Ein Tag der echten Demokratie - Fotos und Bericht von der Anti-Atom-Demo

** This thread discusses the content article: Ein Tag der echten Demokratie - Fotos und Bericht von der Anti-Atom-Demo **

Wie ein endloser farbenfroher Bandwurm zog sich der Demonstrationszug am Samstagnachmittag durch das Berliner Regierungsviertel. Friedlich, bunt und kreativ ging es stundenlang zu Fuß quer durch die Straßen. Gegen 16 Uhr wurde das Ziel erreicht: Das Regierungsviertel wurde von den Atomkraftgegnern komplett umzingelt. Mehr sogar noch. Die Treppen vor dem Reichstag und die eigentlich abgesperrte Wiese wurden friedlich geentert. Eine demonstrationsmüde Bevölkerung? Davon war gestern nichts zu spüren. Die Erwartungen der Veranstalter wurden weit übertroffen.[/quote]





Mit rund 50.000 Demonstrationsteilnehmern wurde im Vorfeld gerechnet. Mehr als doppelt so viel waren es. Über 100.000 Atomkraftgegner aus den verschiedensten politischen und gesellschaftlichen Lagern beteiligten sich an der Großdemo und zeigten, was sie von den Plänen der schwarz-gelben Regierung halten. Die Teilnehmerzahl genau zu schätzen war fast unmöglich, da sich zu keinem Zeitpunkt sämtliche Demonstranten an einem Ort befanden. Während die ersten zig tausend Teilnehmer bereits den Reichstag und das Kanzleramt erreichten, liefen die letzten erst gerade am Washingtonplatz vor dem Berliner Hauptbahnhof los.[/quote]

Über die Reinhardtstraße, Friedrichstraße und Dorotheenstraße ging es quer durch die City zum Regierungsviertel.[/quote]
Von 13 Uhr bis 16 Uhr waren die Leute nonstop unterwegs, der Marsch nahm schier kein Ende. Gegen 15 Uhr sammelten sich etliche Teilnehmer auf den Stufen des Reichstages, erste Demonstranten suchten indes einen Weg auf die abgesperrte Wiese. Noch versuchte die Polizei, die große Grünfläche von den Menschen frei zu halten. Für die Abschlusskundgebung wurde nur der Washingtonplatz genehmigt. An immer mehr Stellen gelangten jedoch friedliche Demonstrationsteilnehmer auf die Wiese, die Polizeikräfte wurden von den Absperrungen abgezogen.[/quote]

Rund um das Regierungsviertel ergab sich ein buntes Gesamtbild. Tausende Menschen mit Fahnen und Transparenten befanden sich zeitgleich vor dem Reichstag, vor dem Kanzleramt, auf dem Washingtonplatz und auf den anliegenden Straßen und Brücken. Während die ersten Teilnehmer nach Hause zogen, strömten weitere nach. Auch aus diesem Grund ist eine Schätzung der Gesamtzahl mehr als schwierig. Fakt ist, dass diese seit Jahren größte Anti-Atom-Demo eine klare Ansage an die Bundesregierung ist. Mit aufgerufen und dabei waren die verschiedensten Organisationen und Partien. Grüne, Sozialdemokraten, Linke, Piraten. Mitglieder und Anhänger von Greenpeace, des BUND, des Nabu und weitere diverser Bundesverbände und Umweltschutzgruppen. Mit dabei waren auch etliche Aktivisten und Fahrzeuge aus dem Wendland. Einige Traktoren aus dem Landkreis Lüchow-Dannenberg führten den Demonstrationszug an.[/quote]

Was die zahlreichen Transparente der Atomkraftgegner betrifft, wurde dekoriert und bemalt wie seit Jahren nicht mehr. Manchmal stilvoll, manchmal auch leicht unter der Gürtellinie:[/quote]
"Atomkraft Schluss jetzt!", "Wer heute nach Atomkraft rennt, liegt morgen unter 5 Prozent!", "Abpfiff für Atomkraft!", "Angstzeitverlängerung bis 2040, Krückentechnologie für eine strahlende Zukunft!", "Asse? Ne Schippe beton. Klappe zu. Affe tot. Alles dicht?", "Asse? Sicher abgesoffen! Morsleben? Sicher eingestürzt! Gorleben? Sicher sicher???? Hören Sie auf, die Leute zu verarschen, Frau Merkel!", "Sicherer Umgang? Pah! Jahrzehntelang belogen, Jahrtausendelang verstrahlt! Cäsium in Pilzen, Leukämie bei Kindern, Polonium im Tee, Uran im Wasser! Es reicht jetzt! Atomwahnsinn stoppen!"[/quote]

Des Weiteren war auf dem kilometerlangen Demonstrationszug unter anderem zu lesen: "Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! Atomkraft? Nein danke!", "Skandal! Ostschrippe Merkel von AKW-Riesen verspeist!", "Gruß aus Geeshacht von der Kuh Sally", "Niemals aufgeben!", "Angela? Nein danke!", "Stoppt den Irrsinn!", "Weltatomerbe: Morsleben, Konrad, Asse II", "Zukunft statt Atom!", "Atom stinkt!", "Atomkraft ins Technikmuseum!", "Niemand hat die Absicht, Eure Kinder zu verstrahlen!", "Sofort umschalten! Anti-Atom-Plenum-Weserbergland", "Stoppt die todbringende Atomkraft! Sonst tun wir es!", "Keine schmutzigen Deals! Wir wollen eine saubere Revolution!", "Deutschland: Lobbykratie".[/quote]
Manch einer meinte nur kurz und knapp: "Angie in die Asse!" oder "Merkel ab ins Endlager!" Für letzteren Spruch hagelte es auch schon mal harsche Kritik von älteren Demonstrationsteilnehmern. Der Begriff "Endlager" im Zusammenhang mit Menschen sei in Deutschland alles andere als geschmackvoll, echauffierte sich ein älterer Mann und schüttelte den Kopf. Das fröhlich singende Ehepaar mit dem kleinen Pappschild lächelte nur und zog weiter.[/quote]
Erheblich derb meinte ein andere auf seinem Schild: "Endlager für meine Brückentechnologie". Auf dem selbst gemalten Bild steckte ein Atomfässchen im Allerwertesten der Bundeskanzlerin.[/quote]

"WIR SIND DAS VOLK - DAS galt nicht nur für die SED!" - Dieses Plakat eines Mittfünfzigers brachte es auf den Punkt. Das Volk hatte demonstriert. Das Volk sagte seine Meinung. Das Volk stand friedlich auf den Stufen des Reichstags. Diese Bilder werden weltweit um die Welt gehen. Genau dort vor dem Reichstag standen vor 20 Jahren bereits einmal tausende Menschen. Gemeinsam feierten sie am 3. Oktober 1990 den Tag der deutschen Einheit. Zuvor ermöglichte erst die friedliche Revolution in der DDR diese Einheit.[/quote]
Wer weiß, vielleicht gelingt es dieser Tage der jetzigen friedlichen Revolution die Verlängerung der AKW-Laufzeiten zu verhindern? Die gestrige Demo sollte erst der Anfang sein, versicherten die Veranstalter. Die CDU-FDP-Regierung darf sich auf einen stürmischen Herbst freuen. Der gestrige Tag hatte eindrucksvoll gezeigt, dass Politik nicht am Volk vorbei gemacht werden darf. Auch nicht im Jahr 2010...[/quote]

zur ausführlichen turus-Fotostrecke: Anti-Atomkraft-Großdemo in Berlin[/quote]