Bahn-EM 2015: Der Samstag wird von den Ausdauerfahrern beherrscht

BM Updated 25 Oktober 2015
Bahn-EM 2015: Der Samstag wird von den Ausdauerfahrern beherrscht

KnauerDer Vormittag des Samstags war den Omniumfahrern und den männlichen Einerverfolgern vorbehalten, die sich in der Qualifikation für das abendliche Finale in 16 Zweierläufen gegenüberstanden. Zunächst waren die Omniumfahrerinnen mit ihrer ersten Disziplin, dem Scratchrennen über 10 km, an der Reihe und hier war es die Litauerin Ausrine Trebaite, die als einzige einen Rundengewinn vollzog und damit sichere Siegerin wurde. Den Spurt um Platz zwei gewann die Favoritin Laura Trott aus Grossbritannien vor der Französin Laurie Berthon, während sich die deutsche Teilnehmerin Anna Knauer sehr wachsam zeigte und  einen guten 5. Platz unter den 19 Teilnehmerinnen hinter der Niederländerin Kirsten Wild belegte, die in diesem Wettbewerb ebenfalls zu den heißen Titelanwärtern zu zählen ist.

schomberIm Anschluss daran traten die Einerverfolger über 4000 m in Aktion und mit dabei auch zwei deutsche Fahrer, die zumindest für Top-Ten-Platzierungen sorgen könnten. Sowohl Domenic Weinstein, der erst kürzlich den seit 1999 bestehenden Deutschen Rekord von Robert Bartko auf 4:17,417 Minuten verbessert hatte, als auch Nils Schomber, der ebenfalls bei der Herbstüberprüfung in Frankfurt/Oder mit 4:19,420 Minuten die zweitschnellste Zeit fuhr, hatten zuletzt aufhorchen lassen und für Optimismus im Lager des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) gesorgt.

KüngZunächst war es der Russe Kirill Sveshnikov, der im zweiten der 16 Läufe gegen den Türken Recep Ünalan mit 4:22,803 Minuten eine Zeit fuhr, die lange von keinem Fahrer zu unterbieten war und letztlich für Platz 6 reichte. Nachdem Nils Schomber mit 4:27,136 Minuten im 13. Lauf von Dmitry Sokolov aus Russland um mehr als drei Sekunden distanziert wurde und sich auf Platz 14 platzierte, war es im folgenden Duell der Schweizer Weltmeister Stefan Küng, der gegen den Franzosen Julien Morice eine neue Bestzeit realisierte. Die Uhren blieben bei 4:15,678 Minuten stehen und auch die Zeit des Franzosen war mit 4:21,696 Minuten schneller als die des Russen Sveshnikov. Eine glänzende Zeit fuhr dann der Niederländer Dion Beukeboom im Kampf gegen den Italiener Filippo Ganna, als die Uhren bei 4:19,562 Minuten stehen blieben.

weinsteinZum Abschluss war dann die deutsche Hoffnung Domenic Weinstein am Start, der gegen den Briten Andrew Tennant zu bestehen hatte. Der junge Deutsche fuhr von Beginn an sehr stark mit bester Zwischenzeit nach dem zweiten Kilometer und ließ dabei den Briten am Ende klar hinter sich. Mit der hervorragenden Zeit von 4:17,861 Minuten, womit er nur ganz knapp seinen gerade erst aufgestellten Deutschen Rekord verfehlte, blieb für ihn der zweite Platz in der Qualifikation und damit der Kampf um Gold am Abend gegen den Schweizer Lokalmatadoren. Hut ab vor dieser phantastischen Leistung Weinsteins, der ein deutliches Zeichen gegen unsere über den Vierer leicht geäußerte Kritik setzte.  

VivianiEs ging dann weiter im Programm mit dem 1000 m Zeitfahren im Rahmen des Omniums der Männer und in dieser Disziplin schlug die große Stunde von Lucas Liss, der der bislang ein wenig enttäuschenden Leistung mit 1:02,779 Minuten eine Topzeit folgen ließ, die von keinem anderen Fahrer zu unterbieten war. Der Zweitplatzierte Adrian Teklinski aus Polen lag mit 1:03,520 Minuten relativ klar zurück, aber nur ganz knapp vor dem Niederländer Tim Veldt, der 1:03,533 Minuten benötigte. Nach dem vierten Wettbewerb des Omniums lag nun der Italiener Elia Viviani mit 130 Punkten punktgleich vor Tim Veldt in Führung, während Lucas Liss jetzt 86 Punkte auf seinem Konto hat und Platz 11 einnimmt.

Ihrer Favoritenrolle gerecht wurde in der zweiten Disziplin des Omniums der Frauen, dem 3000 m Einerverfolgungsrennen, die Britin Laura Trott, die im letzten der zehn Läufe gegen die Litauerin Ausrine Trebaite mit 3:32,699 Minuten die Bestzeit erzielte. Zweitschnellste war die Dänin Amalie Dideriksen, die in ihrem Lauf gegen Anna Knauer 3:33,833 Minuten fuhr und die Deutsche damit klar bezwang. Mit ihrer Zeit von 3:42,915 Minuten reichte es für Anna Knauer nur zum 12. Platz, so dass sie nach zwei Wettbewerben mit 50 Punkten auf dem 7. Platz hinter der mit 78 Punkten führenden Laura Trott liegt. 

BDR-Team setzt starke Akzente

LucasAm Nachmittag vor dem großen Finale in der Einerverfolgung der Männer wurde zunächst  die fünfte Disziplin des Omniums der Männer, die 250 Meter mit fliegendem Start, ausgetragen. Auch hier ließ Lucas Liss eine sehr gute Leistung folgen, als er mit 13,240 Sekunden Dritter hinter dem mit hervorragenden 12,946 Sekunden siegenden Italiener Elia Viviani wurde und dabei gegen den schnellen Belgier Jasper de Buyst, der 13,237 Sekunden benötigte, im Kampf um Platz zwei nur hauchdünn den Kürzeren zog. Vor dem abschließenden Punktefahren liegt Viviani nun mit 170 Punkten vor dem Niederländer Tim Veldt mit 164 Punkten und dem Dänen Lasse Norman Hansen mit 156 Punkten. Auf Platz 10 hat sich Lucas Liss mit 122 Punkten verbessert und hofft zum Abschluss noch den einen oder anderen Platz gutmachen zu können.

Das folgende Finale um Bronze in der Einerverfolgung der Männer gewann der Niederländer Dion Beukeboom gegen den Franzosen Julien Morice und im Anschluss daran stieg das große Duell um Gold zwischen Stefan Küng aus der Schweiz und dem deutschen Riesentalent Domenic Weinstein. Es war ein tolles Finale, das sich die beiden Ausnahmekönner lieferten und Weinstein war bis zur 2000 m-Marke hauchdünn in Führung, bevor der vom heimischen Publikum unterstützte Küng in der zweiten Hälfte aufdrehte. Er ließ die Uhren bei 4:14,992 Minuten stehen und holte sich nach seinem Weltmeister- nun auch den Europameistertitel, während Domenic Weinstein mit 4:17,775 Minuten erneut nur knapp seinen Deutschen Rekord verfehlte, damit aber eine Silbermedaille gewann, die aller Ehren wert ist. Nach der bravourösen Leistung vom Vormittag hatte er seine dort erzielte Zeit noch einmal leicht verbessern können.

Zum ersten Mal war das Ausscheidungsfahren der Männer im Programm der Europameisterschaften und hier sicherte sich der Franzose Bryan Coquard einen weiteren Titel, nachdem er bereits im Frühjahr Weltmeister im Madison geworden war. Der schnelle Franzose, der sowohl auf der Straße als auch auf der Bahn mit Topleistungen glänzt, ist erst 23 Jahre alt und hat die Zukunft noch vor sich, die er zweifellos mitbestimmen wird. Auch ein Start bei dem einen oder anderen Sechstagerennen ist durchaus vorstellbar, wo er mit Morgan Kneisky oder Thomas Boudat bestimmt eine gute Rolle spielen würde. Die Silbermedaille errang mit dem Italiener Simone Consonni ein 21-jähriges Talent vor dem gleichaltrigen Briten Christopher Latham, der die großartige Nachwuchsarbeit bei den Briten erneut unterstrich. Der Österreicher aus Berlin, Andreas Müller, erreichte einen guten 6. Platz unter 18 Startern, während Roger Kluge sich auf dem 10. Rang platzierte.

Zwei Omnium-Disziplinen standen danach auf dem Programm und zunächst fuhren die Frauen ein Ausscheidungsrennen, das erneut von Laura Trott vor der Dänin Amalie Dideriksen und der Russin Gulnaz Badykova gewonnen wurde. Für Anna Knauer reichte es zu einem guten 7. Platz, so dass sie nach drei Rennen mit 78 Punkten auf dem 9. Platz lag und noch gute Chancen zumindest auf Bronze hatte. Die führenden Laura Trott mit 118 Punkten und auch Amalie Dideriksen mit 106 Punkten scheinen das Podium dagegen ganz sicher im Visier zu haben. 

VivianiDie Männer fuhren anschließend ihren letzten Wettbewerb, das Punktefahren über 160 Runden mit Wertungen in jeder zehnten Runde. Es war ein sehr kampfbetontes Rennen mit vielen Rundengewinnen und auch -verlusten, wobei der Brite Jonathan Dibben, der Belgier Jasper de Buyst, der Weißrusse Raman Tsishkou und der Spanier Illart Zuazubiskar sogar zwei Rundengewinne herausfuhren. Aber auch Lucas Liss fuhr ein starkes Rennen, erzielte einen Rundengewinn und punktete fleißig mit, so dass er am Ende mit 156 Punkten auf Platz 10 einkam. Die Entscheidung im Kampf um die Medaillen war letztlich hauchdünn und der im letzten Spurt leer ausgehende Däne Lasse Norman Hansen verlor seine sicher geglaubte Goldmedaille an Elia Viviani aus Italien, der in diesem letzten Sprint als Dritter die zum Sieg notwendigen zwei Punkte errang, die ihn mit 191 Punkten zum Europameister machten und das vor dem punktgleichen Dänen. Auf Platz drei landete der Brite Jonathan Dibben, der mit 188 Punkten auch noch eine Siegchance hatte, aber ebenso wie der Däne im letzten Spurt ohne Punkte blieb. 

Nach den Siegerehrungen für das Ausscheidungsfahren und dem Omnium und einer nachfolgenden Pause waren die Zeitfahrer gefordert.  Den Beginn machten die Frauen über 500 m, leider ohne deutsche Beteiligung, da Miriam Welte aus bekannten Gründen auf ihre Spezialdisziplin verzichten musste. Es waren auch nur 10 Teilnehmerinnen dabei, von denen der Niederländerin Elis Ligtlee und der Russin Anastasiia Voinova die größten Titelchancen eingeräumt wurden. Ihre russische Landsmännin Daria Shmeleva hatte mit 33,842 Sekunden die Bestzeit vorgelegt, als Elis Ligtlee als vorletzte Starterin ihre derzeit herausragende Form noch einmal unterstrich und 33,561 Sekunden fuhr. Nun lag es an Anastasiia Voinova die vorgelegte Marke zu unterbieten und sie tat es mit Bravour. Die Uhren blieben bei 32,794 Sekunden stehen und damit errang sie nicht nur den Titel, sondern erzielte einen neuen, sensationellen Weltrekord, den bislang die Australierin Anna Meares mit 32,836 Sekunden gehalten hatte. 

HooglandDer vorletzte Tag der Europameisterschaften schloss mit dem 1000 m Zeitfahren der Männer mit 17 Startern, darunter mit Maximilian Dörnbach und Joachim Eilers zwei durchaus aussichtsreiche Medaillenanwärter aus Deutschland. Der erst 19-jährige Dörnbach fuhr als fünfter Starter mit zwei starken Schlussrunden eine Zeit von 1:01,849 Minuten und lag damit auf Medaillenkurs. Aber dann kam der bei diesen Europameisterschaften überragende Niederländer Jeffrey Hoogland und erzielte eine sagenhafte Bestzeit von 1:00,350 Minuten, die eigentlich nur noch vom letzten Starter aus Deutschland, Joachim Eilers, zu knacken schien. Doch zunächst war es der überraschend stark fahrende Tscheche Robin Wagner, der mit einer Zeit von 1:01,057 Minuten auf Bronzerang fuhr. Der in dieser Saison von Verletzungen nicht verschonte Joachim Eilers bot mit einer phantastischen Bestzeit auf der letzten Runde eine tolle Leistung, konnte aber dem Niederländer mit gefahrenen 1:00,569 Minuten den Europameistertitel nicht mehr streitig machen. Die Silbermedaille stand ihm aber dennoch gut zu Gesicht, während der junge Maximilian Dörnbach sich mit dem undankbaren vierten Platz begnügen musste. 

Vor dem Schlusstag nimmt Deutschland im Medaillenspiegel nunmehr mit vier Silber- und drei Bronzemedaillen den 9. Rang ein, während die Niederlande mit vier Gold-, zwei Silber- und zwei Bronzemedaillen in Führung liegt. Am Sonntag werden noch einmal sechs Europameister gekürt und die Hoffnung auf eine Goldmedaille für Deutschland, insbesondere im Keirin, besteht weiter.

Text: Bernd Mülle  

Fotos: Arne Mill

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