Gent-Wevelgem: Unfalltod von Antoine Demoitie überschattet WorldTour-Rennen

BM Updated 29 März 2016
Gent-Wevelgem: Unfalltod von Antoine Demoitie überschattet WorldTour-Rennen

Für die radsportverrückten Belgier war es ein tragisches Osterwochenende, das zunächst am Samstag mit dem Herzstillstand des später reanimierten 22-jährigen Belgiers Daan Myngheer auf der Insel Korsika beim Criterium International für Bestürzung gesorgt hatte. Noch schlimmer kam es dann am Ostersonntag beim belgischen Klassiker Gent-Wevelgem, wo ein Sturz von fünf Fahrern nach rund 150 gefahrenen Kilometern für den jungen, 25-jährigen Belgier Antoine Demoitie von dem Procontinentalteam Wanty-Groupe Gobert tödlich endete. Bei einer Kollision mit einem Begleitmotorrad, das laut Medienberichten in die kleine Gruppe fuhr, wurde der Belgier am Kopf getroffen und ins Krankenhaus in Lille eingeliefert, wo er später verstarb.

Doch auch Daan Myngheer vom französischen Continentalteam Roubaix-Metropole Europeenne de Lille verlor am Ostermontag in einem Krankenhaus in Ajaccio sein letztes Rennen und sorgte leider für den zweiten Todesfall eines belgischen Radprofis innerhalb von noch nicht einmal 24 Stunden. So hatte der Radsport am ereignisreichen Osterwochenende zwei tragische Todesfälle zu verkraften und konnte dabei keine strahlenden Sieger präsentieren.  

Dabei hat der Unfalltod von Antoine Demoitie in der gesamten Radsportwelt nicht nur tiefe Trauer ausgelöst, sondern erneut heftige Diskussionen über die Sicherheit der Fahrer entfacht. Während die Rennfahrer in der Mehrzahl ihre Wut zum Ausdruck bringen und eine Kontrolle der Motorräder bei den Rennen fordern, die angeblich immer wieder für gefährliche Situationen im Fahrerfeld sorgen, muss andererseits konstatiert werden, dass hier in der Regel erfahrene Männer im Einsatz sind, die sich mit brenzligen Situationen auskennen. Auch die vielen Begleitfahrzeuge haben in der Vergangenheit schon für etliche halsbrecherische Situationen gesorgt und selbst übermotivierte Fans sind oftmals für Gefahren im Radsport mitverantwortlich.

Insofern sollte man mit voreiligenden Schuldzuweisungen vorsichtig sein, denn bei Rennen mit Durchschnittsgeschwindigkeiten von 40 km/h und mehr bei großen, kompakten Fahrerfeldern werden derartige Unfälle auch in Zukunft nicht gänzlich zu vermeiden sein. Der Radsport ist nun einmal nicht ungefährlich, zumal Streckenkenntnisse oftmals unterschätzt werden und vor allem etliche Kreisverkehre immer wieder höchste Konzentration von den Fahrern fordern.

Natürlich sind die Rennfahrerkollegen nach den Todesfällen geschockt und so sind z.B. die Absagen von Antoine Demoities Team für die nächsten geplanten Rennen wie u.a. den Drei Tagen von De Panne durchaus verständlich und nachzuvollziehen, denn ein solcher Vorgang muss erst einmal verarbeitet werden. Hoffen wir, dass uns weitere, derartig schlimme Nachrichten in Zukunft erspart bleiben, auch wenn der sich gerade wieder im Aufwind befindliche Radsport nach wie vor als eine nicht ungefährliche Sportart erweist. Die großen Fahrerfelder, der Erfolgsdruck, der auf den Akteuren lastet und etliche andere Begleitumstände werden auch künftig zu prekären Situationen führen, die dann aber hoffentlich glimpflicher ausgehen.

Im Nachhinein erscheint der erste Saisonsieg im Weltmeistertrikot von Peter Sagan aus dem Team Tinkoff bei Gent-Wevelgem eher nebensächlich, wenngleich zu diesem Zeitpunkt der Sturz mit dem tödlichen Ausgang noch nicht bekannt war. Am Karfreitag musste sich der Weltmeister beim belgischen WorldTour-Rennen E3 Harelbeke, wo sich noch Antoine Demoitie in einer Ausreißergruppe gezeigt hatte und am Ende auf Platz 69 landete, noch dem Polen Michal Kwiatkowski vom Team Sky im Zweierspurt überraschend geschlagen geben. Zwei Tage später war er dann der spurtstärkste Fahrer einer vierköpfigen Spitzengruppe, die nach 242,8 km in Wevelgem den Sieg unter sich ausmachte. Aufs Podium gelangten noch der Belgier Sep Vanmarcke vom Team Lotto NL-Jumbo und der Russe Vyacheslav Kuznetsov vom Team Katusha, während der sieggewohnte Schweizer Fabian Cancellara von Trek-Segafredo sich mit dem undankbaren vierten Platz zufriedengeben musste.

Zunächst hatte der amtierende Weltmeister bei der 78. Austragung des belgischen Klassikers am Kemmelberg etwa 34 Kilometer vor dem Ziel die Iniative ergriffen und lediglich Fabian Cancellara konnte hier folgen. Aus einer mit geringem Abstand folgenden Vierergruppe mit Sep Vanmarcke, Greg van Avermaet vom BMC Racing Team, Zdenek Stybar von Etixx-Quick Step und Luke Rowe vom Team Sky konnte lediglich Sep Vanmarcke zu den beiden Spitzenreitern aufschließen. Der Russe  Vyacheslav Kuznetsov als früherer Ausreißer etwa 52 Kilometer vor dem Ziel, war schließlich der Vierte im Bunde, der zurückgeholt aber nicht durchgereicht wurde. So konnte er mit den drei Favoriten mithalten und am Ende sogar noch den sensationellen dritten Podiumsplatz erringen.

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass der Däne Mads Pedersen vom deutschen Procontinentalteam Stölting Service Group das Rennen der Klasse U 23 gewann, in dem mit Pascal Ackermann vom rad-net Rose Team auf Platz 6 und Phil Bauhaus von Bora-Argon 18 auf Platz 10 zwei junge deutsche Nachwuchsfahrer überzeugen konnten. Bei den Frauen fuhr Lisa Brennauer von Canyon Sram Racing auf Rang zwei hinter der Niederländerin Chantal Blaak von Boels-Dolmans ein ausgezeichnetes Rennen und einmal mehr konnte auch Romy Kasper, ebenfalls Boels-Dolmans, mit ihrem 10. Platz ein Ausrufezeichen setzen.

Text: Bernd Mülle 

Fotos: Arne Mill

> zur turus-Fotostrecke: Gent - Wevelgem 2016

 

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Inhalt der Neuigkeit:
Rennbericht
Radrennen-Art:
  • Straßenrennen
Name des Radrennens
  • Gent - Wevelgem

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RIP Antoine Demoitie, hoffentlich wachen die Verantwortlichen mal endlich auf
G
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