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Walpurgisnacht in Berlin: Friedliche Demo und unruhige Nacht

04 Mai 2011 00:16 #16398 von Marco
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Gewiss, die ganz große Krawalle blieb in Berlin-Friedrichshain in der Walpurgisnacht aus, doch ganz so friedlich wie es zahlreiche Zeitungen schreiben, war es nun auch nicht. Fakt ist, dass die gestern Nachmittag um 17 Uhr am Rosenthaler Platz startende Demonstration äußerst friedlich über die Bühne ging und sich die Teilnehmer äußerst diszipliniert verhalten hatten. Zu Problemen zwischen linken Krawallmachern und der Polizei kam es erst nach 22 Uhr rings um den Wismarplatz und der Boxhagener Straße. Dort kam es zum Abbrennen von Feuerwerkskörpern, zahlreichen Flaschenwürfen und einigen Festnahmen.




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Der Reihe nach. Rund 2.000 Personen hatten an der Demonstration "Wir bleiben alle! Schokoladen, Linie 206, Linienhof. - Gegen Mieterhöhung, Gentrifizierung und Vertreibung linker Projekte" teilgenommen. "Die Stadt als Beute?" "Was in Mitte brennt, kann in Neukölln keinen Schaden anrichten!" Vom Rosenthaler Platz aus ging es über Linienstraße und Choriner Straße zur Kastanienallee. Unter großem Jubel wurde dort vom Dach aus ein kleines Feuerwerk gezündet. Weiß auf schwarz wurde mit Hilfe eines aufgehängten Transparents eine klare Ansage in Richtung Politik und Polizei gemacht: "Flora bleibt! ACAB".

Über die Schönhauser Allee hinweg lief der Demonstrationszug weiter zum Kollwitz-Kiez. Vorbei an zahlreichen schmucken Straßencafés und Restaurants mit aufgeckten Tischen. Berlin? Welch ein skurriler Anblick. Stylisch gekleidete Leute speisten relaxt Salat und Pasta, während auf Tuchfühlung der vorwiegend schwarz gekleidet Demozug vorbei marschierte. "Yuppies raus!", "Wir sind wieder da!" Zwar darf stark bezweifelt werden, ob Linke und Alternative wieder den Prenzelberger Kiez zurückerobern, doch schlecht gestaunt hat das Straßenpublikum nicht. Überraschendes Unterhaltungsprogramm am späten Nachmittag. Nach einem nördlichen Schlenker endete schließlich die Demonstration an der großen Kreuzung Schönhauser Allee, Eberswalder Straße, Danziger Straße, Pappelallee. Für Unmut sorgten dort nur die Security-Leute der BVG, welche die Treppen der U-Bahnhofs freihalten wollten. Manch ein Fotograf wurde richtig bissig, als er unsanft die Stufen hinabgeschoben wurde.

"Boxi im Exil". Erstmalig durfte das abendliche Konzert in der Walpurgisnacht nicht am Boxhagener Platz ausgetragen werden. Stattdessen stand der nahe Wismarplatz zur Verfügung. Komplett eingezäunt, komplett von der Polizei bewacht. Nicht hübsch anzusehen, aber praktisch. Für viel Freude sorgte dieser Veranstaltungsort allerdings nicht. Der Aufruf der linken Szene war dementsprechend klar und deutlich: "Finger weg von unserem Kiez! Boxi zurück!" Daraus wurde nichts. Der Platz als solches und der dortige Abschnitt der Grünberger Straße wurden von der Polizei abgeriegelt. Einsatzwagen, Sperrzäune und Scheinwerfer prägten das abendliche Bild.
Wie üblich blieb es bis 22 Uhr komplett friedlich. Erst nach dem Abbau der Bühne auf dem Wimsarplatz begann wieder der alt bekannte Ablauf. Rasch wurde ein kleines Feuerchen entfacht. Ein bisschen Papier, dann die Plastikbecher und schon bald ein ausgerissener Strauch. Gejohle und Getanze um die Flammen. Rauch stieg auf und die Polizei ließ nicht lange auf sich warten. Die Gefahrenstelle wurde eingekreist und der Brandherd gelöscht. Der eigentliche Auftakt des Abends. Ein Böller, ein Chor: "Ganz Berlin hasst die Polizei!" Rückzug der Einsatzkräfte hinter die Linien, der Mob wurde warm. Wie bereits eingangs erwähnt, zu schweren Krawallen kam es nicht, allerdings war das Aggressionspotential durchaus beachtlich. Bei manch einem musste wohl das Ventil geöffnet werden, die aufgestaute Wut musste raus. Merkwürdig nur das Erscheinungsbild und das Auftreten manch eines verbalen Anheizers.

Gegen 23 Uhr gab es Musik auf der anderen Seite der Polizeiabsperrung. Hunderte Menschen tanzten fröhlich auf der Boxhagener Straße rings um eine kleine Musikkapelle. Sollte es doch noch eine entspannte Nacht werden? Nicht ganz. Aus einem Hinterhof heraus wurde ein brennender Müllcontainer auf die Straßenbahngleise geschoben. Eine Polizeieinheit versuchte in den stockfinsteren Hinterhof zu gelangen und den Störenfried zu fassen. Die Stimmung kippte wieder um. Flaschenwürfe, Knallkörper und Festnahmen von Seiten der Polizei, die zwar präsent war, jedoch meist nur gezielt agierte. Die Taktik war eindeutig deeskalierend, wenn gleich vereinzelt auch manch einem Berliner Polizisten der Kragen platzte. Nach endlosen Beschimpfungen schnappte sich ein Uniformierter wutentbrannt den Pöbler mit den Worten "Du Wichser!" und griff ihn kräftig an den Hals. Aufschrei rings herum, der Gepackte wurde wieder losgelassen und gut war.
Für ein wenig Belustigung sorgte später in der Nacht eine Gruppe Zivilpolizisten, die doch zu auffällig an der Straßenecke stand. "Hey, was seid ihr denn für eine Hooligangruppe? Dynamo hatte gestern gespielt!", rief ihnen ein Jugendlicher zu. Mürrische Blicke der meisten, einer nahm es jedoch mit Humor und ging verbal auf witzige Weise in die Offensive. So etwas sorgte für punktuelle Entspannung. Insgesamt angespannt blieb es allerdings an der Kreuzung Mainzer Straße / Gärtnerstraße - Boxhagener Straße bis in die Nacht hinein, bis irgendwann mehr Polizisten als Krawallmacher vor Ort waren...

> zur turus-Fotostrecke: Walpurgisnacht und 1. Mai in Berlin

aktuelles turus.net-Video:

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04 Mai 2011 00:16 #16399 von Igorio
Kein Vergleich zu früher, das was da zu sehen war - nur Geplänkel.

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