Krank sein in Lateinamerika - Erfahrungen
- Marco
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mir ist doch gerade noch ein neues, spannendes Thema für unsere Lateinamerika-Rubrik eingefallen... :wink:
Nachdem über Kriminalität bereits so viel geschrieben wurde, möchte ich mich noch einem weiteren Problem widmen, das einem eine Reise ganz schön versauen kann - die Krankheit.
Es ist wohl ein Alptraum: Krank werden unter tropischer Sonne. Bei schwüler Hitze im Zimmer liegen und vor sich hin fiebern...
Glücklicherweise hatte es mich noch nie wirklich heftig erwischt, doch das eine Mal in Santarém am Amazonas hatte mir bereits gereicht.
Hier an dieser Stelle ein Buchkapitel als kleiner Einstand ins Thema:
Schlaflos in Santarém - Die Folgen des Wassers
Was hast du bloß? Was ist los mit dir?
Komm, iss noch eine banana branca!
Bitte, was soll ich? Wer spricht eigentlich mit mir? Welche branca?
Einbildung, alles nur pure Einbildung. Halluzinationen und Fieberträume. Niemand spricht mit mir, Kathrin liegt drüben auf dem Bett und schläft tief und fest.
Oh mein Gott, warum kann ich nicht klar denken?
Weshalb geht es mir dermaßen dreckig?
Es ist Nacht! Oder? Wer weiß das schon!
Banana branca, branca, branca. Fies, abscheulich, widerlich. Nie wieder diese abartige Frucht, nie wieder diesen scheußlichen Milchshake.
Bah, pfui Teufel!
Ich kann diese Banane noch riechen, sie stinkt penetrant. Aber das kann nicht sein. Hier liegt keine Banane. Verwest da etwas?
Ich glaube, ich muss kotzen ...
Wortfetzen, sinnlose Fragen und Antworten kreisten in meinem Kopf. Zwei, drei oder vielleicht sogar vier Stunden lang wälzte ich mich auf dem Bett und konnte meine Gedanken nicht klar ordnen. Wirres Zeug marterte mein Hirn. Immer wieder fragte ich mich, warum es mir so schlecht gehe und weshalb es im Zimmer so unangenehm rieche. Der Schweiß eines Fieberkranken trat aus meinen Poren heraus und lief in Strömen an meinem Körper hinab. Jede krampfhafte Überlegung brauchte eine halbe Ewigkeit.
Mir war abgrundtief schlecht, und ich schob die Schuld dieser banana branca zu. Am Nachmittag hatten wir einen Milchshake in einer der vielen Bars getrunken. Bitter und eigenartig trocken hatte er geschmeckt, und er rief auf der Zunge Taubheit hervor. Bereits beim Trinken hatte ich ein mulmiges Gefühl und erahnte die bösen Folgen.
Immer wieder drängte sich in jener Nacht diese Banane in meinem Geiste auf und ließ das Unwohlsein stetig anwachsen. Hinzu kam der von meinem Schlafsack abgesonderte Geruch. Mit der Zeit hatte er den Geruch von verkeimten Schiffsplanken, zerquetschten Insekten und altem Schweiß angenommen. Mühsam trat ich das stinkende Stück ans Fußende, doch zog ich es Sekunden später wieder bis an mein Kinn. Der die ganze Nacht laufende Ventilator ließ mich ohne den Schutz einer Decke frieren.
Ich sammelte meine letzte Kraft und schleppte mich zur im Erdgeschoss befindlichen Toilette. Auf allen Vieren kroch ich die Treppe hinunter und wusste nicht, nachdem ich die Kloschüssel erreicht hatte, ob ich mich zuerst drauf setzen oder davor hocken soll. Irgendein verdammter Virus verlangte fürchterlichen Tribut. Alle Dämme waren gebrochen, der übel riechende Körperinhalt entleerte sich fast zeitgleich in heftiger Form. Durchfall und Brechkrämpfe tyrannisierten mich in einer noch nicht da gewesenen Art und Weise. Ich glaubte zu lernen, was es heißt, sich schlecht zu fühlen.
Auf dem Boden liegend, wartete ich auf den nächsten Anfall, wimmerte vor mich hin und verfluchte das gesamte Land. Nie wieder Tropen, nie wieder solch eine Prozedur. Eine fette Grille verharrte in einer Ecke auf den Fliesen und glotzte mich unschuldig an. Unsere Augen befanden sich auf gleicher Höhe. Nur wenige Zentimeter trennten uns. Ihre großen Widerhaken an den Hinterbeinen ließen mich erschauern. In meinen Augen sah diese Grille überdimensional aus, behaftet mit gigantischen Ausmaßen. Einfach gruselig anzusehen.
Der Versuch, mich zu erheben scheiterte an der Schwäche meiner Gliedmaßen. Mein Orientierungssinn ging fast gänzlich verloren, und so kam es, dass mein Gesicht den nackten Fußboden berührte. Scheuermitteldüfte und Uringestank stiegen in meine Nase. Minutenlang kauerte ich unter der Dusche und ließ das lauwarme Wasser auf mich niederprasseln, in der Hoffnung, all diese Gerüche wieder ablegen zu können.
War der Abstieg auf der Treppe schon eine Qual, so wurde der umgekehrte Weg zur Tortur. Die Beine versagten völlig ihren Dienst, mit den Händen zog ich mich am Geländer hoch und schleifte den unteren Teil meines Körpers nach. Schwarze Schatten tanzten vor meinen Augen. Oben erwartete mich die zugeschnappte Zimmertür. Es schien, als wäre der Türknauf in einer Höhe von zehn Metern befestigt. Ich fragte mich allen Ernstes, wer denn so groß sei, dass er diese verdammte Tür öffnen könne.
Nachdem ich angeklopft hatte, öffnete Kathrin schlaftrunken die Tür, schaute mich kurz fragend an und legte sich wieder auf ihr Bett. Beim Zudecken mit dem Schlafsack dachte ich, das letzte Stündlein habe für mich geschlagen. Der stinkende Schlafsack sorgte dafür, dass ich zehn Minuten später wieder auf dem gekachelten Fußboden der Toilette lag und die Grille ihren Unterhalter fand. Wie auch immer.
Es glich einem Wunder. Das Schlimmste war bereits am nächsten Morgen überstanden. Vorsichtig ging ich eine Runde spazieren. Wenn es nur nicht so brütend heiß gewesen wäre. Schwüle und hohe Temperaturen machten einem bereits in körperlich gesunder Verfassung zu schaffen. Wie eine Ironie des Schicksals lud uns die Familie des Hauses zum Höhepunkt des Tages zu einem für die Amazonasregion typischen Mittagessen ein.
Die auf meinem Teller befindliche deftige Fischsuppe ließ alle angebrachte Höflichkeit dem Gastgeber gegenüber vergessen und mich in die auf dem Flur gespannte Hängematte zurückziehen. An Nahrungsaufnahme war nicht zu denken, erst recht nicht, als Kathrin bei einem Rundgang auf den Sandwegen Santaréms einen aus undefinierbaren Beeren frisch gepressten Saft kaufte und vor meinen Augen genüsslich schlürfte. In einen Trichter schüttete der Straßenhändler eine Handvoll schwarzer Beeren und ließ sie von einer alten Maschine zermalmen. Rohrzucker und mit einem Beil zerhacktes Eis wurden anschließend in den Aluminiumbecher hinzugegeben...
So, und nun seid Ihr dran!
Bin gespannt auf Eure Erfahrungen!
Até logo - hasta pronto, Marco
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- beschamin
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auch ich habe wärend meinem aufenthalt in ecuador einige male kontakt mit krankheit gehabt, jedoch war ich nur kurz und glimpflich selbst davon betroffen.
wie so oft bei tropenreisen, hatte auch ich einige tage magenbeschwerden, durchfall und musste erbrechen. ich war mir erst nicht sicher, ob es vom übermässigen alkoholkonsum am vorabend oder doch vom essen war. wahrscheinlich war es beides... das war es dann auch schon von meiner seite.
ein anderer schweizer mit dem ich zeitweise unterwegs war erwischte es dann aber schlimmer. nach einem wochenende an der küste klagte er über schwäche und musste immer wieder erbrechen. nach einigen tagen ohne besserung, trotz der hausmittel der einheimischen, beschloss er dann zum arzt zu gehen. diagnose: gastritis. eine woche lang tabletten schlucken, dann gings auch wieder einigermassen.
der selbe schweizer hatte kurz darauf erneut pech und war in einen autounfall verwichelt. drei gebrochene rippen, blut auf der lunge. eine woche im spital. ich ging ihn da dann einige male besuchen. was man da zu sehen bekommt ist vollkommen anders als in europa, geschweige denn in der schweiz. zur verfügung gestellt wird einem das bett und eine decke, das wars. wenn man kissen zum schlafen oder besteck zum essen will, ist man darauf angewiesen, dass einem das jemand bringt, familie oder bekannte. essen wird direkt bezahlt, nicht dass dann einer ohne die rechnung zu begleichen nach der genesung abhaut. für medikamente gibt es ein ärzliches rezept. mit diesem muss man jemanden der angehörigen in die apotheke schicken, um die medis zu holen und gleich zu bezahlen. unglaublich!
er hat es jedenfalls überstanden, brach aber seinen reiseaufenthalt nach all den negativen ereignissen vorzeitig ab und kehrte in die schweiz zurück.
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- timo
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- Beiträge: 122
Gracias a deus - zum Glück kamen alle wieder heil nach Hause!
Timo :)
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- kalleman
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Heftig erwischte es mich in Bulgarien, aber das ist ja nicht in Lateinamerika. Der Durchfall war so heftig, dass selbst Imodiums nicht mehr stopften. Ich ging weiter nach Istanbul, bezog dort ein Loch und wohnte hauptsächlich auf dem Plumpsklo...Aber eben seit dem Barrage-Spiel Schweiz-Türkei mach ich einen grossen Bogen um dieses Land. Einerseits, weil ich ehrlich gesagt noch nie grosse Symphatien für Türken empfand, andererseits aus Angst um meine Sicherheit. Eine Schweizer Reporterin musste letzten Monat mit Hilfe der Polizei vor dem Mob gerettet werden!
Ach ich schweife ab, aber ich bin immer noch geladen.
Krank wurde ich in Bolivien. Und zwar übel, aber kurz. Nach 40 Stunden Busfahrt, heisse Tage und kalte Nächte, Strassenfood und fast ohne Wasser (aus Angst, pinkeln zu müssen, ich Idiot) war mein Körper am Ende. Total ausgetrocknet schluckte ich Medis gegen die Magenschmerzen und das war dann definitiv zuviel. Doch nach der Einnahme von viel viel Wasser ging es rasch wieder besser. Aber es war ein Moment, wo ich mich wirklich fragte, wass ich hier mache. Warum bin ich nicht zu hause geblieben. Und war voll im Loch.
Meine Ex-Freundin war in Peru permanent krank, vielleicht mag sie deshalb Südamerika nicht :x
Aus Peru 'floh' ich damals, nachdem ich schon nicht nach Bolivien rein konnte wegen Unruhen, vor den Fujimori-Unruhen. Kurz vor der Chilenischen Grenze war schluss, Strasse blockiert. Mit einem teuren Taxi gings weiter und indem sass eine Österreicherin mit einer kaputten Hand. Sie war aus einem Bus gestolpert. In Chile besuchten wir einen Arzt. Die Hand war nur verstaucht, was natürlich sehr schmerzhaft ist. Der Arzt war voll in Ordnung, günstig, freundlich, alles zu unserer Zufriedenheit. Die Österreicherin biss sich durch. Trotz den Schmerzen (Eine Verstauchung tut übel weh) liess sie sich die Reise nicht verderben. Wobei dies ist ja eigentlich nicht krank sein.
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- Marco
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die Spiele zwischen der Tükrei und der Schweiz haben Dir hart zugesetzt, was?
Du kommst ja immer wieder drauf zu sprechen! :wink:
Na, wir können froh ein, dass es die netten Schweizer gepackt haben!
Tja, zu den Krankheiten...
Ja, auch bei uns verlief es ja noch relativ glimpflich. Was ist, wenn man in Santarém oder sonstewo am Amazonas völlig zusammenbricht? Völlig einsackt und nicht mehr aufstehen kann?
Und dein Flieger wartet mit dem Abflug nicht... Und du kommst von Santarém nur mit diesem Schiff weg. Mit Fieber und Durchfall, diese stinkenden und überhitzten Klos, kein richtiges Bett an Bord - oh meine Güte...
Gracias a Deus, dass es uns noch so einigermaßen gut ging...
Marco
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- timo
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- Beiträge: 122
Ein Horror: Eine Busrundfahrt - und dann krank im Magen-Darm-Bereich sein... Schrecklich!
Timo
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- Marco
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Das Risiko fliegt mit ...
Globalisierung gefährdet die Gesundheit: Infektionskrankheiten sind kein exotisches Übel mehr. Im Zuge des boomendem Flugtourismus zählt etwa das von Mücken übertragene Dengue-Fieber heute zu den häufigsten nach Deutschland importierten Tropenkrankheiten. Vor allem Vielreisende müssen auf die richtige Prophylaxe achten.
[url:1kya4ckn]www.handelsblatt.com/journal/business-tr...o-fliegt-mit;2051233[/url]
Gruß Marco
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