und mein Interesse für Fußball hielt sich in Grenzen. Meine Eltern lebten mit mir in einem Holzhaus in einer Siedlung am Rande von Ost-Berlin.[/quote]
Ich hätte sicherlich keine persönlichen Erinnerungen an diese Weltmeisterschaft, hätte mir nicht mein Vater damals den kleinen Schwarzweiß-Fernseher ins Kinderzimmer gestellt. Meine Eltern hatten zwei Kinokarten, andererseits wollte mein Vater unbedingt wissen, wie das brisante Spiel Argentinien - Brasilien ausgehen würde. Kurzerhand bekam ich die kleine Kiste abends neben das Bett gestellt. Die Antenne wurde gerichtet, der Kanal rauschfrei eingestellt. Für´s Söhnchen noch zwei Klappstullen, ein Glas Milch und die Anweisung "Wehe du schaust dir eine anderes Programm an..."[/quote]

In der Tat schaute ich die gesamten 90 Minuten über gebannt das Spiel, während meine Eltern in der Stadt ausgingen. Erst spät in der Nacht kamen sie wieder zurück - die Kiste war da bereits aus und ich schlummerte tief und fest. Verdammt fest.[/quote]
Mein Vater hielt es vor Spannung kaum noch aus. 1978. Kein Videotext. Kein Internet. Kein Telefon. Mitten in der Nacht. Nur das kleine Söhnchen als Informationsquelle. Es half nichts, ich musste geweckt werden.[/quote]
"Wach auf! Wer hat das Spiel gewonnen, Marco?"[/quote]
Schlaftrunken raffte ich wirklich gar nichts. Was? Wer? Spiel? Argentinien? Ich verstand nur Bahnhof.[/quote]
"Na das WM-Spiel! Nun sag schon! Sag bloß, du hast umgeschaltet?"[/quote]
Der Tonfall wurde ruppiger. Daddy wurde richtig erbost. Mir dämmerte langsam, doch ich war zu müde, um das Spielergebnis über die Lippen zu bringen...[/quote]
Mein Vater war sauer. Am Frühstückstisch erklärte ich, dass ich sehr wohl das Spiel gesehen habe. 0:0! Keine Tore![/quote]
Er glaubte mir nicht und behauptete, ich habe inzwischen das Ergebnis aufgeschnappt...[/quote]
Egal, mein Leben lang bleibt mir das flimmernde sw-Bild auf dem Fernseher in Erinnerung. Die Spieler. Die weißen Papierrollen, die am Rasenrand lagen. Ganz dunkel ein paar Spielernamen. Leão, Zico, Batista, Edinho.[/quote]
WM 78. Unvergessen...[/quote]

Apropos. Dank des besseren Torverhältnisses zog Argentinien ins Finale ein und schlug dort die Niederlande mit 3:1 nach Verlängerung. Brasilien wurde immerhin mit einem 2:1 gegen Italien Dritter![/quote]