Fußball-WM in Katar - ein Witz, ein Alptraum, ein reines TV-Spektakel?

03 Dez 2010 19:05 #15825 von Marco
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"Mutige Entscheidung" ist noch sehr freundlich ausgedrückt. Oh la la. Was man so alles zu hören bekam, nachdem fest stand, dass es 2022 eine Fußballweltmeisterschaft im reichen Zwergstaat Katar geben wird... Katar? Eine Fläche mit gerade einmal 11.521 Quadratkilometern. Sage und schreibe rund eine Million Einwohner. Die Einwohnerzahl ist die gleiche wie die des Saarlandes, die Fläche ist in etwa so groß wie die Hälfte von Hessen. Ein starkes Stück. Was soll eine Weltmeisterschaft in einem Land, das so viele Bewohner hat wie Köln? Fein, dass ultrareiche Ölscheichs die Kosten für die modernen Stadien scheinbar aus dem Ärmel schütteln. Prima, dass sämtlicher Stromverbrauch durch Solarenergie gedeckt wird. Da können die Arenen inklusive Fanbereiche auch schon mal auf exakt 27 Grad Celsius klimatisiert werden.





Anscheinend richtet sich die FIFA darauf ein, dass Fußballweltmeisterschaften eines Tages so oder so nur noch für die Fernsehzuschauer relevant sein wird. Die WM als reines TV-Großereignis. Die letzte WM in Südafrika war bereits ein Vorgeschmack. Miese Stimmung auf den Rängen, Fußballeuphorie kam kaum auf. Egal, Rekordgewinne wurden trotzdem eingefahren. Schade nur, dass der Ausrichter Südafrika Miese gemacht hat. Beim ölreichen Emirat Katar dürften die Kosten dagegen kaum eine Rolle spielen. Für die kleine Monarchie im Nordosten der Arabischen Halbinsel dürfte es die Chance werden, weltweit megamäßig ins Rampenlicht zu rücken.

Manch einer meinte gar, die WM 2022 in Katar sei eine Chance für den gesamten Nahen / Mittleren Osten. Ähem, nur sei nachgefragt, was Katar mit dem Irak, Iran oder Palästina zu tun habe? Die WM 2018 in Russland wird wohl auch kaum die Probleme in Zentralasien lösen.

Schauen wir doch einmal näher auf Katar. Immerhin 180 Kilometer erstreckt sich das Land von Nord nach Süd, die größte Ausdehnung von Ost nach West beträgt etwa 80 Kilometer. Von der Hauptstadt Doha werden nur die wenigsten etwas gehört haben. Rund 400.000 Menschen wohnen dort. Im Gegensatz zu den bekannten Städten in den Vereinigten Arabischen Emiraten (Abu Dhabi und Dubai) stand Doha bisher kaum im Fokus der Weltöffentlichkeit. Allein die Finanzwelt und die Erdölkonzerne werden Doha täglich auf dem Bildschirm haben.

Fairerweise muss man sagen, dass Katar in vielen Sportarten seit Jahren ein wichtige Rolle spielt. Motorrad, Superbike, Tennis, Radsport. 2005 fanden dort die West Asian Games statt. Doha hatte sich sogar um die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 2016 beworben. Nicht mitbekommen? Bereits bei der Vorausscheidung ist Doha ausgeschieden.
Motorrad, Superbike, Tennis, Radsport schön und gut, doch Fußball ist eine ganz andere Nummer. Fußball lebt von Tradition und von Emotionen. Diesbezüglich hat Katar herzlich wenig zu bieten. Wie auch? Die Katarische Nationalmannschaft hatte noch nie an einer Weltmeisterschaft teilgenommen. Immerhin war sie 1984 bei den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles dabei. Der größte bisherige Erfolg der Nationalmannschaft war das Erreichen des Viertelfinales bei den Asienmeisterschaften 2000. Apropos Asienmeisterschaften. 2011 ist Katar Ausrichter eben dieser. Schön für Katar und seine sicherlich liebenswerten Einwohner, doch hätte dies nicht genügt? Hätte sich die Fußballwelt nicht weitaus lieber eine WM 2022 in Australien gewünscht?

Alles Jammern hilft bekanntlich nichts. Einziger Trost ist, dass es noch satte 12 Jahre hin sind, bis das Medienspektakel im kleinen Wüstenstaat am Persischen Golf startet.
2014 wird es eine Weltmeisterschaft in einem Land geben, das mit dem Fußball lebt - und zwar an 365 Tagen im Jahr. In Brasilien werden wir eine WM erleben, die zwar auch extrem kommerziell sein, jedoch zudem von der phantastischen Fußballatmosphäre leben wird.
Die WM 2018 in Russland darf man als interessantes Experiment ansehen. Sicher wird sich manch einer lieber England oder Spanien / Portugal gewünscht haben, doch die Partien in Moskau, St. Petersburg, Kaliningrad und den anderen Städten dürften einen Besuch wert sein. Ein Fußballspiel in einem sterilen, vollklimatisierten Luxusstadiontempel in Katar kann man sich dagegen wohl sparen - zumal WM-Tickets in der Regel nicht für einen schmalen Taler zu haben sind...

> zu den turus-Fotostrecken: Fußball, Fans und Stadien
03 Dez 2010 19:05 #15826 von Manne
Och Kinder, das ist mir völlig wurscht. 2022 bin ich in Rente. Solln sie alle machen was sie wolln.