Drittes Gold für Emma Hinze und Madison-Titel für Danish Dynamite

Drittes Gold für Emma Hinze und Madison-Titel für Danish Dynamite

 
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Eine Weltmeisterschaft der Superlative! So oder ähnlich könnten die Titelkämpfe im Berliner Velodrom bezeichnet werden und das nicht nur aus deutscher Sicht, wo der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) mit insgesamt acht Medaillen, darunter vier Goldmedaillen, für ein überragendes Ergebnis gesorgt hat. Die Weltrekorde purzelten nur so, insgesamt acht an der Zahl, und die erzielten die starken Dänen in der Mannschaftsverfolgung (3), die Niederländer im Teamsprint (2), die US-Amerikanerin Chloe Dygert (2) und der Italiener Filippo Ganna  jeweils in der Einerverfolgung. Beeindruckend dabei, dass das überaus fachkundige und faire Publikum den Leistungen aller Sportler gleichermaßen gerecht wurde und mit Beifall nicht geizte. Natürlich schwappte die Begeisterung bei den Medaillengewinnen des BDR über, aber in großer Sachkenntnis zollte man vor allem auch den vielen Weltrekorden großen Respekt mit Standing Ovation. Am Schlusstag gab es noch einmal vier Entscheidungen mit dem Punktefahren und Keirin der Frauen, dem Sprint sowie dem Madison der Männer, das zum erwarteten Höhepunkt des Sonntags werden sollte. Doch dazu später mehr! 

Mit dem ersten Lauf des Halbfinales im Sprint begann die Veranstaltung am Vormittag und in beiden Läufen setzten sich die favorisierten Niederländer Harrie Lavreysen und Jeffrey Hoogland gegen ihre Widersacher Mohd Azizulhasni Awang aus Malaysia bzw. Mateusz Rudyk aus Polen durch. Auch in den zweiten Läufen dominierten die Niederländer, die nun im Finale um Gold standen, während die Unterlegenen im kleinen Finale um Bronze fahren mussten. Der Mann aus Malaysia war es schließlich, der den starken Polen in zwei Läufen distanzierte und den dritten Platz auf dem Podium einnehmen durfte. Im reinen niederländischen Finale benötigte ein überragender Harrie Lavreysen auch nur zwei Läufe, um die Nase gegen Jeffrey Hoogland vorn zu haben und Gold zu holen. An den Niederländern führte erneut kein Weg vorbei und sie wiederholten damit ihren Erfolg aus dem Vorjahr.

Fünf Läufe waren in der 1. Runde im Keirin der Frauen zu absolvieren, darunter waren auch für den BDR die bislang schon so erfolgreichen Emma Hinze und Lea Sophie Friedrich am Start, die jeweils in ihren Läufen souverän als Siegerinnen locker die nächste Runde erreichten. Insgesamt zehn Fahrerinnen schafften damit den Sprung in das Viertelfinale, während acht weitere sich über die Hoffnungsläufe noch qualifizieren konnten. Hier gab es dann drei Läufe, von denen die jeweils vier Besten ins Semifinale kamen. Für Lea Sophie Friedrich und Emma Hinze als jeweilige Siegerinnen ihres Laufes war es wieder ein relativ lockeres Weiterkommen und auch im Halbfinale war für die beiden Deutschen noch längst nicht Endstation. Während hier Emma Hinze ihren Lauf erneut souverän dominierte, erreichte Lea Sophie Friedrich als Dritte hinter der Australierin Stephanie Morton und Hyejin Lee aus Korea auch das Finale um die Goldmedaille.

 

Im Endlauf unterstrich Emma Hinze noch einmal ihre überragende Form und siegte in einer Souveränität, die man der jungen Deutschen kaum zutrauen konnte. Da blieben für Hyejin Lee und Stephanie Morton nur die weiteren Plätze auf dem Podium, aber auch Hut ab vor der Performance von Lea Sophie Friedrich in diesen Tagen, die sich in diesem Lauf mit dem letzten Platz begnügen musste. Da war auch Miriam Welte begeistert von der Vorstellung der beiden jungen Deutschen: „Emma war einfach überragend, vier Mal Gold für unsere Mädels ist einfach grandios. Ich bin mächtig stolz auf sie und die weiteren Aussichten bei den Frauen sind gut. Vielleicht konnten Kristina Vogel und ich für sie ein gutes Vorbild sein, denn wir haben ja dieses Kunststück mit vier Goldmedaillen im Jahre 2014 auch schon einmal geschafft. Sie haben auf alle Fälle gut gelernt und werden ihren eigenen Weg gehen“, meinte Miriam Welte noch  beeindruckt von den starken Leistungen ihrer Nachfolgerinnen.

Am Ende des Vormittagsprogramms dann das  große Finale des Kids Race, ein Laufradrennen für die Kleinsten, die sich u.a. bei den Six Day Berlin für dieses Finale qualifiziert hatten. Insgesamt sieben Kids fuhren ein mitreißendes Rennen über eine Runde unter großem Jubel des Publikums und der Sieger war der fünfjährige Benny aus Marzahn. „Das war ein tolles Erlebnis, aber später werde ich Schauspieler“, sagte Benny kurz und knapp nach der großen Siegerehrung durch den Projektleiter der Bahn-WM Burckhard Bremer, der gemeinsam mit der mehrmaligen Weltmeisterin Miriam Welte den Kids kleine Präsente überreichte.

Vom BDR sprachen wir mit dem Vizepräsidenten Leistungssport Günter Schabel zu Beginn des letzten Tages. Er zog ein Fazit und war von der WM einfach nur angetan: „Eine sehr gut organisierte Veranstaltung ohne Pannen mit einem großartigen Publikum. Sportlich können wir sehr zufrieden sein, zumal es keine Vorgaben gab. Vielleicht ein für uns etwas unglücklicher Zeitplan, so dass wir auf einen Einsatz von Franziska Brauße im Scratchrennen verzichten mussten und auch die doppelte Belastung von Franziska Brauße und Lisa Klein durch Einerverfolgung und Madison war für uns nicht optimal. Wir haben uns dieser Aufgabe gestellt und insgesamt haben wir dennoch mehr erreicht als erwartet“, führte Günter Schabel weiter aus. 

Auf einer Pressekonferenz des Radsportweltverbandes UCI anläßlich eines neuen, mit der Discovery Group an diesem Tag zu unterzeichnenden Vertrages wurde deutlich, dass nach den Worten des Präsidenten David Lappartient der Bahnradsport künftig weiter aufgewertet und mehr TV-Präsenz erhalten soll. Es wird für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland, der von dieser WM nur wenig berichtet hat, in Zukunft schwer werden, wenn man am Bahnradsport nochmal partizipieren will. Die vielen Weltrekorde und auch die von den Deutschen gezeigten Leistungen gerade hier bei dieser WM lassen den Betrachter nur kopfschüttelnd hinsichtlich der Präsenz der deutschen Fernsehsender zurück. Der UCI-Präsident nahm darüber hinaus noch eine Ehrung für eine ganz besondere, erfolgreiche Bahnradsportlerin der vergangenen Jahre vor: unter Standing Ovation wurde Kristina Vogel mit der höchsten Auszeichnung des Radsport-Weltverbandes UCI geehrt, indem ihr der „UCI Merit“ für ihre außerordentlichen sportlichen und außersportlichen Leistungen überreicht wurde. David Lappartient bedankte sich darüber hinaus auch beim BDR für die perfekt organisierte WM, die eine tolle Atmosphäre bot und das große Potenzial des Bahnradsports gezeigt hat.

Mit dem Punktefahren der Frauen begann der Nachmittag und es war ein Rennen, das alles beinhaltete. Viele Rundengewinne, ein Sturz u.a. mit der Favoritin Kirsten Wild und eine überragende Britin Elinor Barker, die als einzige zwei Runden gewann, sorgten für einen bis zum Schluss spannenden Verlauf. Für Kirsten Wild waren durch den Sturz alle Chancen auf eine weitere Goldmedaille dahin und so wurde sie trotz eines Rundengewinns „nur“ Sechste. Mit dem Gewinn des Schlussspurts holte sich die Norwegerin Anita Yvonne Stenberg noch die Bronzemedaille hinter der US-Amerikanerin Jennifer Valente in einem Rennen, wo leider keine Deutsche vertreten war.

In einem äußerst schnellen Madison der Männer gewannen die überragenden Dänen Lasse Norman Hansen/Michael Mörköv schon früh eine Runde, die sie sich aber schwer erkämpfen mussten. Aber sie hatten dabei den Vorteil, auf dem Weg zum Rundengewinn in mehreren Sprintwertungen zu punkten und damit einen Vorsprung herauszufahren, den alle anderen Teams nicht mehr aufholen konnten. Die Dänen waren die einzigen, die eine Runde herausfuhren und dann alle anderen Vorstöße im Keim erstickten. Hinter ihnen entwickelte sich aber ein heißer Kampf um Silber und Bronze zwischen den Neuseeländern Campbell Stewart/Aaron Gate, den Niederländern Yoeri Havik/Jan Willem van Schip und den deutschen Titelverteidigern Roger Kluge/Theo Reinhardt, der vor dem letzten Spurt mit doppelter Punktwertung zu einem wahren Krimi avancierte. Es war schließlich Theo Reinhardt, der den längsten Atem hatte und die Ziellinie als Erster überquerte, 10 Punkte erspurtete und noch die Bronzemedaille hinter den Neuseeländern erkämpfte. „Gegen die Dänen war heute nichts zu machen, wir mussten uns dann auf die Sprints konzentrieren, was nicht leicht war“, gab Roger Kluge zu Protokoll, aber dennoch war der dritte Platz und Bronze ein tolles Ergebnis für die Berliner, die damit die einzige Medaille für die Männer des BDR errangen.

Insgesamt kann Berlin auf eine sehr gelungene Weltmeisterschaft zurückblicken, die auch vom Zuschauerinteresse ein positives Bild abgab. Nahezu 20.000 Besucher an den fünf Tagen stellten die Organisatoren zufrieden und auch der Projektleiter Burckhard Bremer äußerte sich entsprechend: „Wir haben in der Sportmetropole Berlin hochkarätige Wettbewerbe mit acht Weltrekorden erlebt. Wir sind auch mit der Zuschauerresonanz und einer stimmungsvollen Atmosphäre sehr zufrieden, so dass wir von einem würdigen und krönenden Abschluss der Veranstaltungsserie mit Europameisterschaft, Weltcup und Deutscher Meisterschaft sprechen können. Wir schauen zuversichtlich in die Zukunft“, so das Fazit des Projektleiters, der mit seinem Team um Pressesprecher Thomas Juschus ganz hervorragende Arbeit geleistet hat.

Für Kenner des Bahnradsports gab es nur eine Enttäuschung und für die sorgten die vor der Weltmeisterschaft hochgehandelten Australier. Mit nur einer Silber - und zwei Bronzemedaillen nahmen sie im Medaillenspiegel nur Platz 11 ein, eine für sie völlig ungewohnte Platzierung ohne einen Weltmeistertitel. Das Fehlen von Sprintstar Matthew Glaetzer allein kann es nicht gewesen sein, vielmehr musste das Abschneiden in der Einzel- bzw. Mannschaftsverfolgung enttäuschen, wo die Titelverteidigerin Ashlee Ankudinoff einen indiskutablen 14. Platz belegte und der Vierer der Männer im Finale um Bronze von den Italienern gar eingeholt wurde. Darüber hinaus gab der vielfache Weltmeister Cameron Meyer mit Platz 6 im Omnium und insbesondere mit zwei Verlustrunden und Platz 15 (!) im Madison an der Seite von Sam Welsford ein schwaches Bild ab. Verlaß war nur auf die routinierte Stephanie Morton, die im Teamsprint mit Kaarle McCulloch Silber holte und noch Bronze im Keirin - wie auch die männlichen Teamsprinter - gewann. Es scheint so, dass die Australier in diesem Jahr einzig und allein die Olympischen Spiele im Fokus haben und dort dann wieder zuschlagen wollen. Wenn sie sich da nicht vielleicht verkalkuliert haben!?

Bericht: Bernd Mülle

Fotos: Arne Mill / frontalvision.com

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