Der Samstagnachmittag war eher ein Fest des Windes, welcher es den angereisten Radsportenthusiasten nicht gerade leicht machte. Besonders auf der langen Geraden von Bollersdorf zum Kreisverkehr bekamen es die Teilnehmer des 13 Kilometer langen Zeitfahren deutlich zu spüren, was Kantenwind auch physisch bedeutet. Wer sich nach dem 2 Kilometer langen Anstieg direkt nach dem Start zu sehr übernommen hatte, dem wurde auf dem zweiten Abschnitt gänzlich der Zahn gezogen. Und so sah man dann auch den Ein oder Anderen bei der Zielanfahrt nur noch durch Buckow schleichen.
Storck Bicycle MOL Cup 2012: Fotos und Infos vom Radfest Rund um Buckow
Es galt also, sich seine Kräfte sehr gut einzuteilen und gerade auf dem ersten Drittel nicht zu überzocken. Richtung Waldsieversdorf konnte man dann aber schön bei Rückenwind mit Kette rechts in die lange Abfahrt ballern und musste regelrecht aufpassen, dass man am Abzweig Richtung Buckow nicht im Geschwindigkeitsrausch vorbeischießt.
Neben den beiden bisherigen erfahrenen Zeitfahr-Dominatoren Daniel Schaal (dem Sieger) und Denny Schewe (dem Sieger von Altlandsberg und Zweitplatzierten) des Buckower Radfestes gesellte sich in diesem Jahr ein ganz neues junges Gesicht auf dem Podium. Tim Rapczynski aus Strausberg, hatte sich drei Tage vor dem Einzelzeitfahren von Buckow eine Zeitfahrmaschine von seinem Teamkameraden ausgeliehen und ist die Runde jeden Tag dreimal abgefahren. So lange, bis er jede Kurve und jeden Abschnitt optimal ansteuern und in Aeroposition im Auflieger (auch die Kopfsteinpflasterpassage) fahren konnte. Zudem war der 23-jährige mit einem SRM (einer Kraftmesskurbel) ausgestattet und fuhr sein erstes Zeitfahren vom ersten bis zum letzten Kilometer (bergan wie bergab) mit konstanter Wattzahl in seinem oberen Entwicklungsbereich.
Auf den letzten zwei Kilometern konnte er noch einmal zehn Prozent drauflegen und sicherte sich den dritten Platz. Und das mit gut einer Sekunde Rückstand auf Rang zwei. „Da weiß ich auch genau, wo ich die liegen gelassen habe“, erklärte Tim nach dem Rennen. „Nach dem Berg, als ich aufs große Blatt schalten wollte ist mir die Kette runter gesprungen und ich musste ein, zwei Tritte auslassen, um sie wieder rauf zufädeln.“
Da muss der Mechaniker wohl noch einen ausgeben.
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Bei den Frauen siegte Sabine Dittmann in 20:20 min vor Tina Heizmann mit 16 Sekunden Vorsprung und Lydia Wegemund in 20:45 min.
Der Sonntag war etwas für Frühaufsteher, denn schon um 8:30 Uhr war der Start für das Elite–Rennen angesetzt. Hier hatte ein Team noch eine Rechnung vom Vorjahr offen, denn die Siegesserie der weinroten Jungs von Sparta Prag wurde im vergangenen Jahr erstmals unterbrochen, als sie keinen Platz auf dem Podium belegten. Auch wenn der Berliner Marcel Kalz bei der Nummernausgabe noch verkündete, dass er das Rennen gewinnen will, war es Minuten später das tschechische Team, welches von Beginn an dem Rennen den Stempel aufdrückte.
Zwar fuhr der ehemalige KED–Bianchi Fahrer, der jetzt für das Bayrische Bahn-Team „Rudy Project Racing Team Irschenberg“ unterwegs ist, ein überaus starkes Rennen, konnte sich zwei Runden vor Schluss noch aus der Spitzengruppe absetzen und hatte zeitweilig sogar 40 Sekunden Vorsprung, doch auf der Ziellinie wurde er vom Tschechen Martin Hunal gestellt. Platz drei sicherte sich Philipp Rechenbach vom Dresdener SC, der im vergangenen Jahr ebenfalls wie Marcel Kalz für das KED-Bianchi Team Berlin unterwegs war.
Alle Drei kamen aus einer 12er Spitzengruppe, die sich bereits in der ersten Runde gebildet hatte. Alle weiteren Versuche von Fahrern aus dem Hauptfeld, eine Verfolgergruppe zu bilden oder zur Spitze aufzuschließen, blieben erfolglos. Im Gegenteil, die Spitzengruppe hatte zeitweilig über sechs Minuten Vorsprung und rettete diesen bis ins Ziel.
Straff weiter im Programm ging es mit der Ankunft der Tour de MOZ und einem Promi-Rennen. 12 Uhr mittags wurden die Hobbyfahrer über drei Runden / 39 Kilometer ins Rennen geschickt. Auch hier wurde wie schon im vergangenen Jahr richtig Radrennen gefahren. Am Ende gab es eine Sprintentscheidung aus einer 10er Spitzengruppe die Rainer Wittulski, vor Oliver Arnhold und Sebastian Kahlbau in einer Stunde und 19 Sekunden für sich entscheiden konnte was einem Schnitt von 38,8 km/h entspricht.
Jetzt kam doch so langsam Radfestatmosphäre auf am Strandbad des Schermützelsees. Nicht nur entlang des Start- und Zielbereiches, auch im Ortskern von Buckow säumten Zuschauer den Rand der Strecke.
Um 14:00 Uhr startete dann das große Finale. Die 250 Starter des Jedermannrennens über 78 km wurden auf die Strecke geschickt. Sechs Runden, die ziemlich knackig werden sollten. Daniel Schaal, der Sieger des Zeitfahrens vom Vortag, wollte das Rennen unbedingt gewinnen und so setzte sein Team Bikekult Cannondale alles daran, seinem Wunsch zu entsprechen.
Bereits nach der Hälfte des Rennens, konnte er sich mit zwei weiteren Fahrern vom Feld absetzen - und die Dreier Spitzengruppe mit Dennis Vögeding und Jens Heller lief perfekt. Am Ende hatten sie eine Minute und 25 Sekunden Vorsprung auf das Verfolgerfeld. Jens Heller, der einst mit dem Ex-Milram-Profi Björn Schröder die Sportschule in Berlin besuchte und vor fünf Jahren nach einer längeren Auszeit den Weg zum Radsport zurück fand, schrieb nach dem Rennen auf facebook: „ Es hat mich ganz schön viele Körner gekostet in der Spitzengruppe mitzufahren.“
Aber der lang ersehnte Podestplatz in einem so gut besetzten Rennen entschädigt natürlich für alle Qualen. Radsport ist schließlich Lebenseinstellung und LEIDENschaft oder wie ein bekannter Sportlicher Leiter eines noch bekannteren Deutschen Radsportteams einmal sagte: „Wer nach dem Rennen nicht Scheintod vom Rad fällt, hat sich auch nicht angestrengt“.
Bei den Frauen siegte Tina Heizmann, die mit 1h 59min im beachtlichen 39er Schnitt unter zwei Stunden blieb, souverän vor Uta Schicketanz und Cornelia Brückner, die beide sieben Minuten später fast zeitgleich die Ziellinie passierten.
Leider hat das Wetter in diesem Jahr nicht ganz so mitgespielt, wie sich das die Veranstalter erhofft hatten, es blieb aber zumindest trocken und auch die Fahrer sind von schweren Stürzen verschont geblieben. Durch die mittlerweile große Vielzahl von Jedermannrennen, die von vielen Radsportlern wahr genommen werden, schleift sich eine gewisse Routine gepaart mit Erfahrung ein, wodurch sich die Sicherheit im Peloton erheblich verbessert hat. Viele greifen auch zu auserlesenem Material, wodurch die Rennen in der Jedermannszene natürlich immer besser und schneller werden.
Mittlerweile ist der Leistungsunterschied zu den Eliterennen kaum noch zu merken. Wenn gleich die Distanzen etwas kürzer sind, wird hier längst auf B/C-Niveau gefahren.
Fotos: Arne Mill, Jan Mill und Marco Bertram
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Video vom Radfest Rund um Buckow:
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