Fanmeile statt Radsport? Kein Start von Velothon & ProRace am Brandenburger Tor

Die Sache klingt unglaublich und eigentlich eher wie ein verdammt schlechter Scherz! Man stelle sich einmal vor, die Tour de France würde nicht in Paris auf der Champs Éllysées enden. Seit 1975 ist das so und niemand würde es wagen, etwas daran zu ändern. Im vergangenen Jahr ist in Berlin ein zartes Pflänzlein in Sachen Profiradsport dem harten und verdorrten Boden entsprungen. Gekeimt auf dem Nährboden eines der größten Jedermannrennen Deutschlands, dem Skoda Velothon Berlin, welches 2008 Premiere hatte und gleich bei seiner Erstauflage mehr als 10.000 Teilnehmer durch die Straßen der Hauptstadt schicken konnte.

Gerade die attraktive Streckenführung entlang der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten Berlins sorgte für die große Akzeptanz und steigende Teilnehmerzahlen von Jahr zu Jahr. Nicht zuletzt wegen der spektakulärsten Zielgerade Deutschlands, der Straße des 17. Juni.
Ermutigt durch diesen grandiosen Erfolg entschlossen sich die Veranstalter der Hamburger Upsolut GmbH 2011 nach vielen Jahren der Radsportabstinenz, endlich wieder ein Profirennen im Herzen Berlins anzusiedeln. Vor historischer Kulisse mit der Teampräsentation und dem Start vor dem Brandenburger Tor gingen die Teilnehmer des ProRace Berlin erstmals auf die 120 km lange Hauptstadtschleife, bevor sie siebenmal die neun Kilometer lange Zielrunde mit seiner 2,5 Kilometer langen Zielgeraden auf der Straße des 17. Juni passierten. Über 250.000 Berlinerinnen und Berliner sowie Gäste der Hauptstadt wohnten diesem Spektakel bei und applaudierten sowohl den Jedermännern als auch den Profis entlang der Strecke.

Gestern gaben die Veranstalter bekannt, dass die 5. Auflage des Skoda Velothon Berlin nicht wie geplant am Brandenburger Tor starten und auf der Straße des 17. Juni enden wird. Grund dafür sind mehrere Anträge für verschiedene Veranstaltungen, die dem Bezirksamt Mitte vorliegen. Hauptgrund ist allerdings, dass das Areal für die Fanmeile während der Fußball-Europameisterschaft 2012, die in Polen und der Ukraine ausgetragen wird, genutzt werden soll.

Eine Verlegung des Start- und Zielortes wäre ein herber Rückschlag für das Skoda Velothon Berlin und die Bestrebungen Berlins, 2017 Startort für die große Frankreich-Rundfahrt zu werden. Die Veranstalter der Tour de France werden es nicht gerade als förderlich ansehen, dass der Radsport in Deutschland immer noch auf so wackligen Beinen steht und von offizieller Seite so wenig Akzeptanz und Unterstützung findet.
Dabei wäre das Radsportfest im Zentrum der Hauptstadt doch eine ideale Ergänzung zum Fußballfest in der Ukraine und in Polen.
Warum also nicht zwei Top-Sport-Highlights verbinden? Offenbar fehlt der Bezirksverwaltung Mitte und dem Berliner Senat die Fantasie und der nötige Mut die Fußballfanmeile mit einem Radsportgroßevent zu eröffnen. Vom zeitlichen Ablauf her würde es sogar funktionieren, da die Jedermänner am Vormittag und die Profis mittags starten. Die Videowände könnten am Vormittag Bilder aus dem Rennen und vom Geschehen entlang der Strecke liefern.

Vielleicht haben die Leser von turus.net und die Fußballfans der Hauptstadt mehr Verständnis als die Damen und Herren in den Berliner Amtsstuben und können sich am 10. Juni ein gemeinsames Radsport-Fußball-Wochenende vor dem Brandenburger Tor und auf der Straße des 17. Juni vorstellen.

Sollte es dabei bleiben, dass das Skoda Velothon und das ProRace 2012 nicht am Brandenburger Tor starten und enden dürfen, so wäre dies für Berlin ein echtes Armutszeugnis. Zudem ist das Ganze für die Veranstalter ein mächtiger Schlag ins Gesicht, denn denen bleibt nicht mehr allzu viel Zeit, eine Alternative auszuarbeiten.
„Das ist angesichts eines Vorlaufes von zehn Wochen bis zur Veranstaltung eine immense Herausforderung. Wir sind allerdings zuversichtlich, in Abstimmung mit dem Bezirksamt Mitte eine adäquate Fläche zu finden, auf der wir unseren Teilnehmern und Partnern einen attraktiven Start- und Zielbereich sowie ein gewohnt hochwertiges Rahmenprogramm bieten können“, erklärt Frank Bertling, Geschäftsführer vom Veranstalter Upsolut.
Fotos: Marco Bertram & Arne Mill

> turus.net-Bericht und Fotos: Velothon & ProRace 2011

> zu den Radsport-Berichten auf turus.net

> zur offiziellen Seite des Skoda Velothons 2012

Videos von 2011 - angefertigt von Arne Mill und Marco Bertram:

{youtube}-dmUpEMYnjQ{/youtube}

{youtube}M5as6qeVuGc{/youtube}