Die 16. Etappe der diesjährigen Tour de France von Bourg-de-Peage nach Gap über 201 km begann mit einem frühen Ausreißversuch einer großen Gruppe um Peter Sagan von Tinkoff-Saxo, in der auch der Berliner Simon Geschke vom Team Giant-Alpecin zu finden war. Hinter dieser 12-köpfigen Spitzengruppe hatte sich eine 16-köpfige Verfolgergruppe um Tony Gallopin von Lotto-Soudal, Thomas Voeckler vom Team Europcar und Edvald Boasson Hagen von MTN-Qhubeka gebildet, die alle ein höllisches Tempo vorlegten. Dabei wurde in der ersten Stunde ein Mittel von sage und schreibe 53,6 km/h erzielt, das viele Fahrer schon sehnsüchtig an den folgenden Ruhetag denken ließ.
Etappenvierter der Tour: Simon Geschke schafft früh den Sprung in Ausreißergruppe
Zwischen den beiden Gruppen betrug der Abstand konstant 45 Sekunden, während das Hauptfeld mit allen Favoriten schon 6 Minuten zurücklag. Nach dem Zwischensprint, den erwartungsgemäß Peter Sagan gewann und damit seinen Vorsprung in der Punktwertung ausbaute, kam es alsbald zum Zusammenschluß der beiden Gruppen ca. 95 km vor dem Ziel. Das Feld hatte inzwischen 13 Minuten auf die Ausreißer verloren, aus deren Gruppe immer wieder vereinzelt Angriffe u.a. durch Adam Hansen von Lotto-Soudal oder Marco Haller vom Team Katusha lanciert wurden, bis sich schließlich der Spanier Ruben Plaza von Lampre-Merida am Aufstieg zum Col de Manse etwa 6 km vor dem Gipfel absetzen konnte, nachdem sich auch immer wieder Simon Geschke um Tempoverschärfung bemüht hatte.
Hinter Plaza und Sagan holte Simon Geschke noch Punkte für die Bergwertung, bevor in der Abfahrt Peter Sagan noch einmal alles versuchte, jedoch nicht mehr den Spanier erreichen konnte. Hinter dem Kolumbianer Jarlinson Pantano von IAM Cycling gewann Simon Geschke dann den Spurt der Verfolger mit 40 Sekunden Rückstand vor dem Luxemburger Bob Jungels von Trek Factory Racing und dem Franzosen Christophe Riblon von Ag2r La Mondiale und wurde damit glänzender Vierter auf dieser schweren Bergetappe, auf der die Favoriten 18 Minuten an Zeit verloren, ohne ihre Positionen zu gefährden.
Der Sohn des ehemaligen Sprintweltmeisters Jürgen Geschke, der in Berlin beim KED-Bianchi Team unter den Fittichen des Landestrainers Dieter Stein sich seine ersten Sporen verdiente, hat sich mit dieser tollen Leistung auf einen hervorragenden 29. Platz der Gesamtwertung der diesjährigen Tour verbessert. Von 2005 bis 2008 fuhr er in dem Berliner Eliteteam, das noch heute unter KED-Stevens Radteam Berlin existiert und immer wieder Fahrer hervorgebracht hat, die nicht nur national eine Rolle spielen bzw. gespielt haben. Dort wurde er u.a. Etappensieger der Österreich-Rundfahrt und der Ronde de l’lsard sowie Gewinner der schweren Erzgebirgsrundfahrt im Rahmen der Rad-Bundesliga.
Seit 2009 fährt er ununterbrochen für das Team Skil-Shimano, das seit 2015 unter dem Namen Giant-Alpecin als Profiteam der WorldTour unterwegs ist. Seinen ersten Profisieg erzielte er im Jahre 2011 beim Criterium International, als er dort einen Etappensieg feiern konnte. Im letzten Jahr wurde er Sieger des Grossen Preises des Kantons Aargau, ein Radrennen, das in Gippingen stattfindet und als bedeutendstes Eintagesrennen der Schweiz gilt.
Hoffen wir, das Simon Geschke die derzeit gute Platzierung bis zum Schluß der Tour de France behaupten kann. Bekanntlich war er, der bereits den Giro d’Italia als 89. beendet hatte, nicht im ursprünglichen Tour-Aufgebot seines Teams, wurde jedoch nach der Nicht-Berücksichtigung von Marcel Kittel noch nachnominiert. Insofern verdient die bisherige Platzierung von Simon Geschke besondere Erwähnung und zeigt, wie ernst der Berliner seinen Job nimmt und dafür hart arbeitet.
Ergänzung: Simon Geschke gewann die heutige 17. Etappe von Digne-les-Bains nach Pra-Loup! Herzlichen Glückwunsch!
Fotos: Arne Mill (Archivbilder)
Text: Bernd Mülle
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