Rad-DM 2012: Sportliche Höchstleistungen, tolles Publikum und Glück mit dem Wetter

MB Updated 05 August 2012
Rad-DM 2012: Sportliche Höchstleistungen, tolles Publikum und Glück mit dem Wetter

Judith ArndtDas war Maßarbeit! Kaum gingen die Deutschen Radmeisterschaften 2012 in Zwenkau und Grimma am vergangenen Wochenende erfolgreich über die Bühne, ließ Petrus die Wassermassen herab. Bei trübem Wetter waren Kommissäre, Funktionäre, Radsportteams und Presse angereist, bei trübem Wetter ging es wieder heimwärts, doch an den drei Veranstaltungstagen schien die Sonne. Manch ein Fotograf und Zuschauer sah am Sonntag so tiefgebräunt aus, als hätte er im Trainingslager auf den Kanarischen Inseln drei Wochen lang auf dem Sattel gesessen. Das Glück mit dem Wetter hatten sich die Veranstalter der Rad-DM allerdings redlich verdient!

Die Städte Zwenkau und Grimma bei Leipzig und ihre örtlichen Radsportvereine RSG Muldental Grimma e.V. und RV Zwenkau 1890 hatten in Zusammenarbeit mit dem BDR und den Sponsoren ein großartiges Radsportfest auf die Beine gestellt, das vor allen Dingen bei den Straßenrennen rund um das Muldental in Grimma zahlreiche Schaulustige angezogen hatte. Dass Radsport in Deutschland durchaus noch publikumswirksam sein kann, hatten die drei Tage der Deutschen Meisterschaften eindrucksvoll bewiesen.

EZFLos ging es am Freitag, den 22. Juni 2012, mit den Wettbewerben im Einzelzeitfahren. Pünktlich um 12 Uhr rollte am Ortsausgang von Zwenkau mit Manuela Roisch von der RG BSV Hamburg die erste Elite Frau von der Rampe. 33,12 Kilometer hatten die Elite Frauen und die U23-Fahrer zurückzulegen, die Elite Männer hatten im Anschluss 40,68 Kilometer vor sich. Die Strecke war für alle Teilnehmer gleich. Der Wendepunkt für die Männer befand sich in Großzössen, der für die Frauen und die U23 bei der Ortschaft Eula. Der Weg dorthin hatte es in sich. Von Zwenkau aus zuerst ein Stück auf der Bundesstraße 2 entlang und anschließend einen echten Riemen auf der Bundesstraße 95, vorbei an Rötha und Espenhain bis nach Eula. Zurück die gleiche Strecke. Vorbei am ehemaligen Braunkohlerevier. Wenige Punkte in der Landschaft, an denen sich die Augen festhalten konnten. Ein harter Ritt, der zahlreichen Radsportlerinnen und Radsportlern zu schaffen machte.

EZFGroßes Pech beim Einzelzeitfahren hatte die in Gera geborene Hanka Kupfernagel vom Rusvelo Team. Beim Sturz an der Wendemarkte büßte sie wertvolle Zeit ein, der Sprung auf das Treppchen konnte ihr nicht mehr gelingen. Mit einer Zeit von 46:31 Minuten hatte sie letztendlich einen Rückstand von 02:02 Minuten auf Judith Arndt, die mit einer Zeit von 44 Minuten und 28 Sekunden sowie einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 45,43 km/h das EZF für sich entscheiden konnte. Für die 1976 in Königs Wusterhausen geborene Profi-Radrennfahrerin war es bereits der achte Deutsche Meistertitel beim Einzelzeitfahren auf der Straße (1998, 1999, 2001, 2003, 2004, 2005, 2010, 2011 und 2012).

DM 2012Zweite beim EZF wurde Trixi Worrack, die 2009 den Deutschen Meistertitel holen und zuletzt auf der Ladies Tour of Qatar die zweite Etappe gewinnen konnte. Bronze holte am Freitag ihre Teamkollegin Ina-Yoko Teutenberg (Specialized Lulelemon), die nur sechs Sekunden langsamer war als Trixi Worrack. Charlotte Becker, ebenfalls vom Team Specialized Lulelemon, verpasste als Vierte den Sprung auf das Treppchen.
Dass die knapp 35 Kilometer lange EZF-Strecke vor allen Dingen für die jüngeren Fahrerinnen knüppelhart war, zeigten die Zeiten. Während die Siegerin nach 44:28 Minuten die Ziellinie überquert hatte, erreichten zahlreiche Elite Frauen erst nach 51 Minuten, 54 Minuten und gar 57 Minuten das Ziel.

EZF U23Mächtig groß war das Starterfeld der Elite U23. Immerhin 80 Fahrer rollten beim Einzelzeitfahren von der steilen Rampe. Als erster Thomas Reichardt vom Team Jenatec-Cycling, als letzter Christopher Muche vom Team Heizomat. Recht souverän brachte Jasha Sütterlin die Strecke hinter sich. Mit einer Zeit von 41:49 Minuten schaffte er es ganz oben aufs Treppchen zu kommen. Recht eng wurde es auf den weiteren Plätzen. Harry Kraft vom Team Bergstraße holte mit 42:15 Minuten die Silbermedaille, Jakob Steigmiller, ebenso wie der Sieger Jasha Sütterlin vom Team Thüringer Energie Team, war fünf Sekunden langsamer und fuhr die Bronzemedaille ein. Nikias Arndt verpasste Platz drei um knapp eine Sekunde. Bei einer Strecke von über 33 Kilometern natürlich extrem ärgerlich. Lars Telschow vom Team NRW U23, dem einige einen Sprung auf das Podest zugetraut hatten, wurde letztendlich mit einer Zeit von 43:17 Minuten Achter. Wie sagte sein Teamleiter von Lexxi Sports? Nicht ärgern, schließlich hätte es auch der 14. Rang sein können. Den achten und 14. des U23 Einzelzeitfahren trennten gerade einmal fünf Sekunden!

EZFKlein, aber fein war das Starterfeld der Männer Elite. 20 Fahrer gingen beim EZF in Zwenkau an den Start. Eine Klasse für sich war Tony Martin, der mit einem Vorsprung von 1:25 Minuten und einer Zeit von 47:21 Minuten die Goldmedaille einheimste. Mit eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 51, 54 km/h hatte Martin die für ein EZF recht lange Strecke bravurös bewältigt. Zweiter wurde sein Teamkollege Bert Grabsch (Omega Pharma Quickstep). Dass das Alter nicht unbedingt etwas zu sagen hat, bewies wieder einmal Lars Teutenberg vom Team Lexxi Sports. Mit 41 Jahren ließ er beim Einzelzeitfahren so manch einen jüngeren Profi hinter sich und holte sich – genauso wie seine Schwester Ina-Yoko Teutenberg (37 Jahre) – die Bronzemedaille. Nach der Silbermedaille bei der Deutschen Meisterschaft 2007 war es das zweite Mal, dass Lars Teutenberg beim EZF aufs Treppchen ging. Deutscher Meister wurde er 2002 beim Zweier-Mannschaftsfahren. Sein erster großer Erfolg war der Sieg bei der Internationalen Thüringen Rundfahrt im Jahre 1998. Bekannt ist Lars Teutenberg auch als Tüftler und Spezialist in Material- und Trainingsfragen.

Lars TeutenbergEr selbst erklärte nach dem Rennen, dass nicht unbedingt mit einem dritten Platz zu rechnen war. Allerdings hatte er sich gut vorbereitet und sehr viel am Material gearbeitet. Wie die perfekte Sitzposition auf einer Zeitfahrmaschine aussieht, hatte er in der Tat eindrucksvoll bewiesen, und auch seine neue Rennkleidung saß wie eine zweite Haut. Faltenfrei und mit perfekter aerodynamischer Sitzhaltung ging es geradewegs aufs Treppchen.
Und der Deutsche Meister Tony Martin? Sei es nicht schade, nicht mit dem frisch gewonnen Trikot der Deutschen Meisterschaft bei der Tour de France antreten zu können, fragte der Moderator Karsten Migels (bekannt von Eurosport) mit einem Augenzwinkern. Schließlich würde Martin mit dem Weltmeistertrikot an den Start gehen. Nun lächelte auch der nach seinem schweren Sturz im Frühjahr noch immer gezeichnete Tony Martin. Es soll ihm niemand verübeln, dass er das Weltmeistertrikot vorziehen würde, allerdings sei auch das Deutsche-Meister-Trikot für ihn eine große Ehre.

Frauen EliteAm Samstag folgte das Einer Straßenrennen der Frauen in Grimma. Gefahren wurde im Uhrzeigersinn Rund um das Muldental. Bei der Strecke handelte es sich um eine 10,5 Kilometer lange Strecke, die landschaftlich sehr reizvoll ist, es allerdings sehr in sich hat. Mehrere knackige Steigungen und zum Abschluss ein zwei Kilometer langer Anstieg bis zur Ziellinie. Die Elite Frauen hatten die Runde elfmal zu fahren, die Elite Männer fuhren am Sonntag ganze neunzehnmal durch das legendäre Muldental.
BDR-Präsident Rudolf Scharping gab am Samstag um 15 Uhr den Startschuss, und angefeuert von zahlreichen radsportbegeisterten Zuschauern begaben sich die 78 Starterinnen auf die bergige Strecke. Pro Runde wurde der Fluss Mulde zweimal überquert, und vor allen Dingen der südliche waldige Abschnitt hatte es mächtig in sich. Nur zu gut, dass nahe der Ruinen der ehemaligen Getreidefabrik ein Verpflegungsstützpunkt eingerichtet wurde.
Schnell war bei den Frauen das Feld zerrissen. Für die älteren Starterinnen mit viel Profierfahrung war das Muldental zwar auch ein Brocken, jedoch wurden die Kräfte gut eingeteilt. Für zahlreiche jüngere Fahrerinnen, die noch nicht viele Wettkampfkilometer in den Beinen haben, sah das Ganze schon anders aus. Nicht wenige mussten aufgeben, zudem wurden die letzten Starterinnen zum späteren Zeitpunkt aus dem Rennen genommen, da die beiden Spitze das Hauptfeld fast überrundete.

Ganz vorn hatten sich Charlotte Becker und Judith Arndt abgesetzt. Die beiden machten den Titel unter sich aus. Um einem finalen Sprint mit Becker aus dem Wege zu gehen, legte Judith Arndt am vorletzten Anstieg noch einmal eine Schippe drauf und setzte sich von der Konkurrentin deutlich ab. Mit einem Vorsprung von 51 Sekunden erreichte Arndt schließlich unter großem Applaus die Ziellinie und ballte sichtlich erleichtert die linke Faust. In der Drei-Verfolgergruppe hatten Trixi Worrack und Claudia Häusler der Konkurrentin Hanka Kupfernagel allein die Führungsarbeit machen lassen, um nicht ihren jeweiligen Mannschaftskolleginnen an der Spitze in die Quere zu kommen. Im Zielsprint konnte sich schließlich Trixi Worrack vor Claudia Häusler und Hanka Kupfernagel die Bronzemedaille sichern.

Elite MännerEnger ging es am Sonntag beim Einer Straßenrennen der Elite Männer zu, doch auch hier musste manch ein Fahrer einsehen, dass das Muldental ein echter Kanten ist. Nicht dabei war Titelverteidiger Robert Wagner, der auf Grund einer mehrmonatigen Verletzungspause noch nicht in Wettkampfform war. Ebenfalls nicht an den Start ging Tony Martin, der sich ab nun voll und ganz auf die Tour de France vorbereiten möchte. Schließlich werden ihm durchaus gute Chancen für den Prolog in Lüttich und das Zeitfahren eingeräumt.
In Grimma war es Fabian Wegmann vom Team Garmin-Barracuda, der nach exakt 201,4 Kilometern Dank einer Aufholjagd und eines Schlussprints als Erster über die Ziellinie rollte. Zweiter wurde Linus Gerdemann vom Team Radioshack-Nissan, den dritten Platz holte etwas überraschend der amtierende U23-Europameister Julian Kern (22 Jahre) vom Leopard-Trek Continental Team.

StraßenrennenEs war das Rennen der leichten Berg-Fahrer. Manche alten Hasen wie Jens Voigt (40 Jahre) gingen dieses Mal leer aus. Während Voigt den 17. Platz holte, konnte der für die Olympischen Spiele 2012 in London nominierte Marcus Burghardt vom Team BMC Racing immerhin Rang fünf erobern. Apropos Olympia. Neben Tony Martin und Marcus Burghardt hatte der Bund Deutscher Radfahrer vorläufig John Degenkolb, Bert Grabsch, André Greipel, Christian Knees und Marcel Sieberg benannt. Bei den Frauen wurden für London 2012 die Doppelmeisterin Judith Arndt sowie Trixi Worrack, Ina-Yoko Teutenberg und Claudia Häusler in den Olympiakader berufen.

Ein Schlusswort zu den drei Tagen in Zwenkau und Grimma? Neben den tollen sportlichen Leistungen erfreute das gesamte Drumherum die zahlreichen Zuschauer. Perfekt abgesperrte Strecken, in Zwenkau und Grimma jeweils ein gutes Rahmenprogramm und zahlreiche Stände, und last but not least mit dem Eurosport-Moderator Karsten Migels ein Mann, der die Radsportfreunde gekonnt und professionell durch die drei Tage führte.
Fotos: Arne Mill (inkl. Titelbild) & Marco Bertram
Video vom Straßenrennen folgt in Kürze

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